Dr. Wilhelm Gross-Weege ist Ärztlicher Direktor im St.-Elisabeth-Krankenhaus

Dr. Wilhelm Gross-Weege ist Ärztlicher Direktor im St.-Elisabeth-Krankenhaus Dorsten. Er beobachtet, dass viele Menschen am Wochenende in die Zentrale Notaufnahme kommen, obwohl es in Dorsten keinen hausärztlichen Notdienst gibt. © Günter Schmidt

Krankenhaus-Direktor schlägt Alarm: Notaufnahme in Dorsten am Wochenende oft überlastet

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Die Zentrale Notaufnahme im Dorstener Krankenhaus ist an Wochenenden oft überlastet. Das hat nichts mit Personalmangel oder besonders vielen Notfällen zu tun. Der Ärztliche Direktor spricht von „Ausnutzen“.

Dorsten

, 26.07.2022, 17:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Zentrale Notaufnahme im Dorstener St. Elisabeth-Krankenhaus platzt an Wochenenden mitunter aus allen Nähten. Und das nicht etwa, weil es so viele Unfallopfer, Verletzte oder Kreislauf-Patienten zu behandeln gäbe. „Mehr als die Hälfte der Patienten kommt wegen Bagatellen zu uns“, sagt der Ärztliche Direktor, Dr. Wilhelm Gross-Weege. „Diese Menschen nehmen wegen eines Insektenstichs, eines Zeckenbisses oder einer kleinen Schnittwunde den ganzen Krankenhaus-Betrieb in Anspruch“, sagt der Ärztliche Direktor.

Allerdings ist die Notaufnahme am Wochenende oder außerhalb der regulären Praxiszeiten nur mit einem Arzt in der Chirurgie und einem Arzt in der Inneren Medizin besetzt, das Personal in der Zentralen Aufnahme ist ebenfalls reduziert. „Das reicht für die Notfallversorgung“, sagt der Mediziner. Aber eben nicht für mehr.

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Wer nur wegen eines kleinen Wehwehchens kommt oder weil er seit ein paar Tagen eine Erkältung hat, muss warten. Manchmal stundenlang, weil echte Notfälle natürlich Vorrang haben. Um dann zu erfahren, dass das Krankenhaus überhaupt nicht weiterhelfen kann. Weil es beispielsweise keine HNO- und auch keine Augenabteilung hat. Und auch keine Kinderklinik übrigens.

Zentrale Notaufnahme St. Elisabeth-Krankenhaus, Ärztlicher Leiter Burkhard Wegener

Wer zur Zentralen Aufnahme kommt, wird grundsätzlich nicht wieder weggeschickt, bevor der Ärztliche Leiter Burkhard Wegener oder einer seiner Kolleginnen und Kollegen den Patienten gesehen haben. Das kann gerade an Wochenenden auch zu langen Wartezeiten führen. © Krankenhaus

Bequemlichkeit oder Unwissenheit - Dr. Gross-Weege hält beides für denkbar. Er spricht sogar vom „Ausnutzen einer Einheit, die dafür vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist“. Ein Krankenhaus sei eigentlich nicht dafür da, Bagatellen zu behandeln, „dafür ist der hausärztliche Notdienst zuständig“. Es gehe umgekehrt aber auch nicht darum, „Menschen, die wirklich was Ernstes haben, nicht hier haben zu wollen“.

Die Dorstener müssten also abends oder an Wochenenden beispielsweise für einen Zeckenbiss zur Paracelsus-Klinik nach Marl oder zum Marienhospital nach Bottrop fahren. Das hat die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bereits 2009/2010 entschieden.

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„Wir haben damals die Fallzahlen der Kliniken in der Region ausgewertet und danach unter anderem in Marl, Recklinghausen, Bottrop und Gladbeck Notfalldienstpraxen eingerichtet“, sagt KVWL-Sprecher Daniel Müller „Aufgrund der Auswertung fiel die Wahl nicht auf Dorsten.“ Und aus Kostengründen wohl auch nicht.

Ob sich diese Einschätzung ändern könnte, lässt die KVWL offen. 96 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner würden die nächste Notfalldienstpraxis innerhalb von 25 Autominuten erreichen.

„Mehr Patienten in Dorsten als woanders“

Wegen der generellen personellen Engpässe beispielsweise wegen Corona setzt auch das St. Elisabeth-Krankenhaus immer wieder Honorar-Ärzte ein, die die Klinik zwar nicht kennen, aber für 24 Stunden Dienst machen. „Die sagen alle übereinstimmend, dass das Patientenaufkommen in Dorsten an Wochenenden größer ist als in anderen Häusern“, betont der Ärztliche Direktor. „Eine Stadt mit mehr als 70.000 Einwohnern müsste eigentlich einen eigenen hausärztlichen Notdienst haben.“

Dann gäbe es auch am Samstag oder Sonntag mehr Personal in der Zentralen Notaufnahme. Und dann könnten auch Bagatellen versorgt werden, für die sich früher vielleicht niemand auf den Weg zum Krankenhaus gemacht hätte.

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