Klimabeirat setzt Stadtverwaltung unter Druck Wer sind Dortmunds neue Klima-Tempomacher?

Tempo 30 und Pop-up-Radwege: Klimabeirat setzt Verwaltung unter Zugzwang
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Wenn man den Klimawandel nicht in den Griff bekommt, ist alles andere umsonst - diese Erkenntnis treibt Michaela Voß dazu an, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Die Dortmunderin ist unter dem Motto „Alles für den Klimawandel“ seit Jahren im Klimabündnis und bei den „Parents for Future“ aktiv - und jetzt auch als stellvertretende Vorsitzende im Klimabeirat der Stadt.

Den Klimabeirat gibt es seit gut einem Jahr. Er soll als unabhängiges Gremium den Rat der Stadt und seine Ausschüsse zu Maßnahmen beraten, die den Klimaschutz und die Klimafolgen-Anpassung verbessern. Am Anfang habe man den Wunsch der Politik „etwas skeptisch“ gesehen, räumt Umwelt- und Planungsdezernent Ludger Wilde ein. „Jetzt bin ich froh, dass wir den Klimabeirat haben.“

Klimaneutralität als Ziel

Das Ziel ist klar: Bereits bis zum Jahr 2035 will die Stadt Dortmund klimaneutral sein, das heißt, dass man den Ausstoß an Kohlendioxid so weit reduzieren oder ausgleichen will, dass das Klima nicht mehr belastet wird. „Das heißt, wir müssen die Umsetzung der in unserem Klimaschutz-Programm entwickelten Maßnahmen beschleunigen“, sagt Wilde. „Wir brauchen keine neuen Maßnahmen, aber eine effiziente Umsetzung“, stellt auch Umweltamts-Leiter Dr. Uwe Rath fest.

Der Klimabeirat fungiert also gewissermaßen als Tempomacher. Die Gefahr, allzu radikal zu werden, besteht allerdings nicht. Denn die 19 vom Rat gewählten stimmberechtigten Mitglieder kommen aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen von der Wirtschaft über die Gewerkschaften bis zum Klimabündnis. Die Politik ist beratend beteiligt.

Auf Konsens ausgerichtet

„Der Klimabeirat ist auf Konsens ausgerichtet“, stellt Ludger Wilde anerkennend fest. „Wir müssen schließlich möglichst auch die ganze Stadtgesellschaft mitnehmen“, erklärt der Beiratsvorsitzende Detlef Raphael. Als ehemaliger Dezernent des Städtetags für Umwelt und Wirtschaft bringt er dazu reichlich Erfahrung ein. „Und man spürt im Beirat, dass der gemeinsame Wille da ist, wirklich etwas nach vorn bringen zu wollen“, sagt Raphael.

Umso gespannter kann man sein, was Politik und Verwaltung jetzt aus den ersten 14 Empfehlungen machen, die der Klimabeirat vorgelegt hat. Der Rat der Stadt hat sie in seiner letzten Sitzung am 10. November mehrheitlich begrüßt - verbunden mit der Aufforderung an die Verwaltung, möglichst bald zu erklären, wie sie mit den Anregungen des Klimabeirats umgeht. Diese sind unterteilt in kurzfristige Maßnahmen („Quick-Wins“) und längerfristige strategische Ziele („Big Points“).

Einige Forderungen decken sich durchaus mit Konzepten der Verwaltung: etwa für mobiles Grün auf den großen Plätze in der City, für mehr Solardächer und eine Ausweitung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen.

Weitere Forderungen sind beispielsweise die nachhaltige Bewirtschaftung von landwirtschaftlich genutzten Pachtflächen der Stadt, die Einrichtung eines Kompetenzzentrums „Energie“ als Beratungsangebot für Bürger und die entsprechende Personalaufstockung des „Dienstleistungszentrums Energieeffizienz und Klimaschutz“ sowie das öffentliche Bekenntnis der Stadt Dortmund als Handwerksstandort für Erneuerbare Energien.

Streit um Pop-up-Radwege

Aber es gibt auch Konfliktpotenzial. So wünscht sich der Klimabeirat die schnelle Einrichtung von Pop-up-Fahrradwegen. Die Stadt hatte den Wunsch von Verkehrsverbänden bislang stets abgelehnt und darauf verwiesen, dass man auf eine langfristige Radnetz-Planung setze.

Pop-up-Radwege gab es in Dortmund bislang nur bei Demonstrationen. Jetzt wird die Forderung wieder aktuell.
Pop-up-Radwege gab es in Dortmund bislang nur bei Demonstrationen. Jetzt wird die Forderung wieder aktuell. © Oliver Schaper (Archivbild)

Ludger Wilde erinnerte jetzt daran, dass die Verwaltung selbst Fahrspuren auf dem Wallring vor einem größeren Umbau durch Markierungen zu Radspuren machen will. Vorgesehen ist das ab 2024. Der Klimabeirat wünscht sich allerdings eine Umsetzung der vorgeschlagenen „Quick Wins“ bis Mitte 2023 und Pop-up-Radwege auch nicht nur auf dem Wallring.

Die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen sind auch noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Denn die Arbeit des Klimabeirats geht natürlich weiter. Er trifft sich an mindestens vier Terminen im Jahr. Darüber hinaus gibt es mehrere Projektgruppen zu Themen wie Mobilität, Landwirtschaft und Ernährung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien und Klimaanpassung. Deren Empfehlungen werden dann in den Beirat eingebracht und diskutiert.

Öffentliche Sitzung

Die nächste öffentliche Sitzung des Klimabeirates findet am 28. November (Montag) von 17 bis 20 Uhr im Orchesterzentrum NRW an der Brückstraße 47 statt.

Im Mittelpunkt stehen dann die Themen „energieeffizientes Bauen“ und „energetische Sanierung“. Und der Geschäftsführer der Innovation City Management GmbH Bottrop informiert über verschiedene Konzepte der Modellstadt Bottrop zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebestand. Gäste sind jederzeit willkommen.

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