
Baden am Kanal ist offiziell verboten. Laut der Wasserschutzpolizei Duisburg und Sprecherin Jacqueline Grahl ist es eine "Grauzone." © Tobias Weckenbrock/PP Duisburg
Ist Baden erlaubt im Rhein-Herne-Kanal: „Es ist eine Grauzone“
Sommer am Kanal
Gerade an heißen Sommertagen wird der Rhein-Herne-Kanal immer wieder zum Hotspot für Badegäste. Doch ist das Baden dort eigentlich erlaubt? „Es ist eine Grauzone“, sagt die Wasserschutzpolizei.
Sommer, Sonne, Hitze. An Tagen, die durch diese drei Begriffe gekennzeichnet sind, suchen viele Menschen Abkühlung durch das kühle Nass. Immer wieder zieht auch der Rhein-Herne-Kanal, der unter anderem durch Castrop-Rauxel fließt, Badegäste an. Besonders für Jüngere entwickelt sich die Wasserstraße im Sommer zum Bade-Hotspot. Wir haben nachgefragt, wie die rechtliche Lage ist und sind auf verschiedene Aussagen gestoßen.
Der Kanal als Badeort, das beäugen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Schifffahrtsamt in Duisburg kritisch. „Das Baden im Kanal ist verboten“, stellt Ursula Gehrke, Pressesprecherin der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), klar. „Wir wissen natürlich, dass es trotzdem immer wieder gemacht wird, können es aber nicht immer verhindern.“

Gerade an Hitzetagen wie diesem im Juli 2022 springen viele für eine Abkühlung in den Rhein-Herne-Kanal in Henrichenburg. © Tobias Weckenbrock
Stadt könnte Baden erlauben: So ist die Rechtslage
Rechtlich ist es so, dass es bestimmte Stellen gibt, an denen das Baden in Kanälen grundsätzlich verboten ist. Laut Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung gilt das unter anderem für den Bereich von 100 Metern ober- und unterhalb von Brücken sowie an Schleusen und Wehren. Auch an Anlegestellen und im Hafenbereich ist das Schwimmen grundsätzlich gesetzlich untersagt.
Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass das Baden an anderen Stellen erlaubt ist. Die WSV schreibt dazu: „Ob außerhalb dieser Bereiche ein Baden in den Kanälen ausnahmsweise erlaubt ist, ergibt sich aus landesrechtlichen Vorschriften und muss im Zweifel bei den örtlich zuständigen kommunalen Ordnungsbehörden erfragt werden.“
Die Stadt Castrop-Rauxel erklärt auf Anfrage unserer Redaktion, dass sie das Baden am Kanal weder erlaubt oder verboten habe. Da die Stadt es nach geltender Rechtslage aktiv erlauben müsste, ist es also im Bereich des Rhein-Herne-Kanals in Castrop-Rauxel verboten.
Wer kontrolliert die Einhaltung des Verbots?
Wer allerdings die Durchsetzung des Badeverbots kontrollieren muss, ist wiederum ein Stück schwieriger nachzuvollziehen. Die Stadt Castrop-Rauxel teilt unserer Redaktion mit, dass ein entsprechendes Verbot nicht durch das Ordnungsamt kontrolliert werde.
Ursula Gehrke von der WSV erklärt sich das so: „Dass es verboten ist, ist nicht gerade populär. Die Stadt will die Bürger natürlich auch nicht verärgern.“ Sie selbst habe erst neulich wieder eine Tour entlang der Kanäle gemacht und auch wieder Badefreudige gesichtet.
„Die weise ich dann natürlich freundlich auf das Verbot hin“, erzählt Ursula Gehrke. „Aber fünf Minuten später sind die Leute wieder drin. Und wo kein Kläger, da kein Richter.“ Für manche Erwischte bleibt es allerdings nicht bei einem freundlichen Hinweis. Wenn Mitarbeitern der WSV etwas auffalle, würden sie in der Regel die Wasserschutzpolizei verständigen, so Ursula Gehrke.
Wasserschutzpolizei geht nur sanft vor
Die Wasserschutzpolizei kann dann Verwarn- und Bußgelder verhängen, zumindest wenn Menschen aktiv in Verbotszonen hineinschwimmen oder sich Schiffen gefährlich nähern. Für solche Fälle sei dann allerdings wieder die Bußgeldstelle der Kommune, also die Stadt Castrop-Rauxel, zuständig.
Die Wasserschutzpolizei ist Teil des Polizeipräsidiums Duisburg und für die insgesamt rund 900 Kilometer langen Wasserstraßen in NRW zuständig. Mit Schiffstreifen fahren die Beamten die Kanäle ab und schreiten – je nach Schwere des Verstoßes – ein.
Wasserschutzpolizei-Sprecherin Jacqueline Grahl hat aber auch Verständnis für die Badenden: „Es spricht wenig dagegen, wenn da einige am Rand ihre Bahnen ziehen.“ Bei gefährlichem Verhalten müsse man jedoch einschreiten. „Das Springen von Brücken ist zum Beispiel wirklich gefährlich. Das ist nichts, wo wir ein Auge zudrücken.“
Schwimmen im Kanal wird „geduldet“
Dennoch setze die Wasserschutzpolizei vor allem auf Präventionsgespräche. Viele Menschen wüssten zum Teil gar nicht, wie gefährlich das Schwimmen in einer Wasserstraße werden kann. „Wir klären dann erstmal auf, bevor wir direkt mit dem Bußgeld kommen“, so Polizeisprecherin Jacqueline Grahl.
Sie räumt aber auch ein: „Es ist wirklich eine Grauzone. Defacto wird das Schwimmen geduldet.“ Und das, obwohl es nach geltender Rechtslage verboten ist. Solange aber die Schifffahrt nicht beeinträchtigt sei, lässt man es mehr oder weniger so laufen.
„Das können wir aber natürlich nur so lange dulden, so lange nicht wirklich viel passiert“, sagt Jacqueline Grahl. Wenn es mehr Unfälle gäbe oder Schiffskapitäne sich beschwerten, könnte sich das auch ändern. Die Polizistin stellt klar: „Wir wollen wirklich keine Spielverderber sein, aber es ist nun mal teilweise wirklich gefährlich.“
Baden im Kanal kann tödlich enden
Die Gefahren des Badens im Kanal würden von vielen Menschen einfach unterschätzt, so Jacqueline Grahl. Gerade Sog und Wellenschlag der Schiffe könnten starke Kräfte entwickeln. „Für ungeübte Schwimmer kann das richtig gefährlich werden.“
Erst am Freitag (12.8.) ist in der Nähe von Marl ein Jugendlicher in einem Kanal ums Leben gekommen. Der 14-Jährige war beim Schwimmen im Wesel-Datteln-Kanal untergegangen. Rettungskräfte hatten ihn aus dem Wasser gezogen und ins Krankenhaus gebracht. Aber jede Hilfe kam zu spät.
„Die Leute schätzen das einfach falsch ein“, denkt auch Ursula Gehrke von der WSV. „Eine Wasserstraße ist wie 'ne Autobahn – nur für Schiffe. Und auf der Autobahn würde ja auch keiner spazieren gehen.“