Ex-Klinikum-Chef vor Gericht: Wessen Tod soll er nicht verhindert haben?

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Ex-Klinikum-Chef vor Gericht: Wessen Tod soll er nicht verhindert haben?

rnMintrop-Prozess

Rudolf Mintrop, Ex-Chef des Klinikums Dortmund, muss sich vor dem Landgericht Oldenburg verantworten. Wer sind die drei Menschen, an deren Ermordung ihm eine Mitschuld zur Last gelegt wird?

Dortmund; Oldenburg

, 24.03.2022, 17:44 Uhr / Lesedauer: 3 min

Seit dem 17. Februar steht Rudolf Mintrop (67), bis Ende 2021 acht Jahre lang Geschäftsführer des Klinikums Dortmund, in Oldenburg vor Gericht. Die Anklage wirft ihm Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen in drei Fällen vor. Dabei geht es um drei Morde, die der Serienmörder Niels Högel im November 2001 im Klinikum Oldenburg verübt hat und deretwegen er rechtskräftig verurteilt wurde.

Zur Tatzeit vor mehr als 20 Jahren war Mintrop Geschäftsführer des Klinikums Oldenburg. Die Anklage wirft ihm vor, alle Hinweise auf das grausame Treiben des Krankenpflegers Niels Högel ignoriert zu haben, um den Ruf der Klinik zu schützen.

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Wer aber sind die drei Opfer, an deren Ermordung sich Mintrop, der auch an diesem Tag im grauen Anzug und meist mit verschränken Armen zurückgelehnt auf seinem Stuhl der Verhandlung folgt, mitschuldig sein soll? Den Tod welcher Menschen soll er nicht verhindert haben, obwohl er laut Anklage die Chance dazu gehabt habe?

Aus Lingen nach Oldenburg und damit in den Tod

Beim ersten Opfer, um das es im laufenden Prozess geht, handelt es sich um Hermann K.. Am 13. November 2001 wurde er mit einem Rettungshubschrauber aus dem Bonifatius Hospital in Lingen ins Klinikum Oldenburg verlegt. Zu diesem Zeitpunkt war K. 72 Jahre alt. Er hatte einen schweren Herzinfarkt erlitten.

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Noch während der Aufnahme des Patienten habe er, so gestand Niels Högel jetzt als Zeuge vor Gericht, Hermann K. das nicht verordnete Medikament Gilurytmal gespritzt. Mit einem Kammerflimmern wurde K. sofort in einen Operationssaal gefahren und dort operiert. Gleichwohl starb er vier Tage später, am 17. November 2001 um 14.15 Uhr.

Für den Tod von Hermann K. wurde Högel 2019 als Mörder verurteilt. Ob er die Tat aber tatsächlich begangen hat, muss im aktuellen Prozess erneut geprüft werden. Und da ist zuletzt ein großes Fragezeichen aufgetaucht. Nach den Dienstplänen hatte Högel nämlich zum Tatzeitpunkt gar keinen Dienst. Ob Högel gelogen hat oder der Dienstplan nicht korrekt ist, ist bisher noch nicht aufgeklärt worden.

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Das zweite Opfer ist Franz H., der zum Zeitpunkt seines Todes 60 Jahre alt war. Er wurde am 20. November 2001 mit einem Herzinfarkt auf die kardiologische Intensivstation des Klinikums Oldenburg eingeliefert, auf der an diesem Tag auch Högel Dienst hatte.

Nach dreimaliger Reanimation starb Franz H. (60)

Högel hat gestanden, Franz H. Amiodaron, ein Medikament, das nicht von einem Arzt verordnet worden war, gespritzt zu haben. H. erlitt auf der Intensivstation dreimal einen Herzstillstand und wurde dreimal reanimiert. Das letzte Mal kurz vor seinem Tod. Franz H. starb am 21. November um 5.35 Uhr.

Das letzte Opfer, an dessen Tod Rudolf Mintrop eine Mitverantwortung zur Last gelegt wird, ist Maria T., die am 26. November 2001 um 23.30 Uhr im Alter von 72 Jahren starb. Högel hat gestanden, auch diese Frau ermordet zu haben. Die Anklage wirft ihm vor, der Patientin den Wirkstoff Ajmalin gespritzt zu haben, ohne dass ein Arzt dies angeordnet hätte. Ajmalin ist der in Gilurytmal enthaltene Wirkstoff.

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Högel sagt, er wisse, dass er auch in diesem Fall „manipuliert“ habe, aber wie genau, das könne er nicht sagen. „Ich glaube, so wie immer“, sagte er vor Gericht.

Um diese drei Menschen geht es im Fall Mintrop und dabei taucht bei der seit Tagen andauernden Aussage des Serienmörders immer wieder dieselbe Frage auf: Was kann man Högel glauben, was nicht?“

„Um Gottes willen, ich bring doch keine Leute um“, sagt der Serienmörder

Bei zahlreichen Aussagen, so ist klar, hat er Polizisten, Staatsanwälten und auch Richtern in der Vergangenheit immer wieder ins Gesucht gelogen. Sagt er jetzt die Wahrheit?

Fest steht, dass der Satz, den er bei seiner allersten Aussage nach seiner Entdeckung, sagte, falscher nicht hätte sein können. Damals, am 7. Juli 2005, hatte Högel, der wegen 87 Morden verurteile größte Serienmörder der Nachkriegsgeschichte, einem Polizisten gesagt: „Um Gottes willen, ich bring doch keine Leute um!“