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Ukrainische Schüler dürfen am Dorstener Petrinum in aller Ruhe ankommen
Übersetzung-Apps helfen
Übersetzungs-Apps leisten im Gymnasium Petrinum in Dorsten gerade einen wichtigen Dienst: Mit ihrer Hilfe verständigen sich die geflüchteten Mädchen und Jungen aus der Ukraine.
Bei Klassenarbeiten sind sie sonst sicher streng verboten, im Petrinum sind sie allerdings seit ein paar Wochen aus dem Schulalltag nicht wegzudenken: Übersetzungs-Apps. Bevorzugt für Ukrainisch und Deutsch. Das Gymnasium ist derzeit noch die einzige Weiterführende Schule Dorstens, die ukrainische Kinder aufgenommen hat. 18, wie Schulleiter Markus Westhoff erzählt. Dazu kamen am Mittwoch noch sechs Mädchen und Jungen aus Afghanistan.
„Wir haben seit einiger Zeit eine halbe zusätzliche Stelle für den Unterricht von Flüchtlingskindern“, erklärt der Schulleiter die Lage. Nicht in Form einer (halben) Lehrkraft, aber in Form eines Stundenkontingents, das für 15 Kinder gedacht ist. 24 sind jetzt da, fünf weitere seien avisiert, dann stoße auch das Petrinum so langsam an seine Grenzen.
Flüchtlingskinder in allen Jahrgangsstufen
Westhoff und sein Kollegium waren von Anfang an davon überzeugt, dass die Flüchtlingskinder ihrem Alter entsprechend in die passenden Klassen verteilt werden sollen. „Sie sollen doch Gleichaltrige kennenlernen und möglichst viel von der deutschen Sprache aufschnappen“, sagt der Pädagoge, „und nicht altersgemischt unter sich bleiben.“
Neben dem Google-Übersetzer können auch zwei Lehrkräfte, die Russisch können, manch knifflige Situation lösen. Die Schülerinnen und Schüler sitzen nun in den Klassen 5 bis 11 und freunden sich dort schon mit Klassenkameraden an.
Markus Westhoff
„Es ist schön zu sehen“, sagt Markus Westhoff, „wie die Kinder und Jugendlichen in den Pausen zusammenhocken und sich mithilfe ihrer Übersetzungs-Apps austauschen.“ In den meisten Klassen gebe es außerdem Patinnen und Paten, die sich besonders der neuen Klassenkameraden annehmen.
Westhoff ist nicht nur stolz auf seine Schülerinnen und Schüler, sondern auf die gesamte Schulgemeinde: „Wir haben in Elternbriefen um Sachspenden gebeten, weil den Kindern zum Beispiel Schulmaterial und Rucksäcke fehlten, und konnten alle schnell versorgen.“ Zahlreiche Geldspenden werden vom Förderverein weitergereicht.
Ankommen und sich von Traumata erholen
Über den Bildungsstand der geflüchteten Kinder könne man jetzt noch nicht urteilen, erklärt der Schulleiter. „Sie sollen erst mal ankommen, schließlich haben sie traumatische Erlebnisse hinter sich.“ Geborgenheit, Ruhe und Sicherheit seien gerade viel wichtiger als Mathe oder Deutsch.
Wobei der Schulleiter sich schon wünschen würde, sobald wie möglich mit einer Deutschförderung anfangen zu können. An seine Schüler appelliert Westhoff, die neuen Klassenkameraden zum Sportverein oder zum Musikunterricht mitzunehmen. „Je mehr sie mitmachen, desto schneller lernen sie Deutsch und fühlen sich hier nicht mehr so abgeschnitten.“
Die Idee, die ukrainischen und afghanischen Kinder auf Klassenfahrten mitzunehmen, haben die Pädagogen wieder verworfen. Westhoff: „Da sind so viele Verlustängste, da ist es vor allem bei den Kleineren für eine Trennung von der Familie noch zu früh.“
Geboren und geblieben im Pott, seit 1982 in verschiedenen Redaktionen des Medienhauses Lensing tätig. Interessiert an Menschen und allem, was sie anstellen, denken und sagen.
