„Haben in der Nordstadt schon genug zu schultern“ Politik will einem Stadtbezirk keinen Drogen-Konsumraum zumuten

„Wir haben in der Nordstadt schon genug zu schultern“: Politik will einem Stadtbezirk keinen Drogen-Konsumraum zumuten
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Wo in Dortmund sollen neue Drogen-Konsumräume entstehen? Nach intensiver Diskussion und knapper Abstimmung haben die Politiker im Sozialausschuss erklärt: Die Nordstadt wolle man aussparen - aus gutem Grund.

Dieser Zusatz zum Konzept der Stadtverwaltung kam von der SPD, doch auch Politiker anderer Parteien unterstützten diesen Antrag. Mündlich habe man eine solche Zusage doch schon gegeben, erinnerte Daniela Worth (SPD). Zumal die Nordstadt noch eine ganze Menge an Problemen habe.

„Mehr Vorlauf wäre besser gewesen“

Thomas Bahr (CDU) pflichtete bei: „Wir haben in der Nordstadt einiges zu schultern und sollten der Stadtgesellschaft nicht noch mehr abnehmen.“ Beim Vorschlag, den Oberbürgermeister Thomas Westphal vor einer Woche für die Stadtverwaltung vorgestellt hatte, lautete das Ziel: eine „Etablierung von bis zu zwei weiteren dezentralen Konsumorten“, die in den Innenstadt-Stadtbezirken entstehen sollten, also West, Ost oder Nord.

„Für uns alle wäre ein bisschen mehr Vorlauf besser gewesen als von letzter Woche bis heute“, unterstrich Jenny Brunner für die Grünen. Und im Wesentlichen waren sich fast alle Politiker auch einig: Im Grundsatz sei das ein gutes Konzept. Aber dann diskutierte man über die Details.

„Fußläufig zu erreichen“

Soll nicht die Formulierung „fußläufig zu erreichen“ aufgenommen werden? Sollte nicht drinstehen, dass die „entscheidenden Akteure miteinbezogen“ werden sollten - also diejenigen, die sich im Alltag mit dem Thema Drogen in der Innenstadt auseinandersetzen, die unter anderem die Bedürfnisse und Wünsche der Süchtigen kennen?

Vor allem aber: Sollte der Nordstadt zugemutet werden, dass bald vor allem Crack-Süchtige dort einen neuen täglichen Anlaufpunkt bekommen? Dagegen stimmten alle SPD-Vertreter. Mit drei CDU-, zwei Linke+- und zwei Grünen-Stimmen sowie einer FDP/Bürgerliste-Stimme ergab das die Mehrheit - gegen andere Vertreter der Grünen, der CDU und der „Partei“ und bei der Enthaltung der AfD.

Der Standort des Café Kick an der Straße Grafenhof soll nach Willen der Stadtverwaltung aufgegeben werden.
Der Standort des Café Kick an der Straße Grafenhof soll nach Willen der Stadtverwaltung aufgegeben werden. © Felix Guth (Archiv)

Noch nicht die letzte Entscheidung

Das bedeutet nicht automatisch, dass die Nordstadt nun keinen Drogen-Konsumraum bekommen wird. Es handelte sich nur um eine Empfehlung, dass diese Formulierungen in den ursprünglichen Antrag aufgenommen werden. Die Entscheidung fällen letzten Endes die Politiker, die im Rat sitzen, am Donnerstag, 22.2.

Dass neue Drogen-Konsumräume benötigt werden - auch um mehr Sicherheit in der Innenstadt zu schaffen und Kriminalität zu senken - darin waren sich allerdings alle einig. Zwei Zahlen und einige Erklärungen verdeutlichten das noch einmal.

Konflikt zwischen Crack- und Heroin-Süchtigen

15 Plätze zum Crack-Inhalieren gebe es im bisherigen Konsumraum am Grafenhof in der City, erläuterten die Vertreter der Stadt Dortmund den Politikern. Dem gegenüber ständen 8 Räume, in denen sich Süchtige Heroin spritzen können. Doch die 15 Crack-Plätze reichten längst nicht mehr aus, es komme zu Wartezeiten - aber die Crack-Süchtigen „wollten nicht erst in Ruhe einen Kaffee trinken“, sondern direkt zur Pfeife greifen.

Zudem seien nach dem Konsum Konflikte zwischen den einzelnen Drogenabhängigen vorprogrammiert: Wer Crack geraucht habe, sei „hochgradig stimuliert“ und aufgekratzt, wer sich eine Spritze mit dem Opiat gesetzt habe, wolle „in Ruhe gelassen werden“.

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