Auf den Brautum e.V.! Beim Stammtisch der Dortmunder Hobbybrauer stoßen die Vereinsmitglieder nicht nur an, sondern fachsimpeln auch über Bierrezepturen.

Auf den Brautum e.V.! Beim Stammtisch der Dortmunder Hobbybrauer stoßen die Vereinsmitglieder nicht nur an, sondern fachsimpeln auch über Bierrezepturen. © Benjamin Trilling

Dortmunder Hobby-Brauer: „Brinkhoff’s trinke ich nicht mehr, die boykottiere ich“

rnBesuch beim Verein „Brautum“

Die Mitglieder des Dortmunder Hobby-Brauer-Vereins „Brautum“ treffen sich einmal pro Monat, um ihr Selbstgebrautes zu probieren. Zu Dortmunds großen Biermarken haben sie eine eindeutige Meinung.

Dortmund

, 17.09.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist ein Termin, den alle Mitglieder des Brautums e.V. fest im Kalender markiert haben: Jeden ersten Mittwoch des Monats trifft sich der Verein der Dortmunder Hobbybrauer zum Stammtisch – erst im inzwischen geschlossenen „Kumpel Erich“, mittlerweile meist im „Biercafé West“.

An diesem spätsommerlichen Septemberabend fiel die Wahl dagegen auf das „Jia - The Taste Of Home“ am Hörder Clarenberg. Auf der Terrasse des Asia-Restaurants trudeln alle pünktlich ein. Die Stimmung ist herzlich. Man freut sich auf das allmonatliche Wiedersehen. Alle beginnen an diesem Abend spontan, „Happy Birthday“ anzustimmen.

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Die Geburtstagsgrüße richten sich an ein Vereinsmitglied, das wie alle bereits ein Pils bestellt hat. Denn bei den Stammtischen des Brautums geht es nicht nur um Gespräche über Gott und die Welt, um „Stammtischgequatsche“, wie es Torsten Guddat, der erste Vereinsvorsitzende nennt. Hier teilen alle die Leidenschaft für das Bier – und zwar nicht nur den Konsum, sondern die eigene Herstellung.

„Wenn wer was mitbringt, dann wird es probiert“

Und so packen manche ihr Selbstgebrautes auf den Tisch, abgefüllt in Bügelflaschen. Alles zur Verköstigung: „Wenn wer was mitbringt, dann wird es probiert“, erklärt Guddat. „Wir besprechen Rezepte und reden darüber, was sich verbessern lässt.“

Biertasting durch den Experten: Torsten Guddat (r.) ist Hobbybrauer und Biersommelier.

Biertasting durch den Experten: Torsten Guddat (r.) ist Hobbybrauer und Biersommelier. © Benjamin Trilling

So handhabten sie es etwa auch im letzten November, als sie über ein selbstgebrautes Bockbier fachsimpelten. Die Umdrehungen des Getränks: elf Prozent. Der Name: „Stellatori“. Dafür designte ein Vereinsmitglied sogar ein schickes Etikett.

Trotzdem dürfe der im April 2014 gegründete Verein Biere wie das „Stellatori“ nicht auf den Markt bringen, so Guddat: „Es ist nicht vom Gesundheitsamt abgenommen.“

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Doch auch ohne Gewerbe und eigene Marken könne der Brautum die selbst hergestellten Getränke anbieten, etwa bei Veranstaltungen wie Flohmärkten, dem Bierfestival oder beim Kirchentag. „In der Regel stellen wir uns dann dort als Hobbybrauer hin.“ Und das Angebot werde gut angenommen – die Verkaufserlöse fließen als Spenden in die Vereinskasse.

„Die Bierszene ist weit verbreitet“

Die Nachfragen und das Interesse seien vorhanden – gerade rund um eine Bierstadt wie Dortmund. „Die Bierszene ist weit verbreitet“, meint Guddat. Und damit meint er auch eine Leidenschaft für den Herstellungsprozess, das Knowhow, das alle gerne miteinander teilen: „Wir möchten unser Equipment und unser Wissen aufbauen.“

Die 20 Vereinsmitglieder treffen sich etwa regelmäßig im Union Gewerbehof, wo sie gemeinsam an Rezepturen tüfteln. Viele hätten jedoch auch zu Hause eine ausreichende Infrastruktur, so Guddat: „Die Menschen brauen auch oft für sich allein.“

Bei Torsten Guddat, Nico Allf und Jens Schreiber (v.l.n.r.) kommt neben Essen und Bier auch ein wichtiges Gesprächsthema auf den Tisch: Die Tricks und Kniffs der Hobbybrauerei.

Bei Torsten Guddat, Nico Allf und Jens Schreiber (v.l.n.r.) kommt neben Essen und Bier auch ein wichtiges Gesprächsthema auf den Tisch: Die Tricks und Kniffs der Hobbybrauerei.

Trotzdem zähle vor allem der Austausch über das eigene Hobby, wie das Vereinsmitglied Nico Allt ergänzt: „Ich finde die Gemeinschaft toll. Denn jeder hat hier ein Gebiet, in dem er sich auskennt.“ Und es seien viele Disziplinen, die in die Braukunst einfließen, wie sie aufzählen: Physik, Chemie, Biologie, Technik. „Allein die Wasserzubereitung ist ein großes Thema“, sagt Guddat.

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Gefährdete Braugersten-Vielfalt und Boykott von Brinkhoffs

Wer so wie die Brautum-Mitglieder mit Liebe das eigene Bier herstellt, weiß auch um die wichtige Braugersten-Vielfalt. Denn diese ist aktuell gefährdet, seitdem die Big Player der Brauwirtschaft im Jahr 2016 mehrere europäische Patente auf konventionell gezüchtete Gerste erhielten.

Das setzt die Landwirte unter Druck, die zukünftig Lizenzgebühren an die Konzerne abgeben müssten, wenn sie Braugerste anbauen. Für das Vereinsmitglied Jens Schreiber ist daher klar, dass er auch von bekannten Dortmunder Marken die Finger lässt: „Brinkhoffs trinke ich nicht mehr, die boykottiere ich.“ Seine Begründung: „Mit Patenten auf Gerste machen sie kleine Brauereien kaputt.“

„Schmecke das mal mit verbundenen Augen heraus!“

Torsten Guddat trinke zwar auch Brinkhoffs und Co., wie er verrät: „Man merkt zwar, dass es Industriebier ist, aber es ist nicht per se schlecht.“ Gleichwohl erwähnt er das Problem, dass sich z. B. ein DAB und ein Hansa Pils geschmacklich nicht immer unterscheiden: „Schmecke das mal mit verbundenen Augen heraus!“

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Deswegen mobilisierten eben Craft-Beer-Avantgarden wie er die Hopfenvielfalt. Während sie eigene Rezepte brauen, mausern sich viele zu Sommeliers. Und so findet Guddat an diesem Abend eine konkrete Formulierung für den süßen Abgang eines Bockbiers, das ein anderes Mitglied selbst gebraut hat: „Es hat original geschmeckt wie flüssige Datteln im Speckmantel.“

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