
© Thomas Thiel
Bekommt Dortmund eine neue Gastromeile in der Innenstadt?
Neueröffnungen
Hinter der Saarlandstraße liegen harte Jahre. Doch nun blüht das Zentrum des nach ihr benannten Viertels wieder auf. Durch mehrere Neueröffnungen könnte sogar eine neue Gastro-Meile entstehen.
Die Saarlandstraße in der südlichen Innenstadt hat alles, was es braucht, um eine attraktive und lebendige Straße zu sein: Sie liegt nahe am Stadtzentrum, aber weit genug entfernt, um einen eigenen Charakter zu haben; sie ist gut an den ÖPNV angebunden; und sie macht was her, wird (größtenteils) gesäumt von Altbauten.
Doch in den letzten Jahren war die Saarlandstraße vor allem eines: eine Baustelle. Erst riss 2019 der Energieversorger DEW21 die Straße auf, dann folgten 2020 große Kanalbauarbeiten. Besucher mieden ihr Absperrungs-Wirrwarr, wann sie nur konnten.
Café hatte bis zu 30 Prozent weniger Umsatz wegen der Baustelle
Entlang der Einkaufsstraße häuften sich die leeren oder mit Zeitungen verklebten Schaufenster. Die Geschäfte, die blieben, merkten die Auswirkungen in ihren Bilanzen. „Wir hatten 20 bis 30 Prozent weniger Umsatz wegen der Baustelle“, schätzt etwa Herbert Lindenberg, Besitzer des „Café Lotte“.
Doch seit die großen Bagger, die Erdhügel und die Baustellen-Warnbarken Ende März verschwunden sind, geht es wieder aufwärts mit der Saarlandstraße - auch gastronomisch.

Diari Kadi hat Anfang 2020 ein Lokal an der Saarlandstraße eröffnet. "Gefühlt" angekommen im Viertel ist er aber erst im Frühling 2021 - nach dem Ende der Baustelle und des Lockdowns. © Thomas Thiel
Diari Kadi erlebt diesen Wandel aus der ersten Reihe mit. Ende Februar 2020 eröffnete der erfahrene Gastronom, der zuvor lange das Piccola Roma in der City betrieben hatte, sein neues Lokal, das seinen Vornamen trägt, im Herzen der Saarlandstraße, an der Ecke mit der Plauener Straße.
Dann kam Corona - und Kadi musste wieder schließen. Das Sommer-Außengeschäft 2020 fiel durch die Baustelle größtenteils flach, im Herbst folgte dann der nächste Lockdown. „Erst seit Ende Mai lernt das Viertel uns und unsere große Terrasse wirklich kennen.“ Es fühle sich an wie eine Neueröffnung.
Neuer Gastro-Hotspot an der Saarlandstraße
Dass sein Lokal, in dem er Schnitzel und Pizza anbietet, überlebt hat, grenzt für ihn fast an ein Wunder: „Ich war fast pleite, doch Gott hat mich gerettet“, sagt er. Sein damaliger Vermieter habe ihm für mehr als ein halbes Jahr die Miete erlassen und ihm sogar mehrere Tausend Euro geschenkt, dazu unterstützte seine Familie den 39-Jährigen finanziell.

In die seit 2019 leerstehenden Räume des Kitchen Club im Herzen der Saarlandstraße zieht demnächst der Italiener "Il Tappo". © Thomas Thiel
Kadi blickt nun zuversichtlich in die Zukunft: Demnächst könnte er sich sogar im Zentrum eines kleinen Gastro-Hotspots wiederfinden: Gegenüber vom „Diari“ werden gerade die Räume des alten „Kitchen Club“ (das Restaurant war 2019 eines der ersten Geschäfte, die nach Beginn der Baustelle schlossen) umgebaut, dort zieht ein italienisches Lokal namens „Il Tappo“ ein, wie bereits in großen Lettern an der Fassade zu lesen ist.
Das leerstehende Ladenlokal direkt daneben soll bald einen Sushi-Laden beherbergen, hört man aus der Gastro-Szene. Und ein paar Meter weiter hat vor wenigen Wochen das „Nosh“ aufgemacht, ein asiatisches Tages-Bistro, in dem es unter anderem vegetarische und vegane Bowls gibt.

In dieses noch leere Ladenlokal an der Saarlandstraße soll ein Sushi-Laden kommen. © Thomas Thiel
Mit diesen drei neuen Lokalen kann sich das Essens-Angebot im Zentrum der Saarlandstraße sehen lassen, wo es neben Diari bisher nur den alteingesessenen und beliebten „Lezzet Grill“ gab. Sie würden eine Lücke schließen und die Saarlandstraße zu einer kleinen Gastro-Meile machen. An ihren beiden Enden hat sie nämlich bereits jetzt viel zu bieten:
- Kommt man von der Hohen Straße, passiert man innerhalb weniger Schritte den Hipster-Imbiss „Benbergs Fritten“, den Griechen „Elea“ und das libanesische Lokal „Ayman‘s“, die vom Kiosk zum Quartiers-Draußentreff umgebaute „Bude 116 1/2“ und das vegan-vegetarische Restaurant „Delikat essen“ mit russischem Einschlag.
- Rund um die Kreuzung mit der Ruhrallee gibt es mit dem „Café Lotte“ und dem „Neues Schwarz“ zwei über die Quartiersgrenzen bekannte Anziehungspunkte für Kaffee- und Kuchen-Liebhaber. Und etwas weiter, an der Kreuzung mit der Märkischen Straße, wartet das „Stadewäldchen“ mit seinem schönen Biergarten und herzhafter Balkan-Küche.
„Nosh“-Mitbetreiberin Hoa Dang, die auch im „Monchi Kitchen“ im Kreuzviertel kocht, schwärmt von der Saarlandstraße: „Die Laufkundschaft ist größer als im Kreuzviertel. Die Saarlandstraße ist wie eine kleine Innenstadt, hier gibt es alles, was man braucht.“

Hat bereits geöffnet: das neue Tages-Bistro „Nosh“, das sich auf vegane und vegetarische Bowls spezialisiert hat. © Stephan Schütze (Archiv)
Auch Lindenberg, mit seinem Café Lotte seit 2009 vor Ort, ist ein Fan der Straße: „Es gibt hier ein angenehmes Publikum, eine gute Durchmischung. Wir mögen den Standort und wollen hier bleiben.“
Trotz der schlechten Erfahrungen mit den letzten Baustellen freut sich Lindenberg auf die bereits feststehende dritte Großbaustelle, die der Saarlandstraße voraussichtlich ab 2023 blüht: Dann soll der Verkehr auf der Straße grundlegend neu geordnet und gestaltet werden.
Der Chef des Dortmunder Stadtplanungsamts Stefan Thabe sprach zuletzt von einem „Boulevard der Verkehrswende“ mit breiteren Bürgersteigen, grünen Mittelinseln und einer Fahrbahn, die sich Autos und Fahrräder gleichberechtigt teilen sollen. „Das wird langfristig gut für die Saarlandstraße sein“, glaubt Café-Betreiber Lindenberg.
Bis es so weit ist, werden aber noch einige Jahre ins Land gehen. Der Neu-Saarlandstraßen-Anlieger und Gastronom Diari Kadi freut sich erst einmal auf seine neuen Nachbarn. „Dann wird das hier ein bisschen wie im Kreuzviertel“, sagt er.
Hat das Saarlandstraßenviertel vielleicht sogar das Zeug, dem Gastro-„Platzhirsch“ Kreuzviertel den Rang abzulaufen? Nein, meint Lotte-Inhaber Lindenberg: „Das Kreuzviertel ist eine Institution, das kriegen wir an der Saarlandstraße nicht hin. Aber wir können der verlängerte Arm des Kreuzviertels werden.“
1984 geboren, schreibe ich mich seit 2009 durch die verschiedenen Redaktionen von Lensing Media. Seit 2013 bin ich in der Lokalredaktion Dortmund, was meiner Vorliebe zu Schwarzgelb entgegenkommt. Daneben pflege ich meine Schwächen für Stadtgeschichte (einmal Historiker, immer Historiker), schöne Texte und Tresengespräche.
