
© Tobias Weckenbrock (Archiv)
Aus für die „Residenz“ – Gastronomen schockiert: „Es wird was fehlen“
Gastronomie
Eine Institution geht: Die Gastronomieszene in Castrop-Rauxel ist betroffen, dass das Café Hotel „Residenz“ schließt. Und sie befürchtet: Es bleibt nicht bei einem Opfer der Corona-Krise.
Bei Aldo Segat kommt man kaum dazu, zu erklären, warum man ihn anruft, da sagt er schon: „Es ist so traurig, so traurig“. Immer wieder. Der Inhaber des „Il Caffé“ in der Altstadt ist hörbar getroffen von der Nachricht, dass das Café Hotel „Residenz“ zum 18. Januar für immer seine Türen schließen wird. Weil man keine Chance mehr sehe, einen noch längeren Lockdown durchzuhalten.
„Die Residenz ist eine Institution“, sagt Segat. Sie sei etwas Besonderes. Die Atmosphäre dort. Der Inhaber Hans-Joachim Schmale-Baars. „Ein toller Mensch ist das, ein super Gastronom und Fachmann“, sagt Segat. Und nicht zuletzt die Torten und Pralinen, die seien „Champions League“.
Schmale-Baars informierte andere Gastronomen per Postkarte
Das sieht auch Bubi Leuthold, Castroper Ur-Gastronom, so: In der Residenz gebe es „mit Abstand“ die besten Torten und Kuchen, sagt er. Und dazu noch in einer „riesigen Auswahl“, wie seine Tochter, Lilli Leuthold, Inhaberin des „1910“, bemerkt. Beide sind sich einig: „Es wird was fehlen.“
Vom Aus für die „Residenz“ haben Leutholds am Donnerstagmorgen per Post erfahren: Als Geschäftspartner hatte Schmale-Baars ihnen einen Karte geschickt, dass er seinen Betrieb schließen wird. „Überrascht“ habe ihn die Entscheidung, sagt Bubi Leuthold. Und schockiert: „Man fühlt sofort mit, wenn jemand, der solange dabei ist wie der Joachim, sich zu so einem Schritt entschließt“, sagt der Inhaber von „Tante Amanda“ in Dortmund und Mitveranstalter von „Ab ins Zelt“.
Erstes Corona-Opfer – ist das nur der Anfang?
Sicher habe auch das Alter eine Rolle gespielt, vermutet Leuthold. Schmale-Baars ist 64. Doch der Konditormeister begründet die Schließung mit dem langen Lockdown. Daher sei Leutholds zweiter Gedanke auch gewesen: „So, jetzt geht es los, jetzt fängt es an.“ Jetzt fordere Corona die ersten Opfer in der Castroper Gastronomie-Szene.
Auch die Leutholds spürten deutlich, wie „schwierig es ist, durchzuziehen“, sagen sie. Der Sommer sei gut gelaufen, aber das Weihnachtsgeschäft habe man abschreiben können. Und dabei hole man sich dann eigentlich das Polster für die ohnehin mauen Monate zu Anfang des Jahres. „Doch wir werden schon durchkommen, selbst wenn der Lockdown noch länger dauert“ – Bubi Leuthold bleibt Optimist. Und überhaupt: Aufhören könne er noch nicht. Schließlich ist er viel jünger als Schmale-Baars und seine Kinder sind auch mit im Geschäft.
„Il Caffé“-Besitzer denkt nichts ans Aufhören
Aldo Segat dagegen ist schon über 60, wie er sagt. Aber ans Aufhören habe er nicht gedacht bisher. Der Lockdown habe daran nichts geändert. Der Außer-Haus-Verkauf laufe „mit gutem Erfolg“. Zum Glück, sagt Segat, habe er in seinen 20 Jahren als Café-Besitzer so treue Stammgäste gewonnen.

Aldo Segat, Besitzer des „Il Caffé“, hat noch nicht ans Aufhören gedacht. Dass es die „Residenz“ bald nicht mehr geben wird, sei „so traurig“, sagt er. © Uschi Bläss (Archiv)
Auch die staatlichen Hilfen seien bei ihm angekommen. Er wünscht sich, dass alle Gastronomen und Einzelhändler in der Altstadt die Krise durchhalten, hat aber auch Sorge: „Es kommt immer darauf an, wie viele Reserven jemand hat.“ Und ob ein Außer-Haus-Verkauf möglich ist. Kneipen treffe der Lockdown besonders, sagt Leuthold.
Besitzer vom Café „Antik“: Kunden auch mal rübergeschickt
Harald Krawietz, Inhaber des Café „Antik“ und fast direkter Nachbar der „Residenz“, sieht sich noch gut aufgestellt: „Ich habe die Betriebskosten unter Kontrolle“, sagt er. Januar, Februar, März halte er mit staatlicher Hilfe, Kurzarbeit und etwas Außer-Haus-Verkauf durch. Das Weihnachtsgeschäft sei gut gelaufen.
Schmale-Baars habe er nie als Konkurrenten gesehen. Im Gegenteil: Wenn es bei ihm zu voll gewesen sei, habe er die Kunden in die „Residenz“ geschickt. Krawietz treibt eine andere, in diesen Zeiten fast schon Luxus-Sorge um: Er wisse gar nicht, was er machen solle, wenn ehemalige „Residenz“-Kunden zu ihm wechseln: „Das schaffe ich gar nicht, bei mir ist es oft so voll.“
Ist fürs Journalistik-Studium vor 20 Jahren nach Dortmund gezogen und hat danach jahrelang in der Nachrichtenredaktion gearbeitet. Lebt schon lange im Dortmunder Westen und freut sich, hier und in Castrop-Rauxel auch journalistisch unterwegs zu sein.
