Günther Overkamp: Das ist das gefährlichste Rezept der Dortmunder Geschichte

© Dieter Menne

Günther Overkamp: Das ist das gefährlichste Rezept der Dortmunder Geschichte

rnKolumne „Overkamps Lecka-reien“

Um ein traditionelles Dortmunder Gericht rankte sich anno 1378 eine dramatische Geschichte von Liebe, Verrat und Tod. Koch Günther Overkamp erzählt sie und verrät sein spezielles Rezept.

Dortmund

, 20.03.2022, 11:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wir beamen uns mal eben 644 Jahre zurück in das Jahr 1378 in die kleine Stadt Düörpm. Da hatte die Witwe Agnes von der Vierbecke ein Krösken mit dem Ritter Dietrich, der mit seinen Trupps die Stadt einnehmen wollte.

Agnes, bildschön mit List und Tücke, wollte das Stadtor öffnen lassen. Sie parkte ihren Heuwagen direkt im Tor und schickte den Torwächter zu den Fleischbänken, einen Topf Pfefferpotthast holen. Der Wächter gehorchte in Aussicht auf seinen leckeren Anteil - und die Ritter kamen mit großem Geschrei durch das Tor geritten.

Zur Kolume

Overkamps Lecka-reien

Warum ist westfälische Küche so „Lecka“ und wie führt an ein Traditions-Gasthaus? Darüber schreibt der Dortmunder Koch Günther Overkamp in seiner Kolumne „Overkamps Leck-reien“. Hier finden Sie alle Folgen.

Sie mussten jedoch erkennen, dass das zweite Tor noch verschlossen war – war wohl nix. Agnes wurde noch am gleichen Tach verurteilt und auf dem Alten Markt verbrannt. Dann wurde ein großes Mahl gefeiert und es gab natürlich Pfefferpotthast satt. „So fast as Düörpm“ – DER Dortmund-Slogan schlechthin wurde geboren – uneinnehmbar und stark - ich würds mir sooo wünschen!

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Noch heute wird das Dortmunder Nationalgericht bei offiziellen Anlässen der Stadtoberen serviert. Es wird jedoch vorher keiner mehr verbrannt. Auch nachher nicht.

Über meine Zubereitung wurde süffisant gelächelt

In zahlreichen Küchen unserer Stadt und Westfalens lebt der Pfefferpotthast weiter. Sein Wohnzimmer hat er für mich natürlich in unserer Küche hier auf dem Höchsten.

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Schon immer ein gekochtes Gulasch mit gaaaaaaaaaaanz viel Zwiebeln und Pfeffer, aber von Schweinegulasch über halb und halb zu Rindergulasch mutiert. Heute bei uns „traditionell“ vom Rinderzungenstück (Nackenpartie) hergestellt.

Die Bindung klappt durch die verkochten Zwiebeln, aber nicht nur: Als ich vor 24 Jahren nach Dortmund kam, war die Zubereitung für mich neu. Hier in Dortmund wird noch mit Mehl gebunden, im Sauerland machen wir das mit Paniermehl, das wir vorher in einer Pfanne goldgelb geschwenkt haben. Mmmmmmmmhm!

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Als ich das zelebrierte, haben die Köche süffisant gelächelt, so nach dem Motto: Da kommt einer aus dem Sauerland und meint, er könnte Pfefferpotthast originaler kochen als wir hier in der Ur-Heimat von Agnes, der Verbrannten. Ich hatte die tiefe Beziehung dieses Gerichtes zum Hause Overkamp unterschätzt.

Und endlich hier das Rezept:

So, jetzt mal wacker zum Metzger des Vertrauens (wenn Ihr noch einen haben tut) und mit dem Fleisch bewaffnen. Dann Pfeffer, Nelken, Muskat, Piment und Wacholder auskochen und in diesem Sud das Fleisch mit den Zwiebeln weich kochen.

Dazu lecka Brechbohnensalat, „Schlesische Gurkenhappen“ (Thermomixer kennen das, für alle anderen: süßsauer eingelegte Gurkenscheiben) und Rote Beete. Kartöffelkes und/oder Brot. Schmiedebrot! Sauerteig! Gibbed bald bei Grobes und bei uns. Lecka Dortmund eben! Bis denne!

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