Ex-Bürgermeister und Tierschutz-Chef verurteilt Beisenherz kündigt Berufung an und schweigt

Ex-Bürgermeister verurteilt: Beisenherz kündigt Berufung an und schweigt
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Das Amtsgericht hat in dieser Woche den ehemaligen Castrop-Rauxeler Bürgermeister Johannes Beisenherz und eine Vorstandskollegin im Tierschutzverein zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Vorsitzende des Tierschutz Castrop-Rauxel e.V. war von 2004 bis 2015 Bürgermeister für die SPD.

Gegenüber unserer Redaktion bestätigte er die mündliche Verhandlung, wollte aber zum Urteil keine Stellungnahme abgeben. Das gelte auch für die Mitverurteilte, so Beisenherz Mittwochvormittag am Telefon. Sie würden gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil in Berufung gehen. Dafür haben sie seit der mündlichen Verhandlung am Montag (15.1.2024) eine Woche Zeit.

Es steht in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Tierschutzverein, der in Castrop-Rauxel das Tierheim am Deininghauser Weg betreibt und Fundtiere für die Städte Castrop-Rauxel, Herten und Waltrop aufnimmt. In diesem Gerichtsverfahren, das seinen Ursprung in einer seit 2020 andauernden Auseinandersetzung hatte, geht es um Mischlings-Hund Merlin.

Im Februar 2016 war Beisenherz vom Vorstand zum kommissarischen Vorsitzenden ernannt, nachdem Roswitha Heise nach jahrelangen Querelen im Verein zurückgetreten war. Zu dem Zeitpunkt war Beisenherz Beisitzer, tauschte den Posten mit Roswitha Heise und sagte, er wolle „die Sache auf den richtigen Weg bringen“. Später wurde er von der Mitgliederversammlung im Vorsitz bestätigt.

Unter Beisenherz kam das Tierheim zwar nach außen hin zur Ruhe. Doch im Innern gab es weiter Streitereien von verschiedenen Ehrenamtlichen mit dem Vorstand. Zuletzt wurde Ärger um die richtige Behandlung und die Zuständigkeiten um Hund Gaya öffentlich. Diskussionen wurden zum Teil auch halb-öffentlich über Facebook geführt und ausgetragen. Auch das Veterinäramt des Kreises Recklinghausen ermittelte.

Der Mischling Merlin kam mit großen gesundheitlichen Beschwerden ins Tierheim Castrop-Rauxel. Seinetwegen wurde Johannes Beisenherz nun vor dem Amtsgericht zu 10.000 Euro Geldstrafe, seine Vorstandskollegin sogar zu 12.000 Euro verurteilt.
Der Mischling Merlin kam mit großen gesundheitlichen Beschwerden ins Tierheim Castrop-Rauxel. Seinetwegen wurde Johannes Beisenherz nun vor dem Amtsgericht zu 12.000 Euro Geldstrafe verurteilt. © privat

Zuspruch erhielt der amtierende Vorstand immer wieder vom Organisator der Arbeitsgemeinschaft Tierheime NRW, Detlef Fohlmeister. Die überwiegende Anzahl der anderen Mitgliedsvereine der AG wollten den Tierschutz Castrop-Rauxel aber zuletzt nicht mehr dabei haben. Hier war Kritik laut geworden am Verhalten des Tierschutzvereins, der die Stadt Herten als neue „Kundin“ für die kommunale Pflichtaufgabe der Aufnahme von Fundtieren aufnahm, nachdem es zwischen der Stadt Herten und dem Tierheim Recklinghausen keine erfolgreiche Übereinkunft über eine weitere Zusammenarbeit gegeben hatte.

In diesem Gerichtsprozess, der am Montag in Castrop-Rauxel mündlich verhandelt wurde, ging es aber um Merlin, dessen Besitzerin im August 2020 ins Krankenhaus musste. Darum kam die Mischlings-Hündin ins Tierheim. Der Vorstand des Tierschutzvereins erkannte damals eine schwere Erkrankung des Tieres, zum Teil auch zurückzuführen auf eine unsachgemäße Pflege.

Erst wollte die Betreuungsperson der Eigentümerin den Hund zurück, dann kam das Veterinäramt, später sogar der Gerichtsvollzieher. Doch der Vorstand des Tierschutzvereins gab Merlin nicht heraus, versteckte ihn sogar vor den Behörden und der Justiz. Selbst ein zivilrechtliches Berufungsverfahren vor dem Landgericht bestätigte, dass der Verein den Hund herausgeben müsse. Doch er tauchte seither nicht mehr auf, so die Gerichts-Direktorin jetzt. Die beiden Angeklagten schwiegen am Montag vor Gericht dazu, sagte sie unserer Redaktion.

Das führte zu einem verschärften Urteil des Richters: Er verurteilte die Angeklagte wegen veruntreuender Unterschlagung zu 120 Tagessätzen a 100 Euro, den Angeklagten Johannes Beisenherz zu 100 Tagessätzen a 100 Euro. Die einfache Unterschlagung sieht im Strafrecht eine Freiheitstrafe bis drei Jahre oder Geldstrafe vor, die Unterschlagung nach einem Anvertrauen bis fünf Jahre oder Geldstrafe.

Die Begründung des Amtsrichters: Der Vereinsvorstand wehrte sich aktiv gegen behördliche Anordnungen und eine zivilgerichtliche Entscheidung. Die Besitzerin des Hundes, die geistig beeinträchtigt war, sei eng mit Merlin verbunden gewesen. Nach Aussage ihres Bruders vor Gericht sei der Hund für sie wie ein Lebenspartner gewesen. Gerichts-Direktorin Yvonne Schmuck-Schmiedel sagte jetzt gegenüber unserer Redaktion: „Die Frau starb im November 2023, ohne zu wissen, was je mit dem Hund geschehen ist.“ Der Vereinsvorstand sagt, niemand außer ihnen habe sich um das Wohl des Hundes gekümmert. Beisenherz sagte Mitte Februar 2021: „Hätten wir den Hund herausgegeben, hätten wir uns der Beihilfe zum Tierschutzverstoß schuldig gemacht.“ Wenige Tage vorher soll Merlin durch eine Verkettung unglücklicher Umstände entwischt sein.

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