Seit Mitte November hat Levi Penell nicht mehr über Castrop-Rauxel geredet. Der TikToker sprach zuletzt über eine Insel mitten im Atlantik, die so gut wie noch nie jemand betreten hat. Er sprach über einen Landstrich in der Wüste zwischen Ägypten und Sudan, der irgendwie niemandem so richtig gehört. Er redete nicht mehr über die „schönste Stadt der Welt“. Doch mit diesem Meme im Oktober 2024 hat der Berliner Castrop-Rauxel zu einer Bekanntheit in der TikTok-Sphäre gemacht. Millionen sahen seine Videos. Es ist der Internet-Moment des Jahres.
Als er am 15. November 2024 zum TikToker des Jahres ernannt wurde, stand Bürgermeister Rajko Kravanja neben ihm auf der Bühne in Berlin. Der überreichte dem „Creator of the Year“ die Trophäe. Das sorgte für Jubel in der Halle und große Freude bei Levi, den Kravanja zweimal fest an sich drückte. Bewegend sprach Penell in seiner Dankesrede über die Notwendigkeit in Zeiten eines Rechtsrucks in Deutschland, nicht zu vergessen, welche Schuld unsere Vorfahren im Holocaust auf sich geladen haben. „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was passiert ist, aber dafür, dass es nie wieder passiert“, zitierte er dabei die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer, die er einst in der 8. Klasse bei einem Zeitzeugen-Gespräch kennenlernte.

Aber wer ist das noch mal, dieser Levi, und was hat er mit Castrop-Rauxel zu tun? „Eine riesige Kampagne wollte ich machen, und zwar eine Kampagne für Castrop-Rauxel. Grund dafür – gibt es nicht. Ich dachte, es wäre lustig, wenn wir alle auf einmal sagen, Castrop-Rauxel ist die schönste Stadt der Welt.“ Mit diesen Worten meldete sich der 24-jährige Influencer Anfang Oktober auf TikTok zu Wort.
Dieses Meme machte die Runde. Denn er ist in der Social-Media-Szene und explizit auf dieser chinesischen Kurzvideo-Plattform schon da ein Star. Im Januar erst begann der Berliner Student, auf TikTok Videos hochzuladen. Die Beschäftigung mit Castrop-Rauxel begann eigentlich erst im Herbst. Vorher und hinterher erzählt er in seinen etwa einminütigen Monologen in die Selfie-Kamera kleine und große Volten aus der Weltgeschichte. Dass Castrop-Rauxel darin auch vorkam: Auf der einen Seite ein Zufall, auf der anderen aber aufbauend auf den Gags, die immer mal wieder zu der Stadt mit dem etwas seltsam klingenden Bindestrich-Namen (Motto: Gibt es das WIRKLICH?) im Netz kursieren.
Weil sich andere TikToker und Instagramer seinem Meme anschlossen, wurde die Nummer immer größer. Auch die Stadt Castrop-Rauxel startete einen eigenen TikTok-Kanal; man hab den Plan für 2025 nun einfach um drei Monate vorgezogen, teilte die Pressestelle mit. Unter anderem lud man Levi ins Rathaus ein.
Der kam am 6. Oktober, einem Sonntag, also nur vier, fünf Tage nach seinem ersten Video, in dem er den Plan zu einer Großplakate-Werbekampagne für Castrop-Rauxel verkündete. Der Witz: Mit ihm kamen rund 400 Menschen, bevölkerten gemeinsam mit Vertretern der Stadt, unter anderem Kravanja, den Ratssaal. Der ernannte Penell kurzerhand zum „Ehrenbotschafter“, ein Titel, den es eigentlich gar nicht gibt. Gefühlt alle Medien in Deutschland berichten in diesen Tagen.

So schnell, wie der Hype kommt, so flacht er auch wieder ab. Für die Verleihung des Preises knapp einen Monat später nimmt Kravanja sich noch mal Zeit, fährt extra nach Berlin und nimmt dieses Stückchen Glanz noch mit. Irgendwie mögen sich die beiden: Demokraten, die vom Werte-Kanon her offensichtlich auf einer Wellenlänge funken.
Einige unserer Leser wundern sich: Wer ist dieser junge Mann? Was soll der ganze Quatsch überhaupt? Und: Gibt es nichts Wichtigeres zu berichten? Doch. Und das tat unsere Redaktion auch. Für viele TikTok-Nutzer in Deutschland war Levi Penell aber der Grund für ihre erste Begegnung mit Castrop-Rauxel. Verbucht unter dem Gesichtspunkt: Stadtmarketing.

TikTok-Star Levi Penell erobert Castrop-Rauxel: Sein Auftritt im vollen Ratssaal im Video
Castrop-Rauxel wird laut SZ „zum TikTok-Meme“: Von guten und schlechten Namens-Kalauern
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