Zekrya (7) in Dortmund operiert: „In Afghanistan wäre nur die Amputation geblieben“

Flucht aus Kabul

Mit einem der letzten Linienflüge schaffte der kleine Zekrya (7) die Ausreise aus Afghanistan. Die einzige Hoffnung für sein Bein: Deutschland. Das Klinikum Dortmund berichtet über seinen Gesundheitszustand.

Dortmund

von Luisa Tiemann

, 04.01.2022, 07:30 Uhr / Lesedauer: 2 min
Der siebenjährige Zekrya ist im Dortmunder Klinikum angekommen.

Der siebenjährige Zekrya ist im Dortmunder Klinikum angekommen. © Klinikum Dortmund

Das Dortmunder Klinikum hat dem siebenjährigen Zekrya aus Kabul das Bein gerettet. Er leidet an einer Schienbein-Fehlbildung, einem Klumpfuß - und ist zudem noch fast komplett taub. Mit einem der letzten Linienflüge war ihm die Flucht nach Deutschland gelungen, als die Taliban in Afghanistan nach der Macht griffen.

Jetzt sitze er „lächelnd auf der Behandlungsliege“, so das Klinikum. Seit seiner Geburt litt Zekrya an einer Schienbein-Fehlbildung, durch die schlechte medizinische Versorgung in Afghanistan blieb sie unbehandelt.

Eine Operation war bereits erfolgreich

„In Afghanistan wäre ihm nur die Amputation geblieben“, so eine Sprecherin des Klinikums. Zekryas Beine hätten einen Längenunterschied von elf Zentimetern gehabt, bevor die Fehlstellung erfolgreich operiert wurde. Eine weitere Operation stehe ihm noch bevor.

In Kabul habe der Junge mit seiner Fehlbildung alternativlos gelebt und sogar Fußball gespielt. Dadurch, dass er an einem Klumpfuß litt, konnte er nur auf der Fußaußenseite laufen, erklärt Dr. Katrin Rosery, Oberärztin in der Klinik für Orthopädie des Klinikums Dortmund. Sie operierte Zekrya zusammen mit dem Oberarzt Dr. Matthias Manig.

Um dem Kind ein normales Leben zu ermöglichen, musste ihm zunächst der verkürzte Schienbeinknochen gebrochen werden. Durch einen äußeren Fixateur wurde das Bein verlängert, erklärt Dr. Rosery. Der Fixateur sei zweimal täglich minimal verlängert worden, um den Knochen in der Mitte des Beins wachsen zu lassen. Der Junge müsse jedoch zusätzlich ausgleichende Sohlen in seinen Schuhen tragen.

Auch die Schwerhörigkeit von Zekrya sei in Dortmund besser geworden. Er könne sich „sogar normal verständigen“, heißt es in der Pressemitteilung. Nur auf dem linken Ohr sei er weiterhin taub. Als Hilfsmittel habe er für das rechte Ohr ein Hörgerät bekommen. „Finanziert wurde das Gerät von der Dortmunder Filiale des Hörakustik-Geschäfts Geers“, heißt es vonseiten des Klinikums.

Ein ganz besonderes Pflegekind

In Deutschland lebt Zekrya bei seiner Pflegemutter Selda Keskin. Sie ist im Klinikum immer an seiner Seite. Sie berichtet, dass sie schon mehrere Pflegekinder aus Afghanistan gehabt habe - es sei jedoch keines so wie Zekrya gewesen. Die Flucht nach Deutschland war „seine letzte Chance auf ein ganz anderes Leben. Sonst wäre er dort nicht mehr weggekommen“, berichtet die Pflegemutter.

Tausende Kilometer von seiner Heimat entfernt, fürchte Zekrya immer noch die Gefahr durch feindliche Flugzeuge, Bomben und Schüsse. Er sei „in sich gekehrt, ängstlich und immer auf der Hut“, beschreibt die Pflegemutter das Verhalten des Jungen. Seine traumatischen Erfahrungen kommuniziere er in Gebärdensprache.

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Selda Keskin berichtet, dass „in seiner Nähe mehrere Granaten explodiert sind – die Narben der Splitter sieht man an seinen kompletten Beinen“. Die Angst des geflüchteten Jungen sitze tief: Er komme aus einer großen Familie, bei der einer nachts immer Wache gehalten habe, um nach Feinden und Gefahren Ausschau zu halten, so Keskin. Nachts bleibe der Junge deshalb wach - um seine Pflegemutter zu beschützen.

Wie das Klinikum betont, wäre die Rettungsaktion von Zekrya ohne die Hilfsorganisationen „Kinder brauchen uns“ und „Löwenstarke Kinderhilfe“ nicht möglich gewesen.

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