
© Thomas Schroeter
Gammelhäuser: Es gibt viele dieser Schandflecken in Castrop-Rauxel
Leerstände
Sie sind ein Schandfleck, vielen ein ständiger Dorn im Auge, stören das Stadtbild: leer stehende, vergammelnde Häuser, Firmengelände und Grundstücke in Castrop-Rauxel. Eine Bestandsaufnahme.
Es gibt in Castrop-Rauxel wie in vielen Kommunen in der Region zwei Arten von Problemen mit Immobilien: Da sind einerseits die Problemhäuser, in denen oft zu viele Menschen unter prekären Bedingungen leben. Die nachhaltigsten Beispiele dafür sind in Castrop-Rauxel zweifelsfrei das Hochhaus an der Langen Straße 107 und der Häuserkomplex an der Wittener Straße in Merklinde, der durch einen massiven Corona-Ausbruch in die Schlagzeilen geraten ist.
Andererseits sind da die vielen leer stehenden Häuser, überwucherten Firmengelände und teils nur notdürftig mit Bauzäunen abgeriegelten Grundstücksbrachen, die an vielen Stellen zwischen Frohlinde im Süden und Henrichenburg im Norden das Stadtbild verschandeln.
Immobilien, die uns lange beschäftigten
Schon fast legendär dabei sind drei Immobilien, über die auch unsere Redaktion in den vergangenen Jahren immer wieder berichtet hat, ohne dass sich am Status-Quo etwas geändert hat:
1. An der Kreuzstraße in Obercastrop gammelt seit mindestens 17 Jahren das Haus 54 vor sich her. „Bis ungefähr Anfang der 90er-Jahre war in dem Haus der Lebensmittelmarkt Biermann“, erzählte ein Anwohner im Jahr 2008, als sich der Leerstand zum fünften Mal jährte. Obwohl die Obercastroper CDU schon damals Alarm schlug, hat sich am Status bis heute nichts geändert.
2. Vergleichbar ist die Situation an der Glückaufstraße 30 in Castrop, wo derselbe Eigentümer wie an der Kreuzstraße 54 sein Haus verkommen lässt. Ohne, dass die Stadt bislang eine wirksame Handhabe hatte. Zum einen hatte sich der Verantwortliche in Richtung spanisches Mittelmeer abgesetzt und war dort gestorben, zum anderen ging von beiden Grundstücken lange keine wirkliche Gefahr aus. Der EUV hat nach langer Recherche zwar zwei Erben ausfindig machen können, an der Situation geändert hat das nichts.
3. An der Bergstraße in Dorf Rauxel schließlich rottet ebenfalls seit ewigen Zeiten ein Hauskomplex vor sich hin. In Sachen Bergstraße hieß es im vergangenen Jahr in der Politik, dass der Eigentümer aufgefordert worden sei, das Gemäuer abzureißen. Dem habe er auch zugestimmt. Passiert ist... nichts, außer das Stadtbaurätin Bettina Lenort jetzt die Info erneuerte. Man sei in gütlichen Gesprächen.
Gammelhäuser findet man auch anderswo
Diese Häuser sind aber längst nicht die einzigen Gebäude in der Stadt, die ganz offensichtlich leer stehen und an denen der Besitzer warum auch immer kein Interesse zu haben scheint. Bei einer kurzen Tour durch die Stadt haben wir allein drei weitere Häuser registriert, die ähnlich marode wirken wie die oben erwähnten drei Gammelhäuser.

An der Wittener Straße 283 in Merklinde verfällt dieses Haus zusehends. © Thomas Schroeter
Das ist einmal, nicht weit von der Bergstraße entfernt, ein Fachwerkhaus an der Amtstraße in Dorf Rauxel. Hinter den blinden Scheiben ist kein Leben zu erkennen, Scheibengardinen hängen schief herunter, der Lüftungsauslass zur Straße hin ist defekt.
Ein weiteres Gammelhaus liegt in Merklinde ebenfalls an der Wittener Straße. Genau gegenüber von der Einfahrt in den Neuen Hellweg liegt das Haus Nr. 283. Die Scheiben im Obergeschoss sind eingeschlagen, Stoff weht heraus. Das Haus steht nicht erst seit gestern leer, das ist klar.
Und auch an der Oststraße kommt man an einem Gebäude vorbei, das seine besten Tage schon lange hinter sich hat. Vis-a-vis der Einfahrt in die Siedlung Deininghausen liegt ein Bauernhaus, dessen Giebel zur Straße hin nicht mehr existent ist, das durch einen Bauzaun gesichert ist. Denn die Einsturzgefahr ist offensichtlich.

Ein abrissreifes Gebäude steht seit Jahren auch an der Oststraße gegenüber der Einfahrt in die Deininghauser Siedlung. © Thomas Schroeter
Rütgers-Siedlung verkommt seit Jahren
Und so könnte man in ganz Castrop-Rauxel weitere Beispiele solcher Häuser finden, die aufgegeben wurden. Entweder ist der Abriss zu teuer oder die Erbschaftsfrage ist nicht geklärt oder das Gebäude dient als Abschreibungsobjekt.
Eine ganze Reihe solcher Häuser sind im Besitz der Rütgers Gemany GmbH. Zwischen dem Kreisel Siemensstraße und der Petrikirche verbirgt sich hinter teils dichtem Grün, gesichert durch Zäune und mit Warnschildern versehen, an der Wartburgstraße mindestens 100 Jahre alte Wohnhäuser. Leer stehend wohlgemerkt.
Eine Zukunft als Wohnhäuser haben sie nicht, das betonte Rütgers-Geschäftsführer Bram D’hondt im März. Warum das Unternehmen die Häuser verkommen ließ, was aus dem Areal wird? Ungeklärt. Man befinde sich in Gesprächen, so heißt es. Auch die Stadt konnte oder wollte sich nicht äußern.
Rechnet man noch Brachflächen wie die an der Bahnhofstraße in Rauxel hinzu, wo die ehemalige Tankstelle seit Jahren vor sich hin verfällt und eine Nachnutzung immer noch nicht in Sicht ist, gibt es in der Stadt viele weitere Immobilien.
Zu nennen sind das von Bauzäunen umgebene Gelände an der Dortmunder Straße in Frohlinde, wo ebenfalls lange Jahre eine freie Tankstelle gestanden hat. Oder der ins Auge fallende und ständig weiter verfallende Gewerbekomplex an der Klöcknerstraße unmittelbar hinter dem Ochsenkamp. Oder, oder, oder...

Ein Gewerbe-Leerstand in Zeiten von hoher Nachfrage nach Flächen in Castrop-Rauxel ist an der Klöcknerstraße angesiedelt. © Thomas Schroeter
Helfen Sie mit: Wo sind die Gammelhäuser?
Der Stadt, so wird der Redaktion bei jeder Anfrage geantwortet, seien zumeist die Hände gebunden. Bürgermeister Rajko Kravanja dazu in einer Sitzung des EUV-Verwaltungsrates: „Bis wir einschreiten können, muss eine Gefahrensituation vorliegen.“ Die CDU möchte jetzt, dass all solche Problemhäuser dokumentiert werden.
Dem möchten wir vorgreifen und bitten darum unsere Leser in Castrop-Rauxel um Unterstützung: Schicken Sie uns doch bitte eine Mail, wenn Sie weitere leer stehende Häuser, ungesicherte Grundstücke und andere leere Immobilien-Schandflecken in ihrem Umfeld kennen. Bitte nennen Sie Straße und Hausnummer des Gammelhauses, schreiben dazu, was Sie zum Objekt wissen und fügen Sie ein Foto bei und schicken das Paket per Mail an thomas.schroeter@lensingmedia.de.
Wir werden die Häuser dokumentieren und die Stadt um Stellungnahme zu den Beispielen bitten.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
