Folgen des schweren Hauswand-Crashs in Castrop-Rauxel Ein Blick hinter die Löcher in der Wand

Folgen des Hauswand-Crashs: Blick hinter die Löcher in der Wand
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Vom Bürgersteig aus ist von dem großen Hauswand-Crash an der Kreuzung Katharinenstraße / Franzstraße nicht mehr viel zu erkennen. In der Nacht zum 7. April ist ein Auto mit großer Kraft zuerst gegen Mülltonnen-Boxen aus Waschbeton am Straßenrand und schließlich direkt in die Hauswand gekracht und hat großen Schaden angerichtet. Das Loch, das seitdem in der Wand der Erdgeschosswohnung klafft, ist durch eine Sperrholzplatte verdeckt. Selbiges gilt für den rechten Teil der gläsernen Tür des Nachbarhauses, der von mit großer Kraft herumfliegenden Trümmern zerstört wurde. Rotweiße Barken stehen da, wo vor Kurzem noch die Mülltonnen-Boxen gestanden haben müssen.

Noch etwas lässt darauf schließen, dass der Unfall, der bundesweit für Aufsehen gesorgt hat, noch auf vielfältige Weise nachwirkt: Es wuselt auch bei unserem Besuch neun Tage später noch eine ganze Menge an Menschen vor den beschädigten Häusern herum.


In die Wand dieses Zimmers krachte in der Nacht zum 7. April ein Mercedes. Stützen wurden zur Stabilisierung eingebaut.
In die Wand dieses Zimmers krachte in der Nacht zum 7. April ein Mercedes. Stützen wurden zur Stabilisierung eingebaut. © Tewe Schefer

Versicherungen und Handwerker gefragt

Einige der Personen haben Klemmbretter dabei und sind offenbar beruflich hier. Andere beantworten die Fragen eben jener Menschen. Wie sich herausstellt, ist gerade unter anderem eine Fensterbau-Firma vor Ort. Am Tag nach dem spektakulären Unfall waren die zerbrochenen Fenster des unmittelbar von dem Mercedes getroffenen Hauses von Mitarbeitern einer beauftragten Firma auf einen Anhänger geladen und weggebracht worden. Die Wand inklusive der Fenster muss erneuert werden.

Die Eigentümerin einer der Wohnungen im Haus erklärt uns, dass die Versicherung den Schaden offenbar trotz des ungewöhnlichen Vorfalls vollständig übernehmen werde – niemand der Bewohner müsse mit dem eigenen Geld in Vorleistung gehen. Da sie mit dem Eigentümer der Erdgeschosswohnung verwandt ist, kennt sie den aktuellen Stand genau. Sie vermute, dass die Versicherung versuchen werde, das Geld von einer Versicherung des Unfallfahrers zurückzubekommen – sofern diese vorhanden sei.

Ein Foto einer Anwohnerin zeigt, wie der Mercedes am Morgen nach dem Unfall abgeschleppt wurde.
Ein Foto einer Anwohnerin zeigt, wie der Mercedes am Morgen nach dem Unfall abgeschleppt wurde. © Bianca Rohmann

„Heizung muss durchs Zimmer geflogen sein“

Sie wolle nicht namentlich oder mit einem Foto in den Medien erscheinen, sagt die Frau. Durch den Unfall habe sie ohnehin schon so viel um die Ohren. Trotzdem gestattet sie uns mit Erlaubnis des Eigentümers den Eintritt in die Erdgeschosswohnung mit dem großen Loch in der Wand. Nach dem Schritt durch die Wohnungstür muss man bloß links abbiegen – schon steht man am Eingang zu dem Zimmer, das durch den einschlagenden Mercedes verwüstet wurde. Es habe hier ausgesehen, wie auf Videoaufnahmen, die man aus Kriegsgebieten wie der Ukraine kennt, sagt sie. „Die Fenster waren zerbrochen. Die Heizung muss durchs Zimmer geflogen sein, genauso wie Trümmerteile.“

Glas- und Waschbeton-Splitter flogen in Folge des Unfalls durch das Treppenhaus von Bianca Rohmann.
Glas- und Waschbeton-Splitter flogen in Folge des Unfalls durch das Treppenhaus von Bianca Rohmann. © Bianca Rohmann

Dunkler Raum und massive Stützen

Die Firmen, die mit den Aufräumarbeiten betraut waren, haben ganze Arbeit geleistet. Das Zimmer, das als Esszimmer und Gymnastikraum genutzt wurde, wirkt ordentlich. Nur der Boden ist staubig. Im Staub sind klar umrissene Schuhabdrücke zu erkennen. Es hängen Bilder an den Wänden und einzelne Möbelstücke sind erhalten geblieben. Der Raum liegt allerdings im Dunkeln. „Wir dürfen hier kein Licht anmachen – aus Sicherheitsgründen.“ Schließlich sei auch die Elektrik betroffen gewesen.

Mithilfe einer Lampe, die in einer Steckdose im Flur steckt, kann das Zimmer beleuchtet werden. Das Licht offenbart den Blick auf massive hölzerne und metallene Stützen. Die waren noch in der Nacht des Unfalls aufgebaut worden, um das Haus zu stabilisieren. „Zum Glück wurde nicht die Wand zur Küche getroffen“, sagt die Anwohnerin. „Dann hätten wir wohl umziehen müssen – das ist nämlich eine tragende Wand.“ Ein Blick in die direkt angrenzende Küche zeigt: Hier ist alles an Ort und Stelle geblieben. Sieht man sich in diesem Raum um, wirkt es, als wäre überhaupt nichts Besonderes passiert.

Trümmerteile aus Waschbeton schossen durch eine gläserne Haustür und richteten Schaden in einem Treppenhaus an.
Trümmerteile aus Waschbeton schossen durch eine gläserne Haustür und richteten Schaden in einem Treppenhaus an. © Tewe Schefer

Nicht nur materielle Folgen

Die Tage seit dem Unfall seien kräftezehrend gewesen, beschreibt die Anwohnerin. Zum einen sind da die Erinnerungen an die Nacht selbst. Der Mann, der als Gast in einem Schlafzimmer der direkt getroffenen Wohnung übernachtet hatte, habe alle im Haus geweckt. „Er dachte zuerst, es brennt.“ Im ersten Moment schien der Gedanke auch logisch – schließlich hatte der aufgewirbelte Staub den Rauchmelder ausgelöst. Zuerst bestand die Befürchtung, dass das Gebäude so stark beschädigt wäre, dass sie und ihr Mann für längere Zeit ausziehen müssten.

Die Aufräumarbeiten, die Gespräche mit Versicherungen und Handwerkern – all das koste Kraft. Auch störe es sie, dass immer noch Leute zur Unfallstelle kämen, um sich selbst einen Eindruck zu verschaffen. Dass sie uns in die Wohnung lässt, sei eine Ausnahme.

Neuer Eingangsbereich?

Im Eingangsbereich des Nachbarhauses stehen die Bewohnerin Bianca Rohmann und der Eigentümer des Hauses. Zwar ist das Auto nicht in ihr Haus gekracht, dafür hagelten aber Trümmerteile der Müllboxen aus Waschbeton mit großer Kraft durch die gläserne Haustür bis ins Treppenhaus. Löcher in den hölzernen Stufen zeugen von der Wucht, mit dem die Teile einschlugen. In der Wand glitzert noch so mancher Glassplitter. Die Haustür ist temporär mit einer Platte abgedeckt. Der gläserne Teil der Eingangsüberdachung ist zersprungen. Die Risse formen eine Art Spinnennetz. Auch hier klappe es mit der Versicherung gut, sagt der Hauseigentümer. „Der Schaden wird übernommen.“ Laut Bianca Rohmann sieht es so aus, als würde das Haus einen komplett neuen Eingangsbereich bekommen – samt Tür, Überdachung und Treppe. „So gesehen hätte das Ganze für uns am Ende sogar etwas Gutes.“

Dem Fahrer auf der Spur

Die Polizei ist dem Verursacher des Unfalls auf der Spur. Der Fahrer wollte kurz vor dem wuchtigen Aufprall einer Polizeikontrolle in der Innenstadt entkommen. Die Flucht endete mit dem beschriebenen Knall. Nach jetzigem Ermittlungsstand gehen die Polizisten davon aus, dass zwei Personen in dem Mercedes saßen. Keine von ihnen war vor Ort anzutreffen. Die Beamten ermitteln wegen des Verkehrsunfalls und wegen des Straftatbestands der Verkehrsunfallflucht. Nach Auskunft von Andreas Lesch, Sprecher des Polizeipräsidiums Recklinghausen, ist der Halter des Mercedes auch der Fahrer gewesen.