Boom von Elektrofahrrädern birgt auch Probleme
Unfallgefahr
Dortmund ist nicht nur die Heimat des größten E-Bike-Festivals, auch im Stadtbild sind immer mehr Elektrofahrräder zu sehen. Doch der Boom bei den E-Bikes sorgt auch für Probleme.

Elektrofahrräder sind zwar nicht gefährlicher als normale Fahrräder. Aber vor allem ältere Fahrer können die Geschwindigkeit oft nicht so gut einschätzen. Und je schneller man mit dem E-Bike fährt, desto größer das Risiko, sagt Werner Blanke vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).
„Die Unfallchirurgie beobachtet, dass es immer mehr Unfälle mit Elektrofahrrädern gibt“, sagt Dr. Hans Lemke, ärztlicher Leiter des städtischen Rettungsdienstes. Und die Verletzungen bei diesen Unfällen seien schwerer als bei Unfällen mit normalen, nicht motorisierten Fahrrädern. Der Grund: je höher die Geschwindigkeit, desto schwerer die Verletzungen bei einem Unfall.
„Das Problem ist, dass vor allem ältere Menschen jetzt mit Elektrofahrrädern fahren. Diese Menschen sind früher entweder gar nicht, seltener oder langsamer gefahren“, sagt Lemke. Ein höheres Unfallrisiko scheint der Preis für die gewonnene Mobilität.
Polizei: Radfahrer sind besonders gefährdet
Die Dortmunder Polizei unterscheidet nur für statistische Zwecke zwischen herkömmlichen Radfahrern und Fahrern von Elektrofahrrädern. „Bei einem Unfall ist der Radfahrer immer besonders gefährdet, egal ob mit Elektromotor oder ohne“, sagt Polizeisprecher Kim Ben Freigang.
Deshalb sei es für die Polizei auch am wichtigsten, auf generelle Gefahren und Unfallrisiken für alle Radfahrer hinzuweisen. Im Jahr 2016 gab 360 Unfälle mit Radfahrern in Dortmund, darunter 13 Unfälle mit Elektrofahrrädern, so die Statistik der Dortmunder Polizei. Sprecher Freigang zweifelt allerdings an der Aussagekraft dieser Zahl. „Es gibt bestimmt Kollegen, die vergessen, das beteiligte Fahrrad als Elektrorad auszuweisen“, sagt er. Über eine Zunahme von Unfällen mit Elektrofahrrädern möchte Freigang nicht spekulieren. Aber: „Je mehr Elektrofahrräder es gibt, desto mehr Unfälle passieren damit auch.“
Das Statistische Bundesamt registriert seit 2014, ob Unfallbeteiligte mit einem herkömmlichen Fahrrad oder einem Elektrofahrrad unterwegs waren. Sogar zwischen den Pedelecs mit Trittunterstützung bis zu 25 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit und den sogenannten E-Bikes oder S-Pedelecs mit zu 45 Stundenkilometern wird in der Statistik unterschieden.
Die Daten erhält die Behörde monatlich von den Polizeidienststellen, die die Unfälle aufgenommen haben und von den Statistischen Landesämtern. Laut Gerhard Kraski, Hauptsachbearbeiter für Verkehrsunfälle beim Statistischen Bundesamt, müssten in diese Statistik auch die Zahlen aus Dortmund einfließen.
Mehr als 80.000 Fahrradfahrer verunglückten
Laut Daten des Statistischen Bundesamtes verunglückten 2016 in Deutschland 81.238 Fahrradfahrer. Davon waren 3982 Unfälle mit Pedelecfahrer, also Fahrern von Elektrofahrrädern mit bis zu 25 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit. Laut einem Bericht der Unfallforschung der Versicherer (UDV) bedeutet das einen Anstieg der verunglückten Pedelecfahrer im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent, während die Zahl der verkauften Pedelecs nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands nur um 13 Prozent gestiegen ist.
Mehrere Studien der UDV haben ergeben, dass Pedelecfahrer im Schnitt älter sind als Fahrradfahrer, aber nicht signifikant schneller fahren. Es seien vor allem die älteren Fahrer, die mit dem Pedelec schneller unterwegs sind als mit dem normalen Fahrrad.
"Pedelecs sind nicht gefährlicher als andere Fahrräder"
Und genau hier liegt das Problem: Vor allem ältere Fahrer seien mit den höheren Geschwindigkeiten oftmals überfordert. Zu diesem Schluss kommen sowohl der Leiter des Dortmunder Rettungsdienstes als auch die Dortmunder Polizei. Auch Werner Blanke, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Dortmund, sieht das so. „Pedelecs sind nicht gefährlicher als andere Fahrräder, aber je schneller man fährt, desto höher ist das Risiko. Und ältere Fahrer können das oft nicht beherrschen.“ Er empfiehlt, sich vorsichtig mit dem Elektrorad vertraut zu machen. „Das sichere Fahren bedarf etwas Übung“, sagt Blanke. Doch nicht nur für den Radfahrer, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer ist das Pedelec eventuell ein Unsicherheitsfaktor. Eine UDV-Studie ergab, dass Autofahrer die Geschwindigkeit von Radfahrern anhand der Tretfrequenz einschätzen. Elektrofahrräder werden daher oft für langsamer gehalten als sie sind, wenn der Fahrer entspannt mit niedriger Frequenz tritt, weil der Motor ihn unterstützt. So kann es zu riskanten Abbiege- oder Überholmanövern kommen.
Laut Polizeisprecher Freigang und Werner Blanke von ADFC kommt es beim Pedelec wie beim Fahrrad darauf an, das Fahrzeug sicher zu beherrschen. Spezielle Trainings für Elektrofahrräder seien nicht notwendig, wenn der Fahrer mit Vorsicht, Rücksicht und Gefühl für das Rad unterwegs sei.