Tierschutz-Überschuss in Castrop-Rauxel Hunde-Misshandlung wird mehr thematisiert als Kindesmissbrauch

Misshandlung von Hunden wird mehr thematisiert als Missbrauch von Kindern
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Thomas Schroeter

Der Tierschutzgedanke ist wichtig. Das vorweg. Der Autor dieser Zeilen hatte 16 Jahre lang einen Hund und hat ihn sehr geliebt. Auch das vorweg. Denn was nun kommt, wird so manchem Tierliebhaber nicht gefallen: Das Thema Tier und hier gerade das Thema Hund wird in unserer Gesellschaft viel zu hoch gehängt, wird überhöht, übertrieben.

Tierschutzvereine kümmern sich um das Wohl (vermeintlich) vernachlässigter und bedrohter Tiere/Hunde. Sogar im Ausland, etwa in Rumänien, in der Türkei oder auf Mittelmeerinseln sind deutsche Tierretter unterwegs. In Facebook-Gruppen findet ein intensiver Austausch übers Tierwohl statt, die geteilten Posts über entlaufene oder verschwundene Hunde tauchen regelmäßig überall auf.

Und das ist noch längst nicht alles, was für Tiere getan wird. Die Castrop-Rauxeler Tiertafel kümmert sich um die Versorgung von Tieren aus notleidenden Haushalten. Im einschlägigen Handel kann man Hunde-Adventskalender (!) zu Preisen bis zu 120 Euro finden. Schon 2019 gaben die deutschen Hundebesitzer laut Heimtierstudie 5,6 Milliarden Euro für ihre Vierbeiner aus. Und das erste Tierschutzfest in der Agora lockte im September zig Besucher an.

Zugleich wird vielfach über den richtigen Tierschutzweg gestritten. Erbittert gestritten. Das kann man gerade rund um die Jahreshauptversammlung des Tierheim-Vereins erleben. Längst nicht alle Tierschützer sind sich grün, da mischt sich vielfach viel Gefühl unter wenig Fachkenntnis in Sachen artgerechte Haltung.

Da wünschte man sich deutlich mehr Besinnung der Menschen auf die Probleme, die nicht Tiere, sondern Menschen betreffen, Frauen und viel zu viele Kinder. Wie viele rührige Retter etwa fliegen nach Lampedusa oder in andere Flüchtlings-Hotspots, um dort Kinder vor ihrem Schicksal zu retten statt Hunde in Rumänien? Wie wäre es denn mit einer Baby- oder Kindertafel in Castrop-Rauxel, um die vielen abgehängten Kinder aus prekären Verhältnissen zu unterstützen, die vielen Kinder, die Tat für Tag ohne Frühstück in den Schulen aufschlagen?

Wie viele Kinderhilfsvereine gibt es in der Stadt? Wie groß ist die Unterstützung für das Frauenhaus, in das immer wieder Frauen mit ihren Kindern aus unerträglichen Beziehungen flüchten müssen? Wie viel Geld wird für den Tierschutz gespendet und wie viel für den Menschenschutz in Castrop-Rauxel? Wie viel wird tatsächlich auf das Nachbarskind geachtet, das vielleicht Misshandlungen und Schlimmerem ausgesetzt ist?

Hier soll nicht der Tierschutz klein geschrieben werden. Der ist notwendig, liegt uns doch allen viel am Wohl gerade der Fellnasen. Aber gerade in diesen Tagen muss daran erinnert werden, dass es mehr als genug Menschen gibt, die arge Not leiden und unserer Hilfe bedürfen. In diesen Tagen, in denen wir uns auf ein Fest vorbereiten, bei dem es um ein Kind geht, das von seiner Mutter in einem Stall zur Welt gebracht und in einer Futterkrippe gelagert werden musste.