Probleme und Abschlüsse im Beerenbruchviertel Bauunternehmen leidet, aber trotzt der Krise

Beerenbruchviertel: Bauunternehmen Dornieden leidet unter und trotzt der Krise
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Die Aussage ist bezeichnend: „Wir sind den Marktgegebenheiten entsprechend zufrieden, falls man das in der heutigen Zeit so sagen kann“, sagt Judith Uttenweiler. Sie ist Marketing-Leiterin beim Wohnbauunternehmen Dornieden aus Mönchengladbach. Als die Firma das Baugebiet Beerenbruchviertel in Castrop-Rauxel plante, war die Marktlage noch ganz anders, fast rosig. Und heute? Es gibt renommierte Firmen, die schon Insolvenzanträge stellen mussten.

„Wir haben nach wie vor eine Nachfrage, auch wenn sich die generelle Lage verschlechtert hat“, erklärt Judith Uttenweiler. Das braucht das Unternehmen auch, denn es hat noch viel vor: Im Stadtteil Ickern entsteht nach und nach ein Wohnquartier, das fast wie ein ganz neuer Stadtteil daher kommt: Es liegt zwischen alten Wohnsiedlungen und einem Waldgebiet und wird im Westen begrenzt von Gewerbefläche. Es soll eine Kita bekommen, Quartiers-E-Räder und -Lademöglichkeiten, soll energetisch auf einem guten Stand stehen – und dabei eigentlich erschwinglich sein.

Das waren die angebotenen Häuser auch: Ein sogenanntes Vista-Haus konnten sich vor einigen Jahren noch Familien mit Haushaltsnettoeinkommen von um die 4000 Euro leisten. Doch die Rohstoff- und Baukrise erhöhte die Preise für die Investoren und damit die Kaufpreise für die Häuser. Und die Zinskrise verteuerte die Finanzierungen: Haus-Darlehen waren vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges Ende 2021 und Anfang 2022 noch für unter 1 Prozent zu haben, je nach Eigenanteil, Laufzeit, Tilgungsrate und Zinsbindung. Dann kam der Krieg.

Heute schließt man unter Umständen bei 5 bis 6 Prozent effektivem Jahreszins ab. Wer also 400.000 Euro finanzieren muss, muss heute weit mehr als das Doppelte an monatlichen Kosten fürs Wohnen einplanen und zahlt zudem viel länger ab, mitunter bis zum Renteneintrittsalter. Und ob die staatliche Rente sicher ist...?

Vista- und Dornieden-Häuser

„Die Situation ist paradox“, sagt Judith Uttenweiler: „Der Bedarf an Wohnraum, auch an Eigenheimen, ist riesengroß. Der Wunsch, in ein eigenes Haus mit Garten zu ziehen, ist bei vielen Familien so wie immer vorhanden.“ Hochrangige Regierungsvertreter würden die Wirtschaft immer wieder fordern, mehr Wohnungen zu bauen. Und dann: „Scheitert es oft aufgrund der Finanzierung“, sagt die Marketing-Chefin, die zurzeit auch als Sprecherin des Unternehmens fungiert.

Dabei habe Dornieden extra diese Vista-Häuser im Portfolio: „Wir haben sie so konzipiert, dass wir damit vielen Familien ermöglichen, in ein Eigenheim mit Garten zu ziehen“, erklärt Judith Uttenweiler. Relativ kleiner Raum, hoch standardisiert, hohe Qualität, aber wenig Extras. Wer Dachgaube und Keller möchte, der muss ins höhere Regal greifen und Häuser des Typs Dornieden kaufen. Die sind etwas individueller und größer. Und teurer. Auf der Website steht: ausverkauft.

„Strategisch gut aufgestellt“

„Wir als Dornieden sind strategisch gut aufgestellt und haben ein optimales Produktportfolio“, meint Judith Uttenweiler, gefragt nach dem allgemeinen Marktgeschehen. Der ebenfalls in Castrop-Rauxel tätige Entwicklungs-Wettbewerber Tecklenburg aus Straelen war wegen eines geplatzten Großprojekts Ende 2023 in finanzielle Schieflage geraten: Er stellt einen Insolvenzantrag, beteuert aber, die Projekte, auch die Mariengärten in Merklinde, zu Ende bringen zu wollen.

Produktentwickler im gehobenen Niveau hätten größere Probleme als Dornieden, meint Judith Uttenweiler. „Unsere Häuser werden noch gekauft, wenn auch nicht so schnell wie vor vier Jahren“, sagt sie. Rund eine halbe Million Euro muss man mindestens einplanen.

Die ersten rund 30 Häuser stehen jetzt, Ende August 2023, im Beerenbruchviertel, dem größten Wohnbaugebiet in Castrop-Rauxel seit Jahrzehnten. Die ersten Menschen sind schon eingezogen.
Die ersten rund 30 Häuser stehen jetzt, Ende August 2023, im Beerenbruchviertel, dem größten Wohnbaugebiet in Castrop-Rauxel seit Jahrzehnten. Die ersten Menschen sind schon eingezogen. © Tobias Weckenbrock (2023)

Im Beerenbruchviertel wohnen die ersten Eigentümer. Das Baugebiet entsteht gerade im 3. Bauabschnitt, sagt die Marketing-Frau, in dem Vista-Doppelhäuser errichtet werden. Ab Februar sollen erste Rohbauten hochgezogen werden. Rund 50 Prozent seien in diesem Abschnitt verkauft. Es gebe immer wieder Interessenten, die sich ein Musterhaus vor Ort ansehen, und Gespräche sowie Abschlüsse. Der 4. Bauabschnitt stehe auch noch aus.

„Er kommt dann, wenn wir mit dem 3. Bauabschnitt in der Vermarktung weiter fortgeschritten sind“, so Uttenweiler. Das Baugebiet würde erst dann komplettiert. Es soll entlang der Recklinghauser Straße auch noch Wohnungen in Mehrfamilienhäuser bekommen, die sich dann an weniger zahlungskräftige Kunden richten.

Der Stand in den verschiedenen Baugebieten der Stadt auf rn.de/castrop

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