Auf dem Hof Niermann kurz hinter der Stadtgrenze von Ickern zu Waltrop ist es idyllisch. Aber nun gibt es dort reichlich Ärger und Betrugsvorwürfe wegen des Hochzeits-Geschäfts.

© Tobias Weckenbrock

Infotreff im Hochzeits-Drama: Familie Niermann weist alle Schuld von sich

rnHochzeits-Drama

Zwei Stunden dauerte das Infotreffen am Donnerstagabend auf dem Hof Niermann. Zwei Rechtsanwälte versuchten, 30 Geschädigten die Sachlage klar zu machen. Es bleiben aber offene Fragen.

Castrop-Rauxel, Waltrop

, 23.07.2021, 17:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Warum konnte ein ehemaliger Hochzeitsplaner des Waltroper Bauernhofes Niermann Geld bei Brautpaaren abkassieren, ohne dass die Betreiber des Hofes davon wussten? Das ist die entscheidende Frage. Am Donnerstag (22.7.) gab es einen Infoabend für die Geschädigten.

Viele der Brautleute, die auf Hof Niermann feiern wollten, wollten nun vor Ort Infos über das Schlamassel aus erster Hand. Am Ende hatten sich die Paare aber mehr erhofft.

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Ein damaliger Angestellter des Bauernhofes mit der idyllischen Scheune betrog offenbar Dutzende Brautpaare. Er war zuständig dafür, mit ihnen Termine zu fixieren, über den Ablauf ihrer Feier zu sprechen. Bei den Terminen nahm er den Paaren oft auch Anzahlungen ab, die er auf offiziellem Briefpapier des Hofes gegenzeichnete.

In den vergangenen Monaten, die Corona-Pandemie erlaubt ja gerade erst wieder Feiern im größeren Stile, kam es zu zahlreichen Vertragsabschlüssen. Dabei sind nach Recherchen unserer Redaktion Termine zweifach, einer sogar dreifach vergeben worden. Es kann aber nur eine Gesellschaft gleichzeitig hier feiern.

Betreiber bleiben bei ihrer Strategie

Den Mitarbeiter stellte die Betreiberfamilie Niermann vor zehn Tagen frei. Er verleugnet sich seither offenbar gegenüber Brautpaaren. Auch unserer Redaktion gegenüber nahm er nicht Stellung. Bei der Polizei wurde in über 40 Fällen Strafanzeige erhoben. Die Summe der bereits gezahlten Gelder liegt nach Angaben der Polizei bei über 100.000 Euro.

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Die Betreiber des Hofes, Renata und Jodokus Niermann aus Waltrop, blieben auch am Donnerstag bei ihrer Haltung, dass sie für den Schwindel und die Veruntreuung nichts könnten. Um die Probleme zu lösen, holten sie sich anwaltliche Hilfe. Zwei Rechtsanwälte der Castroper Kanzlei Potthoff Kowol & Frankhof führten das Wort beim zweistündigen Treffen, zu dem knapp 30 der geschädigten Paare erschienen.

„Wir haben da alle mehr erwartet“

„Bis auf ein ‚Es tut mir leid‘ kam von Frau Niermann selbst nicht viel“, heißt es von einem der Anwesenden. „Wir haben da glaube ich alle mehr erwartet, und wenn es nur was Abgelesenes gewesen wäre!“ Ein anderer Teilnehmer sagt: „Auf fast alle Fragen wich man aus oder wand sich wie ein Wurm.“ Gebetsmühlenartig und emotionslos sei zwischendurch mal ein „Tut mir leid“ gefallen, aber „was denn nun ist, wenn man trotzdem noch dort heiraten will und dann eventuell Insolvenz angemeldet wird, blieb auch unbeantwortet“.

Das ist für betroffene Brautpaare ebenso entscheidend wie für neue Interessenten. Denn das Hochzeitsgeschäft läuft weiter. Vergangenen Samstag gab es eine Feier und hinterher ein sehr zufriedenes Feedback in einer Bewertung bei Google. Gute Bewertungen gibt es Dutzende. Aber inzwischen auch niederschmetternde.

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„Die Anwälte begannen damit, Familie Niermann sei genauso wie wir Opfer des Betrugs und wir würden alle im selben Boot sitzen“, berichtet ein Teilnehmer der Inforunde von Donnerstag. „Ich glaube, das hat keiner der Anwesenden so empfunden.“ Ein anderer sagt: „Man wollte uns weis machen, dass alle Verträge ungültig seien und man keine Verantwortung für die Taten des Mitarbeiters hätte.“

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Fragen danach, wie es zu alledem kommen konnte, wie man nun konkret vorgehen will, wieso Probeessen und Hof-Rundgänge gemacht wurden, aber keiner der Familie mitbekommen haben wolle, dass da etwas falsch läuft: Sie blieben offen.

Rechtsanwälte streben individuelle Lösungen an

Am Ende des zweistündigen Abends sollten alle ihre Kontaktdaten auf einen Zettel schreiben. Die Anwälte sagten, sie würden sich in der nächsten Woche, spätestens aber innerhalb eines Monats, melden, um eine individuelle Lösung zu finden: Ein Paar, dass die Anzahlung wieder haben wolle, müsse anders beurteilt werden als ein Paar, dass weiterhin hier feiern will, so die Begründung.

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