Nach der Massenschlägerei in Castrop-Rauxel Beruhigte ein Friedensgipfel die Lage?

Beruhigte ein Friedensgipfel die Familienfehde der Clans?
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Der Familienstreit von Castrop-Rauxel von Dienstag (13.6.2023) mit folgender Massenschlägerei von Donnerstag auf der Wartburgstraße, einem K+K-Parkplatz und einem Kreisverkehr setzte sich Freitag in Essen fort. Dort soll es auch zu einer vorübergehenden Beilegung gekommen sein. Internetvideos aus Recherchen von Spiegel-TV und dem WDR sollen belegen, dass es dort auch einen Friedensgipfel in einer Moschee gegeben haben soll.

Nach den Recherchen sind zwar noch viele Fragen offen, aber es zeichnet sich folgendes Bild ab: Es gibt Führer aus Syrien und dem Libanon, die ihre Anhänger aufgefordert haben, den Streit auf ihre Art zu führen. Auf der anderen Seite stehen Polizisten, die erklären, dass eine Deeskalation der Lagen zunächst Vorrang gehabt habe vor Ermittlungs-Aktivitäten.

Am Sonntagabend soll es nach übereinstimmenden Recherchen einen Friedensgipfel in einer Moschee in Altenessen gegeben haben. Der Clan-Experte Ralph Ghadbhan sagte dem WDR, die Familien hätten dort beschlossen, die Situation vorerst zu beruhigen und offen ausgetragene Konflikte zu stoppen. Ein Waffenstillstand sei das aber noch nicht.

Die Vorgeschichte aus Castrop-Rauxel sei, dass mehrere Libanesen einen Syrer geschlagen und seine Frau malträtiert haben sollen. Die libanesische Familie sei seit Jahrzehnten in Castrop-Rauxel, die syrische erst vor wenigen Jahren gekommen.

„Ich sage nur das, womit Allah einverstanden wäre.“

Das syrische Familienoberhaupt aus einem Beduinenstamm im Osten des Landes sagte in einer Videobotschaft via TikTok nach Spiegel-TV-Übersetzung: „Der Frau wurde auf den Kopf geschlagen. Ich sage hier die Wahrheit und bin bereit, das hier zu bezeugen. Ich sage nur das, womit Allah einverstanden wäre. Und Allah sagt im Koran: ‚Greift diejenigen, die euch angreifen, genauso stark an wie sie euch angreifen.‘ Der Koran, die Tradition des Propheten, und die Bräuche unseres Stammes – das sind unsere Richtlinien.“

Auf der Gegenseite habe das eine Generalmobilmachung bei den Libanesen in Essen am Freitag ausgelöst. Hunderte marschierten dort auf und zogen durch die Nordstadt. Ein Oberhaupt der Libanesen namens „ZaimNabil“ äußerte sich demnach in einer Botschaft auf TikTok: „Zwei Sätze. Entweder ihr zieht euch zurück, oder wir treffen euch auf dem Schlachtfeld. Überall, wo ihr wollt. Egal wo. Sei es in Gelsenkirchen, in Essen oder in Dortmund. Überall da, wo unsere Stammesmitglieder leben.“

Das Hauptquartier der Libanesen sei eine Shisha-Bar im Essener Norden. Samstagabend hätten sich dort wieder viele Männer versammelt, nachdem sie am Freitagabend das Interieur einer syrischen Bar vor den Augen der Polizei auseinandergenommen hätten.

Die Polizei brauche die gleichen Ermittlungs-Werkzeuge wie bei der Mafia, forderte ein Sprecher des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei sagte: „Wenn wir als Polizisten einschreiten, sind sofort 50, 100 oder 200 Leute vor Ort und schüchtern die Polizisten ein.“

Polizei: Verstärkte Präsenz

Die Polizei arbeitet seit den Vorfällen von Donnerstag in Castrop-Rauxel mit verstärkter Präsenz in der Europastadt. Freitag konnte so eine Eskalation an der Wittener Straße in Merklinde verhindert werden. Am Wochenende und zu Wochenbeginn blieb es so laut Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber ruhig.

Donnerstag stellte die Polizei in Zusammenarbeit mit einer Hundertschaft bei 52 Beteiligten die Personalien fest. Am Freitag wurden in Castrop-Rauxel über 100 Personen erkennungsdienstlich behandelt. Die 19-köpfige Mordkommission „Wartburg“ ermittelt nun.

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