
Sigrid Althoff begleitete beim Konzert im Bürgersaal am Samstag Gina Alter am Flügel. Die Sopranistin brachte erstmals in Dortmund das Lied vom Schmetterling des Hörder Komponisten Daniel Friedrich Eduard Wilsing zu Aufführung. © Martin Schreckenschläger
„Vor dem Vergessenwerden retten“ – Konzert zu Ehren eines Dortmunder Komponisten
Wilsing
Am Samstag (11.6.) fand im Bürgersaal in Hörde ein Konzert rund um die Stücke des Dortmunder Komponisten Daniel Friedrich Eduard Wilsing statt. Weitere Konzerte zu seinen Ehren sind geplant.
Mit einem Konzert beim Brückenfest erinnerte Hörde an den 1809 im Stadtteil geborenen Pfarrerssohn und Komponisten Daniel Friedrich Eduard Wilsing.
Stadtdirektor Jörg Stüdemann zeigte bereits in vorangegangenen Vorstellungen großes Interesse daran, auch in Zukunft weitere Werke dieses pianistischen Autodidakten aufzuspüren, spielbar aufzubereiten und sie damit vor dem Vergessenwerden zu retten.

Stadtdirektor Jörg Stüdemann eröffnete beim Hörder Brückenfest am Samstag das Konzert rund um den Hörder Komponisten Daniel Friedrich Eduard Wilsing im Bürgersaal. © Martin Schreckenschläger
Vor Ort leistete Heimatforscher Willi Garth die Vorarbeit, fand Lebensdaten und Nachfahren Wilsings. Gerhard Stranz setzte Garths Arbeit bundesweit in den Musikarchiven fort und stellte auch das aktuellste Konzert auf die Beine, bei dem er eine launige Einführung über Wilsings Jugend im Stadtteil gab.
Sogar ein Urgroßneffe Wilsings, Wolfgang Hebbel, war für das Konzert angereist. In Kürze werden im Stadtgebiet zwei Straßenschilder mit Hintergrundinformationen zu dem Dortmunder Komponisten ausgestattet: die Prellerstraße, die den Familiennamen von Wilsings Mutter trägt, und der Wilsingweg – beide in der Gartenstadt gelegen.
Erstaufführung: „Das Lied vom Schmetterling“
Neben Auszügen aus seinen Sonaten war im Konzert auch erstmals ein Vokalwerk Wilsings zu hören: „Das Lied vom Schmetterling“, welches einen Text Werders vertont. Die Musiker stellten alle Stücke in historische, inhaltliche, aber auch überraschende Zusammenhänge.
Da Wilsing seine frühe Inspiration einer umfassenden Notensammlung von Bachs Werken verdankte, stellte der 17-jährige Fabian Angelo Tavernise ein Präludium und Fuge an den Beginn des Konzerts.
Diana Graf, wie der gleichaltrige Tavernise eine Schülerin von Sigrid Althoff, spielte aus der Fantasie fis-Moll des Hörders und machte deutlich, dass Wilsings Musik mit ihren barock-sakralen Andeutungen und der stolpernden Rhythmik das Erbe Bachs in Einklang mit der zeitgenössischen Musik Chopins brachte.

Diana Graf präsentierte verschiedene Stücke Wilsings. © Martin Schreckenschläger
Sopranistin Gina Alter, Absolventin der Chorakademie, sang die Dortmunder Erstaufführung des Liedes vom Schmetterling. Die Studentin wurde begleitet von Althoff am Flügel. Diesem anrührenden Vokalwerk stellten beide später noch das Lied „Le papillon et le fleur“ von Gabriel Fauré gegenüber.
Eigenkompositionen und Interpretationen
Eine Eigenkomposition Tavernises, donnernde Akkordschläge mit perkussiven Eingriffen ins Instrument, stellte dieser vierhändig mit Diana Graf vor. Die junge Pianistin präsentierte sich noch einmal mit dem Kopfsatz aus Beethovens „Appassionata“.
Zwei Sätze aus Wilsings f-Moll Sonate spielte Tavernise nach den erst 2021 veröffentlichten Noten. Dann jedoch improvisierte der Bundespreisträger des Wettbewerbs „Jugend musiziert“, kombinierte Wilsings Noten mit Andrew Lloyd Webbers „Phantom der Oper“ und fand damit großen Anklang beim Publikum im Bürgersaal.

Fabian Angelo Tavernise (17) stellte Eigenkompositionen und Interpretationen vor. © Martin Schreckenschläger
Ins Pop-Genre wagten sich Alter und Althoff mit dem ABBA-Song „The winner takes it all“. Dieses Stück verlangte Alters strahlender Sopranstimme ganz andere Leistungen ab: lyrisches Pianissimo und lang anschwellende Töne. Doch auch dies meisterte sie ohne Probleme. Vierhändig beschlossen Graf und Tavernise das Konzert mit Brahms‘ Ungarischem Tanz Nr. 4.
Weitere Wilsing-Konzerte geplant
Auch eine Symphonie und ein Oratorium Wilsings wurden inzwischen entdeckt, noch dazu Bearbeitungen einer Beethoven-Symphonie für Klavier zu vier Händen. Es gibt also noch vieles, auf dessen Erst- oder Wiederaufführung man gespannt sein darf.
Für Dortmund war dieses Konzert nach einem ersten Anlauf 1993, einem Oratorium in Riesenbesetzung 2016 und der Vorstellung des Klavierwerkes im November der vierte Schritt, um das Erbe Wilsings zu ehren. Nach Wunsch des Stadtteilmarketings sollen in Zukunft noch viele weitere folgen. „Das Orchesterzentrum NRW wird am 22. Oktober im Bürgersaal bereits das nächste Wilsing-Konzert gestalten“, verriet Gerhard Stranz im Nachgespräch.
Hat seinen Schwerpunkt auf klassischer Musik, ist aber auch Konzerten anderer musikalischer Genres nicht abgeneigt und bringt den Lesern ebenso gerne Musik- und Tanztheater, Lesungen, Dramen oder Komödien näher. Berichtet über kulturelle Ereignisse und Ausstellungen.
