
© Oliver Volmerich
Die Online-Anmeldung für die Corona-Impfung ist eine Realsatire
Meinung
Für die Anmeldung zur Corona-Impfung ist eine Online-Plattform eingerichtet worden. Doch die hält so viele Hürden parat, dass viele Kunden an ihr scheitern. Eine Realsatire, meint unser Autor.
Barrierefreiheit ist ein wichtiges Gebot für öffentliche Einrichtungen. Und das macht auch vor digitalen Angeboten nicht Halt. Barrierefreiheit bedeutet, dass Internetseiten so gestaltet sein müssen, dass jeder sie nutzen kann.
Gerade älteren Menschen soll so die Teilhabe am Leben ermöglicht und erleichtert werden. Eigentlich eine einfache Sache. Die Planer der Online-Plattform für die Anmeldung zu Corona-Impfterminen scheinen von dieser Vorgabe noch nichts gehört zu haben.
Zur Erinnerung: Zu den ersten Gruppen, die geimpft werden können, gehören Menschen über 80 Jahre. Sie sollen sich nun unter anderem über eine Online-Plattform anmelden.
Wer das bedenkt, für den liest sich die „Gebrauchsanweisung“ für die Online-Anmeldung wie Realsatire. Die Anleitung auf der Seite der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) umfasst elf Punkte. Nach Auswahl von Bundesland und Impfzentrum geht es um die Prüfung, ob man denn berechtigt ist, schon jetzt geimpft zu werden. Dann wird es technisch:
- „Wird Ihr Anspruch bestätigt, geben Sie bitte im nächsten Schritt Ihre E-Mail-Adresse und Ihre Handynummer in das Online-Formular ein.
- Anschließend bekommen Sie auf Ihr Handy eine sechsstellige PIN per SMS zugeschickt.
- Diese PIN müssen Sie auf der folgenden Seite eintragen, wodurch automatisch eine Bestätigungsmail verschickt wird.
- Bitte prüfen Sie nun Ihr E-Mail-Postfach und klicken Sie auf die Bestätigungsmail. So erhalten Sie anschließend eine 2. E-Mail mit den Vermittlungscodes für Ihre Terminvereinbarung.
- In der zweiten E-Mail klicken Sie nun auf das Feld „Termin 1 buchen“ und wählen einen freien Termin aus. Bitte geben Sie hier Ihre persönlichen Daten ein und klicken auf „Termin buchen“.
- Sie werden nun zur Terminbestätigung weitergeleitet. Gehen Sie nun erneut zu Ihren E-Mails. Öffnen Sie die E-Mail zur Bestätigung Ihrer E-Mail-Adresse um eine Terminbestätigung zu erhalten.“
Für den zweiten Impftermin muss man das Prozedere übrigens noch einmal wiederholen.
Man fragt sich: Hat sich einer der Entwickler ernsthaft Gedanken darüber gemacht, dass Menschen über 80 Jahren damit zurecht kommen müssen? Die Seite sei bundesweit gleich, erklärt die KVWL. Mit hohen Sicherheitshürden solle verhindert werden, dass mehrere Termine missbräuchlich gebucht werden.
Das Interesse ist verständlich, doch geht es vielleicht nicht auch eine Nummer kleiner? Bei allem Sicherheitswahn darf man den Nutzer nicht aus dem Blick verlieren. Doch der scheint für die Online-Anmeldung für Impftermine keine Rolle zu spielen.
P.S. Die telefonische Terminvergabe unter 0800 116 117 funktioniert deutlich einfacher. Wenn man denn durchkommt...
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
