Wahrscheinlich ist das Café Kick das Gebäude, über das in Dortmund in den vergangenen Monaten am meisten diskutiert worden ist – oder vielmehr über seinen Standort. Die Suche danach läuft weiter. Bislang ist noch keine Örtlichkeit gefunden. Angesichts der Diskussion und mit Blick auf Anwohnende, die sich in der Regel nicht um eine solche Einrichtung in der Nachbarschaft reißen, dürfte die Suche nicht leicht werden.
Dass es in einer Großstadt wie Dortmund einen Drogenkonsumraum braucht, ist weitestgehend Konsens bei den Parteien. Über das wie und wo gibt es allerdings einige Diskussionen.
Seit 22 Jahren gibt es nun in Dortmund das Café Kick. Es soll Leben retten, indem suchtkranke Menschen dort in einem hygienischen und sicheren Umfeld konsumieren können. Diskutiert wurde auch damals intensiv über den Drogenkonsumraum. Er war erst die vierte Einrichtung dieser Art in NRW.
Seitdem habe das Café Kick rund 840.000 Konsumvorgänge mit Heroin oder Kokain registriert, teilt die Aidshilfe als Trägerin der Einrichtung mit. Über die Jahre wurde sie kontinuierlich mehr nachgefragt.
Mehr als 1.000 Nutzer in Dortmund
Wie die Aidshilfe in ihrem Jahresbericht aufführt, gab es im vergangenen Jahr insgesamt 81.583 Fälle von medizinisch kontrolliertem Konsum im Drogenkonsumraum. Der Bericht gibt auch einen ungefähren Einblick, wie groß die Szene in Dortmund ist. Diese über 80.000 Konsumvorgänge sind auf insgesamt 1.051 Nutzerinnen und Nutzer zurückzuführen.
Möglich ist dabei aber auch, dass Personen das Angebot des Drogenkonsumraums in Dortmund nur kurz genutzt haben, weil sie die Stadt wieder verlassen haben. Andere Abhängige werden mit dem Angebot hingegen nicht erreicht, weshalb die Zahl von 1.051 Nutzern nicht mit der Drogenszene in Dortmund gleichzusetzen ist. Derzeit läuft eine Szeneevaluierung, um ein besseres Verständnis für die Zusammensetzung der Szene und Konsumgewohnheiten zu bekommen.
Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Konsumvorgänge im Café Kick von 44.006 (2014) auf 81.583 (2023) fast verdoppelt. Auch die Zahl der suchtkranken Menschen, die die Einrichtung aufsuchen, ist von 664 (2014) auf 1051 (2023) deutlich gestiegen. In diesen Zeitraum fällt auch ein Umzug des Café Kick und die Ausweitung des Angebots.
Weniger Besucher während Pandemie
Den deutlichsten Anstieg gab es vom Jahr 2022 auf 2023 – also in der Zeit, in der die Drogenproblematik in Dortmund auch an öffentlicher Wahrnehmung hinzugewonnen hatte. Im vergangenen Jahr haben rund 300 Menschen mehr die Einrichtung besucht als noch 2022.
Im Jahr 2022 hatte sich die Zahl nach einem sichtbaren Einknicken der Nutzerzahlen während der Coronapandemie wieder normalisiert und lag mit 748 Nutzerinnen und Nutzern auf Vor-Corona-Niveau (2019: 737 Nutzer).
Wie die Aidshilfe schreibt, sei ihre Arbeit im Drogenkonsumraum seit geraumer Zeit zunehmend vom deutlich gestiegenen Crack-Konsum gekennzeichnet. Nach wie vor ist Heroin die Droge, die am meisten in der Einrichtung konsumiert wird. Crack habe „nur“ einen Anteil von rund einem Drittel an den Konsumvorgängen, die Tendenz sei aber steigend.
Weiterer Anstieg erwartet
Für die Mitarbeitenden bedeutet das neue Herausforderungen. Denn Crack-Konsumierende würden extrem viel Raum und Zeit der Mitarbeitenden im Café Kick einnehmen, sagte Willehad Rensmann als Leiter der Aidshilfe im Dezember.
Bei gleichbleibender Entwicklung wie im ersten Quartal 2024 ist davon auszugehen, dass sich die Gesamtzahl der Konsumvorgänge aus 2023 in der Einrichtung nochmals verdoppeln wird. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Öffnungszeiten seit November 2023 deutlich ausgeweitet wurden.
Die steigende Zahl der Konsumvorgänge in der Einrichtung ist für die Aidshilfe ein Erfolg. Denn jede Crackpfeife, die im Café Kick geraucht wird, wird nicht im öffentlichen Raum konsumiert. Den Mitarbeitenden gibt es außerdem die Möglichkeit, Kontakt zu suchtkranken Menschen zu suchen und aufzubauen.
1.700 Notfälle in 22 Jahren
Die Einrichtung zählte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben rund 2.500 „ausführliche Beratungsgespräche im sozialen Bereich“, mehr als 8.000 Infogespräche zur Prävention von Infektionen und vermittelte fast 500 Mal in weiterführende Einrichtungen, vornehmlich in Entzugs- oder Substitutionsbehandlung und zur Drogenberatung.
In der 22-jährigen Geschichte des Café Kick habe man bei 1.700 „schwerwiegenderen Notfällen“ Hilfe leisten und so Drogentotenfälle verhindern können.
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