Der etwas andere Weg von der Idee zum Museum

Industrielack-Museum im Dortmunder Hafen

Ohne Lack keine Windkraft. Das lernen Besucher des Dortmunder Industrielack-Museums im Hafen. Und sie erfahren, was der Verzicht auf zahlreiche BVB-Spiele mit der Gründung zu tun hat.

Dortmund

, 17.03.2018, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Die Lack-Experten Thomas Grüner (l.) und Volker Bach zeigen stolz antike Produkte zur Lack-Herstellung.

Die Lack-Experten Thomas Grüner (l.) und Volker Bach zeigen stolz antike Produkte zur Lack-Herstellung. © Oliver Schaper

Was haben Autos, Möbel und Windkrafträder gemeinsam? „Allesamt sind sie auf die Produkte der Lackindustrie angewiesen“, erklärt Thomas Grüner. Der Lack lässt Autos, Schränke, Tische und Stühle nicht nur schick aussehen, sondern schützt auch die Oberfläche. „Erst durch unser Produkt erfüllen die Windkrafträder die klimatologischen Anforderungen“, so der Inhaber und Geschäftsführer des Industrielack-Herstellers Kaddi Lack.

„Wir machen Industrie-Lack sexy“

„Und die deutsche Lackindustrie gehört zu den führenden auf dem Weltmarkt.“ Sein erklärtes Ziel ist es, dem Produkt mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. „Wir machen Industrie-Lack sexy“, meint er lachend. Und meint es dennoch ernst. Schließlich feiert das von ihm und Volker Bach ins Leben gerufene Industrielack-Museum im Hafenviertel nächstes Jahr sein zehnjähriges Bestehen.

Der kleine Vortragsraum wird vor allem für Besucher aus der Branche genutzt.

Der kleine Vortragsraum wird vor allem für Besucher aus der Branche genutzt. © Oliver Schaper

Auf etwa 100 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind Spritzpistolen aus den 1950er-Jahren ebenso zu sehen wie ihre hochmodernen Pendants. Über 1000 verschiedene Farbpigmente lagern in Ausstellungsvitrinen. „Es gibt ein Museum, das an die 10.000 hat“, berichtet Kurator Volker Bach. Da könne man leider nicht mithalten.

Es gibt acht Lack-Museen in Deutschland

„Dafür sind wir das einzige Museum, das sich auf die Produktion von Industrielack spezialisiert hat“, hebt Thomas Grüner hervor. Also gibt es tatsächlich mehrere Lack-Museen? „Ja, bundesweit sind es acht“, berichtet er dem staunenden Zuhörer.

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Diese doch beeindruckende Zahl ist, wie bereits erwähnt, dem Ruf Deutschlands als Vorreiter in der Produktion von Industrielack geschuldet. Tüftler von Chemie-Unternehmen wie Bayer und BASF hätten bereits im 19. Jahrhundert für die Vorherrschaft deutscher Industrielacke gesorgt. „Das Unternehmen Glasurit war über Jahrzehnte der größte Hersteller weltweit“, so Bach.

Lieber etwas lernen als BVB

Heute sei man nicht mehr die Nummer eins in Sachen Produktion. Dafür aber mit weitem Vorsprung in der Technologie und vor allem Ausbildung. Gleich in drei Städten kann man das Fach Lackchemie studieren: in Krefeld, in Stuttgart und in Paderborn. Thomas Grüner ist allerdings einen anderen Weg gegangen. „Noch mit 17 bin ich eigentlich nur als BVB-Fan durch die Gegend gereist.“ Dann entschied er sich, doch etwas zu lernen.

Volker Bach zeigt seine Lack-Produkte.

Volker Bach zeigt seine Lack-Produkte. © Oliver Schaper

„Beim Arbeitsamt hat man mir gesagt, dass eine Lackfabrik noch jemanden sucht.“ Liebe auf den ersten Blick war es nicht, gesteht er. Der BVB war ihm wichtiger, also ließ er so manchen Berufsschultag am Samstag ausfallen. „Ging ja nicht anders, da war ja Spieltag“, kann er heute drüber lachen. Damals sah das anders aus: „Ich bin in der Berufsschule sitzen geblieben. Habe selbst nicht gewusst, dass das möglich ist.“

Beim ersten Besuch verblüfft

Ein wenig Druck vom Chef war nötig. Und ein zeitlich begrenzter Borussia-„Entzug“. Eine Entscheidung, die er nie bereut hat. „Heute bin ich seit 40 Jahren in der Branche. Und seit 20 Jahren selbstständig.“ Der Kontakt zu Volker Bach kam schließlich 2006 zustande. „Ich habe damals einen Musterkoffer mit Lack-Tönen zusammengestellt“, so der Verkaufstechniker.

Mit dieser antiken Mohr-Westphalschen Waage konnte bereits im frühen 19. Jahrhundert das spezifische Gewicht für Flüssigkeiten bestimmt werden. Ein Vorgang, der für das richtige Mischverhältnis bei der Herstellung der Lacke auch heute noch unerlässlich ist.

Mit dieser antiken Mohr-Westphalschen Waage konnte bereits im frühen 19. Jahrhundert das spezifische Gewicht für Flüssigkeiten bestimmt werden. Ein Vorgang, der für das richtige Mischverhältnis bei der Herstellung der Lacke auch heute noch unerlässlich ist. © Oliver Schaper

Beim Besuch des Unternehmens an alter Stelle in Dorstfeld war er verblüfft, was dort alles zu sehen ist – so einiges Material hatte sich am Giesweg angesammelt. „Es kam mir so vor wie in einer Abstellkammer. Da dachte ich mir: Wenn ich mal in Rente bin, kann man daraus ein Museum machen.“ Erst hatte er den Eindruck, dass der Vorschlag bei Grüner nicht besonders angekommen sei. „2009 habe ich dann aber einen Anruf von ihm erhalten.“ Das war der Startschuss für das Industrielack-Museum.

Bisher noch lange nicht alles inventarisiert

„Am neuen Standort an der Drehbrückenstraße 13 hatte ich noch Platz. Erst wollte ich ihn vermieten. Aber ich dachte mir: Eigentum verpflichtet! Also habe ich beschlossen, die Fläche anders zu nutzen.“ Heute sind dort 6000 Exponate zu sehen. „Und davon sind nur 1200 inventarisiert“, meint Bach. Es gibt also noch genug zu tun im Dortmunder Industrielack-Museum.

Am 22. März, 26. Juli und 22. November (jeweils Donnerstag) öffnet das Museum an der Drehbrückenstraße 13 zwischen 14 und 18 Uhr die Pforten für interessierte Besucher. Ansonsten sind kostenlose Besichtigungen nach Voranmeldung möglich. AuchGruppenführungen können abgesprochen werden. Der Preis innerhalb einer Gruppenführung beträgt 2 Euro pro Person, der Eintritt ins Museum ist kostenfrei. Das Industrielack-Museum ist zu erreichen unter Tel. 8643327 oder per Mail an info@industrielack-museum.de

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