Im Interview hat Clueso mit uns auch über seine Erinnerungen an Dortmund gesprochen und warum ein Patzer im Westfalenpark trotzdem ein schöner Moment war.

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Clueso über die Dortmunder: Die Leute haben mich aufgefangen

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Der Musiker Clueso kommt im Juli in den Westfalenpark. Vorab hat er im Interview über Erinnerungen an Dortmund gesprochen – und warum ein Patzer von ihm eigentlich schön war.

Dortmund

, 19.04.2022, 16:56 Uhr / Lesedauer: 7 min

Ab dem 26. April ist er bei der Vox-Show „Sing meinen Song“ zu sehen, am 8. Juli kommt er dann für ein Open-Air-Konzert in den Dortmunder Westfalenpark: Es geht um den deutschen Musiker Clueso.

In einem Interview hat er uns erzählt, was die Corona-Pandemie mit ihm als Künstler gemacht hat, auf was sich Fans in nächster Zeit freuen dürfen, welche Erinnerungen er an Dortmund hat – und warum ein Patzer von ihm bei einem Auftritt im Westfalenpark trotzdem ein schöner Moment war.

Hi Clueso. Die Sonne kommt raus, die Corona-Beschränkungen fallen. Es scheint so, als könnte der Konzert-Sommer endlich kommen. Worauf freust du dich am meisten?

Tach! Tatsächlich darauf, meine Bands und das Publikum zu sehen und gemeinsam diesen Moment zu feiern, der uns ein bisschen an die Zeit erinnert, als wir angefangen haben, Musik zu machen. Da ist eine Euphorie im Raum, sodass die Bühne nebensächlich wird.

Ich hab das auch bei anderen Künstlern zur Mitte der Pandemie hin gemerkt, als ein paar Konzerte möglich waren und ich zu Besuch war: Man sieht den Leuten das auf der Bühne auch an, dass man dem Publikum ein bisschen näher ist, weil die sich einfach so krass freuen.

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Ich freue mich auf den Festival-Sommer und darauf, mich musikalisch zu entladen. Ich kannte das vorher nicht, dass ich ein Album veröffentliche und so lang warten muss, ehe ich es live spielen kann.

Die Fans warten wahrscheinlich genauso darauf, das Album endlich mal live hören zu können. Was haben die vergangenen zwei Jahre denn mit dir als Künstler gemacht? Es war ja wahrscheinlich frustrierend, zu warten – was waren denn aber schöne Momente?

Also erstmal bin ich so ein Typ, der sich erstmal ärgert, wenn er eine Info bekommt, dass irgendwas nicht klappt, dann aber auch schnell umdenken kann.

Ich hatte vorher schon die Idee, einfach Musik zu machen, viel Musik zu machen – und wenn ich so kreativ bin, dann nervt es mich manchmal fast, wenn ich Aufgaben habe, die ich abarbeiten muss und nicht einfach Mucke machen kann.

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In der Pandemie konnte ich einfach völlig ungestört arbeiten. Ich konnte einfach ins Studio fahren, zwei, drei Tage dort verbringen und an Songs basteln. Das hat mir sehr gefallen – und ich möchte jetzt auch so weitermachen.

Ich bringe jetzt noch eine Deluxe-Version von meinem neuesten Album (Anmerkung der Redaktion: Der Titel ist „Album", erschienen in 2021) raus, wo auch noch mal fünf Songs drauf sind, sogar einer mit meinem verstorbenen Großvater, der mir sehr sehr nahestand. Solche Sachen halt.

Das heißt, das Deluxe-Album wird dann das neueste Album um ein paar Songs erweitern?

Genau, das war das Ziel von Anfang an: Dass ich versuche, viele Singles zu veröffentlichen und zu probieren, einfach ins Studio zu rennen und es einfach rauszuhauen, wenn mir was gefällt – egal ob da gerade ein Album kommt oder nicht. Eben dass man nicht diesen Druck hat und damit spielt.

Das habe ich, ehrlich gesagt, zehn Jahre lang vermisst. Das hätte ich schon viel eher machen sollen – und jetzt werde ich nicht einfach damit aufhören, weil das Album schon draußen ist, sondern werde die Songs einfach ergänzen.

Gibt es da schon ein Datum, wann die neue Version es erscheint?

Am 22. April war es schon so weit. Die Deluxe-Version wird es aber nur digital und nicht physisch geben.

Dann stehen ja schon bald wieder die ersten Konzerte an. Am 8. Juli kommst du auch in den Dortmunder Westfalenpark.

Ja, ich erinnere mich sehr gut an den Westfalenpark und auch, dass ich einmal nicht konnte, weil ich eine Mandelentzündung hatte. Aber ich freue mich umso mehr drauf!

Was sind denn dann die Erinnerungen, die du an den Westfalenpark hast? Das abgesagte Konzert war im Jahr 2018 und das Konzert, was wirklich stattfand, ist, glaube ich, schon knapp zehn Jahre her.

Aaah, krass! Das kommt mir noch nicht so lang her vor. Heftig. Also: Ein schönes Bild. Diese Fläche von der Bühne aus gesehen war der Wahnsinn. Die Leute – das ist auch so ein Ding von der Gegend – die auf eine so ausgelassene Art und Weise feiern, nicht verklemmt. Es geht sofort los, es braucht keine Aufwärmphase oder sowas. Die waren alle einfach sofort am Start.

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Und ich erinnere mich auch, dass ich den Text vom Lied „Zu schnell vorbei“ vergessen habe und die Leute mich so herzlich aufgefangen haben. Das ist das Schlimmste auf der Bühne, den Text zu vergessen, weil die Sekunden überhaupt nicht rumgehen. Es kommt dir ewig vor und du denkst: Es kann nicht sein. Es war trotzdem ein schöner Moment, weil die Leute so geil dabei waren.

Und dann hat das Publikum mitgesungen..

Das Publikum hat dann mitgesungen, tatsächlich haben sogar vorne ein paar Leute souffliert, aber da wusste ich nicht, ob ich mich darauf verlassen kann. Ich wusste nicht, wie es weitergeht.

Das war aber total cool und die Leute haben alles aus dem Abend rausgeholt. Es wird jetzt auch für alle Bands und Künstler die ich kenne so sein, dass gerade auf der Bühne so viel mehr Wahrnehmung da ist. Niemand kann mehr in die Zukunft gucken, sodass man den Moment krass genießt. Wer sich jetzt ein Konzert anguckt oder auf eine Tour geht: Das wird schon besonders.

Das heißt, die Fans im Westfalenpark dürfen die über fast zwei Jahre angestaute Energie, auch wenn es ein paar Konzerte im vergangenen Jahr gab, erwarten?

Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, als Band hast du wirklich diesen Moment, als würdest du wieder neu anfangen, Musik zu machen. Und man guckt sich um auf der Bühne und denkt sich: Yeaaah. Hier ist schon ganz schön viel „jetzt“ am Start.

Das Konzert sollte ja eigentlich in der Warsteiner Music Hall stattfinden, ist dann aber nach draußen in den Westfalenpark verschoben worden. Was gefällt dir denn besser: In der Halle zu schwitzen oder eher draußen die Festival-Gefühle und die frische Luft aufzusaugen?

Also ich mag es draußen sehr, sofern das Wetter mitspielt, mit ein bisschen Wind um die Nase. Ich finde das schon geil. Es ist aber auch ehrlich gesagt vom Konzept der Show abhängig. Wenn ich jetzt eine Idee hab, die drinnen einfach besser funktioniert, bin ich auch froh, wenn ich drinnen bin.

Aber jetzt ist es auch wirklich so, dass ich eher darauf achte, dass das Setting auf der Bühne musikalisch Sinn macht. Dass wir natürlich ein bisschen was haben, um das zu unterstützen. Wir haben jetzt nicht wenig, aber wir haben keine Feuershows oder Luftschlangen, das hab ich alles weggelassen.

Es wird wahrscheinlich auch dein neuer Song „Fehler fehlen“, der vor Kurzem erschienen ist, mit im Gepäck sein. Was hat dich dazu veranlasst, das Lied zu schreiben?

Ich hab den Song im Zuge des Albums produziert. Vom Sound fällt der ein bisschen raus. Wenn man das Album hört, dann ist das viel elektronischer und Beat-lastiger.

Der Song selbst sagt so ein bisschen: Wir sind die Summe aus vielen Dingen, es geht nicht nur um einen einzigen Fehler. Ich finde, das passt auch ein bisschen auf die Gesellschaft. Es gibt heutzutage immer nur ein Dagegen oder Dafür oder „Warum macht ihr das so und nicht so?“

Die Toleranz ist gerade echt schwierig in der Gesellschaft und das ist auch so ein kleiner Hint (Hinweis, Anm. d. Red.): Wir sind die Summe aus verschiedenen Sachen. Wir sind nicht nur ein Fehler oder eine Aussage. Wir sind Menschen und unsere Fehler machen uns aus und zu dem, was wir sind.

Und dann bist du auch noch Teil der neuen Staffel „Sing meinen Song“ bei Vox. Die Show fängt schon am 26. April an. Was gefällt dir an dem Format besonders? Auf deinem aktuellen Album hast du ja auch ein paar Features.

Ich hab mich zunächst ein paar Jahre lang gesträubt. Nicht, weil ich das Format nicht geil finde, sondern, weil ich meistens mitten in einer Sache war und mich nicht auf die Sendung einlassen konnte. Jetzt hab ich aber das Album abgegeben.

Zur Show: Wenn da jemand Englisch gesprochen hat, hab ich den Text komplett ins Deutsche übersetzt auf eigene Clueso-Art. Oder ich hab einfach andere Strophen geschrieben und mir gesagt, das passt für mich mehr zu dem Thema und hab meine eigene Interpretation draus gemacht.

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Also ich hab mich sehr damit beschäftigt, was Geiles abzuliefern – und alle anderen auch! Das waren coole Leute, ein Camp, das sehr gut zusammengepasst hat.

Elif und ich zum Beispiel, wir haben eine Single namens „Mond“, die bald rauskommt. Die werden wir an meinem „Sing meinen Song“-Abend präsentieren. Ich bin der erste, was ich erst kurz vorher erfahren hatte, deswegen war ich auch tierisch aufgeregt. Witzigerweise hat den Song Vincent Stein von SDP produziert, der auch mit auf dem Sofa sitzt. Der Song entstand aber schon lange vor Teilnahme an der Show.

Überhaupt eine illustre Runde: Kelvin Jones kannte ich noch nicht persönlich, der ist jetzt ein Freund geworden. Also ich freue mich sehr auf die Ausstrahlung, weil ich weiß, wie gut es geworden ist. Und ich hab ein bisschen Angst gehabt, im Fernsehen womöglich zu heulen. Aber wir haben alle sehr würdevoll geweint, wenn es der Fall war. (lacht)

Hast du irgendeine Verbindung mit Dortmund? Oder fallen dir drei Dinge zu Dortmund ein?

Aaaaah, neben dem geilen Publikum, wie vorhin erwähnt, ist das nicht ganz einfach zu beantworten. Man kommt da mit dem Bus an und das erste, was ich meistens wissen will bei einem Tourstopp – deswegen gebe ich die Frage eher zurück – welches Café ist geil?

Nicht irgendwie Starbucks oder so, ich fahre wirklich immer, wenn ich Zeit habe, vormittags in die Stadt und check‘ ein gutes Café – also ich rede jetzt wirklich von Baristas – und ein bisschen die Gegend ab. Ich bin ein absoluter Kaffee-Junkie und kenne mich da in Dortmund noch nicht aus, darum freu ich mich über Tipps!

Beim nächsten Besuch in Dortmund, was würde da eher auf der Agenda stehen: ein Besuch des BVB-Stadions, eine Kneipentour oder eben der gemütliche Bummel durch die City mit Halt in einem schönen Café?

Auf jeden Fall Letzteres. Ich war mal im Stadion, weil mich Thomas Tuchel zu einem Spiel mitgenommen hatte. Das war das erste Fußballspiel, das ich mir live angeschaut habe.

Aber auf jeden Fall wäre es der Stadtbummel, den ich machen würde.

Dortmund war ja mal die Bierhauptstadt, auch wenn das schon ein paar Jährchen her ist. Vielleicht kennst du ein Dortmunder Bier? Und wenn ja: Wie schmeckt es?

Ich muss ehrlich sagen: Ich trinke kein Bier. Mir ist das zu viel Flüssigkeit bei so wenig Alkohol, ich bin davon sofort satt. Ich mochte immer das Nuckeln an so einer Flasche, damit es nicht so schnell vorbeigeht, aber ich hab immer das Gefühl, ich esse ein Brot.

Deswegen bin ich nicht so der Biertrinker, es kommt super selten vor, dass ich Bier trinke und deswegen kenne ich mich auch super wenig aus.

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… auch wenn das Bergmann-Bier in Dortmund sehr zu empfehlen ist. Aber natürlich nicht für jemanden, der kein Bier trinkt. Hast du sonst noch Erinnerungen an Dortmund?

Ich erinnere mich noch an einen Song mit den Fantastischen Vier in Dortmund. Das war, glaube ich, sogar in der Warsteiner Music Hall. Da war ich zu Gast, wir haben zusammen gespielt und es war auch ein besonderer Abend.

Der Konzert-Moment in Dortmund, der aber am meisten in Erinnerung geblieben ist, ist der Texthänger im Westfalenpark.

Der Texthänger im Westfalenpark und natürlich auch der Abend an sich, das ist mir am meisten hängen geblieben. Und jetzt freue ich mich auf den nächsten Abend und neue Erinnerungen dort.

Vielen Dank für das Interview!

Gerne.