Abriss der Marlene Bar „Kevin Großkreutz mussten wir hier um 7 Uhr raustragen“

Abriss der Marlene Bar: „Kevin Großkreutz mussten wir hier um 7 Uhr raustragen“
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Tobias Heitmann ist ein Mann, bei dem die Tränen eher nach innen kullern. Und so tropfen sie am Donnerstagnachmittag (14.3.) auch nicht auf die Trümmer der Marlene Bar, den kleinen Club im Unionviertel, den der 49-Jährige über acht Jahre lang betrieben hat. Am Dienstag ist er dem Erdboden gleich gemacht worden, hier soll ein neues Gebäude entstehen. Ein Bagger wuchtet zwei Tage später Steine und Metall in einen Container.

Die Poster, die mal im Inneren der Bar waren, hängen nun an einer freigelegten Wand. Tobias Heitmann, der auch Vorsitzender des Cityrings ist, möchte noch ein Foto davor machen. Einen Stein seiner Marlene Bar, will er sich mitnehmen. Es sind die Gesten, mit denen der ehemalige Besitzer zeigt, dass es ihn bewegt, seinen Laden in Trümmern zu sehen, weniger die Worte.

Fragt man ihn nach seinen Emotionen, sagt Heitmann so etwas wie „Das ist der Lauf der Dinge, es ist ein selbst gewähltes Schicksal“ und „man weint auch nicht jeden Tag einer Ex-Freundin hinterher“. Zeit, Abschied zu nehmen, hatte der 49-Jährige schließlich auch. Im Juli 2021 verkündete Heitmann das Aus für die Bar. Während der Corona-Pandemie glaubte er nicht daran, dass die Menschen wieder unbeschwert in so einem engen Laden wie der Marlene Bar zusammen feiern würden.

Ketten an den Wänden

Für einen guten Zweck wurde das Inventar versteigert. 6.100 Euro kamen für das Kinderschutzzentrum zusammen. Er habe den Betrag auf 10.000 Euro aufgerundet, sagt Heitmann. Später verkaufte er dann auch das Gebäude. Am Dienstag erfuhr er davon, dass die Marlene Bar abgerissen worden ist. Am selben Tag hatte Heitmann die Marlene Bar im Handelsregister abgemeldet.

Tobias Heitmann steht vor den Trümmern seiner alten Bar an der Humboldtstraße.
Tobias Heitmann steht vor den Trümmern seiner alten Bar an der Humboldtstraße. © Lukas Wittland

Und da es eben schon eine besondere Beziehung mit Tobias Heitmann und der Marlene Bar war, sagt er dann doch irgendwann: „Wenn es so weit ist, ist es immer schwierig. Ich stehe hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge.“ Das lachende kommt von den Erinnerungen.

Anfang der 10er-Jahre hat Tobias Heitmann die Räume an der Humboldtstraße übernommen, in der vorher die Schwulen-Bar „Rote Marlene“ war. „Das war schon spannend. Wir haben Dildos gefunden, an den Wänden waren noch Ketten angebracht und die schwarze Ledercouch hat offensichtlich auch einiges erlebt“, sagt Heitmann.

Ärger mit der Tochter

Gastronomie-Erfahrung hatte er damals nicht, nur eine Idee: eine Kneipe, in der man auch tanzen sollte. Irgendwie hat sich dann alles entwickelt und die Marlene Bar war meist voller, als sie eigentlich hätte sein dürfen. „Einfach machen“, sagt Heitmann.

Dass bislang noch niemand einen Laden mit ähnlichem Konzept in der Dortmunder Innenstadt aufgemacht hat, wundert ihn. Er wird es nicht tun, für ihn sei das nichts mehr, sagt er. „Ab und zu habe ich noch dran gedacht, vielleicht doch noch mal aufzumachen, aber nee, das ist vorbei.“

Plakate, die früher im Inneren der Marlene Bar hingen, sind jetzt von der Straße aus zu sehen.
Plakate, die früher im Inneren der Marlene Bar hingen, sind jetzt von der Straße aus zu sehen. © Lukas Wittland

Von seiner 17-jährigen Tochter muss er sich deshalb etwas anhören. „Sie beschimpft mich dafür, dass ich den Laden zugemacht habe und fände es natürlich cool, wenn der Papa noch einen kleinen Club hätte“, sagt Heitmann und lacht.

BVB-Profis in der Marlene Bar

Andere finden das scheinbar auch. Als Fotos von der abgerissenen Marlene Bar im Internet kursieren, bekommt Heitmann einige Nachrichten von ehemaligen Gästen. „Ich habe dort meinen Mann kennengelernt“, „Ich habe dort meine Frau kennengelernt“, „In der Marlene Bar habe ich meinen Mann beim Fremdgehen erwischt“, „Wir haben unser Kind Marlene genannt“. Es sind Auszüge mehrerer Personen und nicht die Achterbahnfahrt einer einzelnen Beziehung. „Dass Eltern ihre Kinder wegen der Bar Marlene genannt haben, haben mir mehrere geschrieben“, sagt Heitmann.

Und dass so viele Menschen etwas mit der Bar verbinden, sei eben schon etwas Besonderes. Heitmann selbst erinnert sich am liebsten an den 9. April 2013 zurück. Der BVB ist gerade auf eine Art und Weise gegen den FC Malaga ins Halbfinale der Champions League eingezogen, die manche von einem Wunder sprechen lässt.

Da bekommt Tobias Heitmann einen Anruf des damaligen Kapitäns Sebastian Kehl, ob er nicht die Marlene Bar für sie aufmachen könne. Heitmann sperrt für Klopp, Götze und Co. auf. Ins Detail will Tobias Heitmann nicht gehen, aber es muss eine wilde und lange Feier gewesen sein. „Kevin Großkreutz mussten wir hier um 7 Uhr raustragen“, sagt Heitmann.

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