
Nicht nur Opernfreunde bewegt diese Nachricht, die auf den ersten Blick so gar nicht ins Jahr 2025 passen möchte: Eine renommierte Theater-Darbietung in Dortmund ist nicht angemessen für Karfreitag, sagt die zuständige Stelle bei der Bezirksregierung.
Daran ist vor allem der überraschend neue Umgang der Behörde mit diesem Thema zu kritisieren. Wenn Wagners „Lohengrin“ vor einem Jahr kein Problem war, warum ist es dann ein anderes Stück desselben Komponisten in diesem Jahr? Gerade in Zeiten, in denen von Kulturstätten wie der Oper effizientes Wirtschaften verlangt wird, darf sich das Theater Dortmund hier ungerecht behandelt fühlen.
Ist das noch angemessen?
Letztlich führt das auf eine grundsätzliche Frage zu: Ist die angeordnete Stille an christlichen Feiertagen noch angemessen, wenn die christlichen Konfessionen nicht mehr die Mehrheit der Gesellschaft repräsentieren? Erstmals in der Geschichte Deutschlands ist der Anteil von Konfessionslosen an der Bevölkerung größer als der von Katholiken und Protestanten.
Eine abschließende Antwort bedarf mehr als eines journalistischen Kommentars. Aber der aktuelle Fall aus Dortmund liefert Denkanstöße. Drei Dinge, die wir aus der Opern-Absage lernen können.
1. Die Gesellschaft kann einen stillen Tag gut vertragen
Hektik, Effizienz, Reizüberflutung, Kapitalisierung bis ins Kleinste: Das Leben ist anstrengend. Feiertage sind deshalb notwendige Auszeiten. Und, ja: Es darf auch gern still zugehen an solchen Tagen. Das gesetzlich vorzugeben entspricht allerdings nicht dem individuellen Freiheitsgeist dieser Zeit. Das macht den Schutz von Feiertagen nicht falsch.
2. Jahrhunderte alte (christliche) Traditionen verschwinden nicht in kurzer Zeit
Sie verändern sich langsam. Aber sie verändern sich. Denn wenn wir genauer hinsehen, sind wir schon mittendrin in der Transformation. Die Aufweichung der Sonntagsruhe, der neue Zuschnitt von schrumpfenden Kirchengemeinden und damit veränderte Strukturen im gesellschaftlichen Angebot der Kirchen sind aktuelle Beispiele dafür. Wir werden „Kirche“ in einigen Jahren deutlich anders betrachten als bisher.
3. Wir müssen Feiertage und deren Notwendigkeit hinterfragen dürfen.
Das kann unterschiedliche Folgen haben. Weniger Feiertage, wenn es etwa nach Industrievertretern geht, die gerade den Verzicht auf Feiertage wieder ins Spiel bringen. Oder dann, wenn man eine Aushöhlung der Feiertagsruhe weiterdenkt und dann vielleicht ganz auf einen Osterfeiertag oder andere Gewohnheiten verzichtet.
Das Hinterfragen kann aber auch zu mehr Feiertagen führen. Auch andere religiöse Gruppen in Deutschland oder ganz weltliche Anlässe könnten eingebunden werden, die hektische Gesellschaft bekäme mehr Auszeit.
Das Tempo der Veränderung bestimmt die Gesellschaft letztlich selbst. Auch durch vermeintlich kleine Debatten um Opern-Aufführungen in Dortmund.