
Riesen-Andrang bei der Eröffnung des Globus in Castrop-Rauxel. Konsumforscherin Gabriele Naderer ordnet den großen Andrang auf das Warenhaus ein (Montage: Prior). © Weckenbrock/Hochschule Pforzheim
Ansturm bei Globus-Eröffnung in Castrop-Rauxel: Expertin nennt die Gründe
Castrop-Rauxeler in Kauflaune
Die Zeiten sind hart – und dennoch war der Andrang der Kunden bei der Eröffnung des Castrop-Rauxeler Globus groß. Wie ist das zu erklären? Wir haben eine Expertin gefragt.
Konsum macht Spaß. Das stellte Herbert Grönemeyer bereits 1983 in seinem Song „Kaufen“ fest: „Ich hab schon alles, ich will noch mehr. Alles hält ewig, jetzt muß was Neues her", sang „Herbie“ damals. Fast 40 Jahre alt ist das Lied, doch ähnliche Gedanken hatten offenbar auch viele Castrop-Rauxelerinnen und Castrop-Rauxeler in dieser Woche.
Getreu Grönemeyers Songtext „Ich könnte ständig kaufen geh′n | Kaufen ist wunderschön", strömten viele am Donnerstag (15.9.) zur Eröffnung in den neuen Globus-Markt an der Siemensstraße.
Eine Lücke wird wieder gefüllt
Gabriele Naderer, Professorin für Marktpsychologie und Käuferverhalten, erklärt sich die Begeisterung für das neue Warenhaus unter anderem mit der Geschichte des Standorts. In dem Gebäude war bis Januar eine Real-Filiale untergebracht. „Da ist für viele Konsumenten wahrscheinlich eine Lücke entstanden, die nun von den einem neuen Angebot gefüllt wird", sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion.
Für die Konsumforscherin steht vor allem der Aspekt der Versorgung im Mittelpunkt: „Dadurch, dass Lebensmittelgeschäfte den täglichen Bedarf decken, kann bei Kunden eine große emotionale Nähe zu den Geschäften entstehen." Wenn dann ein Geschäft schließe, würden sich oft viele im Stich gelassen fühlen und einen Versorgungsmangel wahrnehmen.
Durch das Auftreten eines neuen Versorgers, der wieder Verantwortung übernimmt, könne es eine große Dankbarkeit geben, erklärt Naderer. „Wenn das betroffene Geschäft an genau dem Standort ein wichtiger regionaler Versorger ist, freuen sich die Menschen natürlich, wenn sie dort wieder einkaufen können."
Auch die Übernahme der vormaligen Real-Belegschaft durch Globus sei ein wichtiger Punkt. Die Kunden hätten gesehen, dass das Unternehmen auch seiner sozialen Verantwortung nachkommen wolle.
Die unsicheren Zeiten verstärken den Effekt
Neben dem Standort und der Geschichte spielten aber andere Faktoren eine große Rolle, wie die Kommunikationsstrategie des Unternehmens oder das Preis-Leistungs-Verhältnis. Preisgarantien auf Waren wie Brötchen, wie sie Globus im neuen Markt an der Siemensstraße gibt, könnten gerade in der aktuellen Lage mit hoher Inflation sehr erfolgversprechend sein. „In Zeiten der Verunsicherung ist eine sichere Versorgung für Konsumenten umso wichtiger", erklärt Gabriele Naderer.
Viele dieser Effekte würden eher unbewusst und intuitiv ablaufen, sagt die Wissenschaftlerin von der Hochschule Pforzheim. Das Phänomen der Begeisterung für einen Lebensmittelmarkt sei nicht mit anderen Branchen, zum Beispiel Hypes um Marken-Klamotten, vergleichbar: „Im Lebensmittelhandel geht es vielmehr darum, dass der tägliche Bedarf aller Zielgruppen garantiert gedeckt werden kann."
Alle Menschen erhielten dort ein garantiertes Angebot. „Das schafft Nähe und Bindung", so Naderer. Dabei sei es manchmal gar nicht ausschlaggebend, welches Geschäft vor Ort diese Versorgung garantiert.
Viele wollen weiter in vertrauter Umgebung einkaufen
Aus einer eigenen Studie erinnere sich die Professorin noch an den Fall eines Baumarktes, bei dem die Marktkette gewechselt habe: „Das war der Versorger in der Region", erläutert sie. Die Kunden seien dem Standort treu geblieben. „Viele haben nicht mal bewusst reflektiert, dass es einen Ladenwechsel gab."
Daran könne man sehen, dass ein Großteil des Einkaufens in Läden des täglichen Bedarfs Gewohnheitssache sei. „Solche Kauf-Akte von Konsumenten sind häufig routiniert, fast schon automatisiert. Viele wollen sich im Laden einfach auskennen, wissen, wo was steht, haben eine Präferenz für Vertrautes."
Das kommt auch dem Globus an der Siemensstraße zugute. Den großen Andrang am Donnerstag erklärt sich Gabriele Naderer vor allem mit intuitiv empfundener Dankbarkeit der Kunden für ein neues Angebot an gewohnter Stelle.
2001 in Witten geboren und schon lange an Politik und Journalismus interessiert. Als echtes Pottkind jetzt für die Ruhr Nachrichten in Castrop-Rauxel und im Dortmunder Westen unterwegs.
