Der Stadtrat. Hier sollten eigentlich alle wichtigen Fragen der Stadt entschieden werden. Viele Probleme aber werden inzwischen in nichtöffentlichen Zirkeln diskutiert und entschieden.

© Ronny von Wangenheim (Archiv)

Warum misstrauen Politik und Verwaltung der Öffentlichkeit?

rnMeinung

Informationen nur für politische Zirkel. Verwaltungsvorlagen, die von Politikern diktiert werden. Zahlen nur für kleinste Kreise. Transparenz und Offenheit sehen anders aus. Ein Kommentar.

Castrop-Rauxel

, 07.06.2021, 13:40 Uhr / Lesedauer: 2 min

Egal, ob es sich um Bürgermeister Rajko Kravanja oder EUV-Vorstand Michael Werner handelt, ob man SPD-Fraktionschef Daniel Molloisch oder den Grünen-Granden Ulrich Werkle nimmt: Für alle ist am Ende des Tages die Öffentlichkeit offenbar ein Gegner. Zumindest benehmen sie sich so.

Wer wie ich seit Jahrzehnten Kommunalpolitik und Öffentliche Verwaltungen verfolgt, über sie berichtet, Politikern oder Verwaltungsleuten Fragen stellt, stößt immer wieder vor Wände, auf Ablehnung, leere Worthülsen oder besonders gern – ins Nichts.

Vernebelungstaktiken und Hinterzimmer-Politik

Wo man gegenüber der Öffentlichkeit Transparenz erwartet, überwiegen Vernebelungstaktiken, wo im Krisenfall offener Umgang mit Problemen vielen Kritikern früh den Wind aus den Segeln nehmen könnte, wird rumgedruckst.

Politik wird immer mehr in Hinterzimmern, in Koalitionsausschüssen, interfraktionellen Runden, politischen Lenkungskreisen gemacht, statt öffentliche Diskussionen in den dafür eigentlich vorgesehenen Gremien, den Fachausschüssen oder im Rat zu führen.

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Nach dem Stress, den Bürgermeister Rajko Kravanja jetzt mit FDP-Chef Nils Bettinger wegen der Stadtmittelpunkt-Sanierung hatte, sollte die Transparenz künftig nicht etwa so weit gehen, dass nun regelmäßig im Bauausschuss oder im Rat berichtet werden sollte. Nein, der Verwaltungsvorschlag sah nur eine Einbeziehung eines politischen Lenkungskreises vor, der – natürlich – nichtöffentlich tagt.

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„Der von der Verwaltung eingebrachte Vorschlag, der mit Änderungsvorschlägen von Nils Bettinger dann verabschiedet wurde, ist im Koalitionsausschuss erarbeitet worden.“ So schrieb mir Ulrich Werkle nach der Ratssitzung, als er sich bitter über meine „reißerische Art“ beklagte. Ein politischer Zirkel formuliert jetzt also Verwaltungsvorlagen, schließt darin eine öffentliche Diskussion aus.

Bloß keine Kritik? Bloß keine Einmischung?

Und Daniel Molloisch sah beim ganzen Problem keinen Zeitdruck, keinen Skandal. Öffentlichkeit? Muss wohl nicht sein. Warum ist das so, fragt man sich? Bloß keine Kritik? Bloß keine Einmischung? „Lasst uns in der Politik doch einfach tun, was wir für richtig halten. Das Ergebnis bekommt ihr dann eines Tages vorgesetzt“, so klingt es. Soll das so funktionieren?

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Ins Bild der chronischen Öffentlichkeits-(Ab)Scheu passt der Westring. Dass die Baustelle später fertig wird, teilte der EUV mit seinem Chef Michael Werner per Pressemitteilung Anfang Mai mit. Kein Wort dazu aber, dass der Ausbau fast doppelt so teuer wird. Das erfuhr nur der Rat, der der Mehrausgabe zustimmen musste.

Ich unterstelle keinem der Protagonisten Unehrlichkeit oder Unehrenhaftigkeit oder fehlendes Bemühen. Aber: Geht so Offenheit, Bürgerbeteiligung? Gewinnt man so Vertrauen? In einer Zeit, in der Populisten nur darauf lauern, die Demokratie auszuhöhlen, Eliten zu diskreditieren und Misstrauen zu schüren?

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