Das Tierheim Castrop-Rauxel ist immer wieder in den Schlagzeilen. In der vergangenen Woche wurde ein Video veröffentlicht, das den Umgang eines Mitarbeiters mit einem Hund auf dem Hof zeigt. Im Zuge einer Debatte tauchte ein weiteres Video auf. Hintergründe und Zeitpunkte der Aufnahmen sind nicht ganz klar. Aber es brennt.
Der Tierschutzverein unter Feuer: Das kennen die Vorstandsleute schon. Seit knapp zehn Jahren ist der ehemalige Bürgermeister Johannes Beisenherz hier in der Verantwortung. Er stimmt sich stets eng ab mit der 2. Vorsitzenden Kristina Rummeld. Jetzt wird ihr Umgang mit einem oder zwei Männern kritisiert, die Hunde unwürdig behandeln: Einen Hund, den er selbst provozierte, schreit ein Mann an mit „Verpiss dich!“. Ein anderer wird in cholerischer Art und Weise als „Dreckstöle“ bezeichnet. Auch von Einschläfern soll die Rede sein. Der Vorstand erklärt sich. Und das Veterinäramt meldet am Montag: Man ermittelt.

Offener Treiber der aktuellen Veröffentlichungen ist der „Tierschutz-Streuner“ Gero Knifiz aus Witten. Er veranstaltete vor Wochen ein „Tierschutzfest“ im Bürgerzentrum Agora, ohne vor Ort tätige Tierschutzorganisationen zu berücksichtigen. Und macht nun „Stimmung“ gegen den Tierschutzverein und das Tierheim. Ihm wurde das Video, das einen als erniedrigend rezipierten Vorgang um Tierheim-Hund „Bella“ zeigt („Verpiss dich!“ / Anschreien, wiederholtes Aufstampfen und Drohen), zugespielt. Auch unsere Redaktion erhielt es.
Klar ist, wen es zeigt. Unklar ist, wann es aufgenommen wurde. Unklar ist auch, welche Rolle/Funktion der Hauptakteur in diesem Video hat. Übers Wochenende wurde ein zweites Video bekannt, das nur einen Fliesenboden zeigt, aber bei dem die Tonspur entscheidend ist: Hier hört man einen Mann wild schreien, dessen Stimme an die Stimme aus dem anderen Video zumindest erinnert. Er ruft „Dreckstöle“ und spricht vom Einschläfern im Gespräch mit einem Hund.
Es handle sich nicht um dieselbe Hauptperson, sagt Vorsitzender Johannes Beisenherz. Das zweite Video sei mindestens eineinhalb Jahre alt, sei verbotenerweise in der Betriebswohnung im Tierheim aufgenommen worden. „Die Zeiten der täglich lautstarken Kommunikation mit Mensch und Hund sind vorbei, seit die frühere Tierheimleitung in Rente gegangen ist. Es kann sich hier nur um einen Einzelfall handeln“, so Beisenherz. Informanten aus dem Umfeld sagen etwas anderes.
Beim ersten Video hieß es relativierend aus dem Vorstand, es sei mindestens fünf Jahre alt. Wir konnten den Zeitpunkt nicht herausfinden. Der Mann, der darauf zu sehen ist, sei zur Entstehungszeit des Videos kein Trainer gewesen. Bella werde im Video weder getreten noch geschlagen, sondern abgedrängt, um Beißvorfälle trotz des Maulkorbs zu verhindern, heißt es in der Stellungnahme. Der Mann sei nicht im Tierheim beschäftigt.
Dieser Darstellung widersprechen viele andere Leute. Am 23.11.2024 soll der Mann aus dem Bella-Video beim Weihnachtsmarkt im Tierheim gewesen sein. Das war vor dem Öffentlichwerden der Videos. Aber nach dem Rückzug von Hundetrainerin Nina Dany-Hirsch, die dessen Rückkehr als Grund bezeichnet, nicht mehr im Verein mitzuarbeiten und ihren Hundeschul-Standort Castrop-Rauxel aufzugeben.
Das sei nicht der Grund gewesen, meinen dagegen Beisenherz und Rummeld: Sie hätten der Trainerin nicht gesagt, er kehre zurück. „Das wird er nicht!“, so Rummeld. „Er war seit fast zwei Jahren nicht mehr im Tierheim und wird auch nicht beschäftigt.“ Beim Weihnachtsmarkt sei er gewesen, aber mit einer anderen Person. „Er hat beim Fest geholfen. Aber ein Festbesuch reicht sicher nicht zur Beurteilung aus.“ Nina Dany-Hirsch habe vor allem Sorge gehabt, dass eine Tierheim-Mitarbeiterin, mit der sie nicht zurechtkam, ihre Trainingsmethoden beim Veterinäramt anzeigen könne. Das allerdings liege der Mitarbeiterin fern.
„Es ist unglaublich, wie in den letzten Tagen auf uns eingedroschen wurde“, meint der Tierschutzverein in einer Stellungnahme. „Als wenn es bei uns zuginge wie auf einem Schlachthof. Das toxische Online-Verhalten macht's möglich und zieht jede Sekunde unseres Tuns hemmungslos in den Dreck.“ Dabei könnten all die Kritiker gar nicht beurteilen, wie im Tierheim gearbeitet werde, welche Schicksale die Tiere hinter sich hätten. Es gebe einen tobenden Mob, der beleidige, diffamiere und bewusst lüge.
Kein Mensch könne sich davon freisprechen, in einem schwierigen Moment mal laut zu werden. „Ein Hund versteht auch übrigens nicht das Wort ‚Dreckstöle‘. Er nimmt den Tonfall wahr. Das wird gerade stark vermenschlicht“, so Kristina Rummeld.
Gründung einer gGmbH ist Thema
Man arbeite lieber, statt sich mit der Hetzjagd zu beschäftigen. Kritik gibt es dabei auch für die Pläne, die Ex-Bürgermeister Beisenherz bei Facebook in einem Kommentar bestätigte: Der Tierschutzverein steckt in Planungen, eine gemeinnützige Tierheim-GmbH zu gründen. Handelnde Personen könnten als Gesellschafter und Geschäftsführer eingesetzt werden. Der Verein mit gewähltem Vorstand bliebe erhalten. Andere Tierschutzvereine mit Tierheim hätten schon ähnlich gehandelt.
Am Dienstagabend (3.12.2024) soll es dazu Informationen für die Mitglieder geben. Kritiker befürchten, der Vorstand zementiere damit seine Leute in der Gesellschaft. Ob es schon zu einer Abstimmung über das Vorhaben kommt, ist offen.
Im Umfeld der Jahreshauptversammlung ist auch eine Demo angekündigt. Sie wurde von der Polizei bestätigt: Von 18 bis 20 Uhr wollen Kritiker und Tierschützer am Versammlungsort (Haus Rüther, Mengeder Straße 253 in Dingen) protestieren.