1,80 Meter Durchmesser haben die Betonröhren für den Umbau des Landwehrbachs.

1,80 Meter Durchmesser haben die Betonröhren. Jetzt ist es der Arbeitsplatz des EUV, später fließt hier das klare Wasser des Landwehrbachs. © Ronny von Wangenheim

Unter dem Gondelteich in Castrop: Einblick in Millionenprojekt des EUV

rnEUV Stadtbetrieb

Betonröhren bilden gerade den tiefsten Arbeitsplatz in Castrop-Rauxel. Knochenarbeit ist gefragt, wo später der Landwehrbach fließt. Wir haben ein Millionen-Projekt unter der Erde besichtigt.

Castrop-Rauxel

, 01.07.2022, 19:32 Uhr

Eine schmale eiserne Treppe führt steil zehn Meter in die Tiefe. Manchmal schwankt das Gerüst unter den Tritten. Es ist der Weg hinunter zu einer Baustelle des EUV Stadtbetriebs. An der Schillerstraße am Rande des Stadtgartens gibt es am Mittwoch (29.6.) die Chance, hineinzugehen in das 17-Millionen-Euro-Projekt. Es ist das umfänglichste, das der EUV jemals realisiert hat.

Unten angekommen in der Baugrube zeigen sich zwei Betonröhren, 1,80 Meter im Durchmesser. Im matschigen Boden steht ein Stuhl, der hoffentlich kein Pausenplatz ist. Die Röhren sind der Arbeitsplatz für das Bauteam, das den Umbau des Landwehrbachs vorantreibt. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Zehn Meter tief ist die Baugrube am Stadtgarten.

Zehn Meter tief ist die Baugrube am Stadtgarten. © Ronny von Wangenheim

Meter für Meter werden diese Röhren unterirdisch vorgetrieben, einmal quer unter der Altstadt. 1150 Meter Strecke sind fertig. 350 Meter fehlen noch. Irgendwann wird hier klares Wasser des Landwehrbaches hindurchfließen. Schmutzwasser und Reinwasser zu trennen, die noch gemeinsam durch den verrohrten Landwehrbach fließen – das ist eines der Ziele. Neben der ökologischen Aufwertung geht es außerdem um Hochwasserschutz für die Altstadt.

Betonröhren verlaufen direkt unter dem Gondelteich

Bauleiter Michael Friedrich ist größer als 1,80 Meter. Entsprechend gebückt führt er hinein in die Röhre. Ja, das sei Knochenarbeit, sagt er. Und dass es jetzt bei den hohen Temperaturen hier unten kühl ist, ist wahrscheinlich nur ein kleiner Trost. In Doppelschichten von 6 bis 22 Uhr wird hier gearbeitet. Zwischen sechs und zehn Metern Strecke schafft man jeden Tag, wenn alles gut geht.

Bauleiter Michael Friedrich (mit Warnweste) erläutert die Arbeiten für den ökologischen Umbau des Landwehrbachs.

Bauleiter Michael Friedrich (mit Warnweste) erläutert die Arbeiten für den ökologischen Umbau des Landwehrbachs. © Ronny von Wangenheim

Noch ein paar Schritte weiter, dann wären wir direkt unter dem Gondelteich. Der ist trockengelegt, auf der rissigen Erdschicht wächst schon allerlei. Um ihn geht es auch bei der Besichtigung und später bei der Bürgerversammlung, zu der die SPD Obercastrop eingeladen hat.

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Der riesige Umbau startete im März 2021 an der Herner Straße. Michael Friedrich erzählt, wie weit sie gekommen sind. Erzählt von der Strecke unter dem Erin-Gelände, als die Mitarbeiter in Schutzanzügen und mit Atemmasken arbeiten mussten, „immer dann, wenn es anfing zu stinken“. Hier stießen sie häufig auf Fundamente, die per Hand abgebaut werden mussten. „Das ist harte Arbeit“, sagt er.

Wegen hohen Gundwasserstands braucht es eine Druckluftkammer

Er erzählt, wie es „ganz knapp“ an einem Haus an der Schillerstraße vorbeiging, sodass extra für dessen Standsicherheit gesorgt werden musste. Und dass der hohe Grundwasserstand Schwierigkeiten machte. Deshalb gibt es für die Arbeiter in der Röhre eine Schleuse und eine Druckluftkammer als Schutz, damit sie nicht vom Wasser überrascht werden können.

Hier im Schacht an der Ecke Schillerstraße und Glückaufstraße treffen zwei Betonröhren ein. Die eine kommt aus Richtung Erin-Park und Schillerstraße, die andere vom anderen Ende des Stadtgartens schräg unter dem Gondelteich hindurch. Weitestgehend sind hier die Arbeiten abgeschlossen. Jetzt wird noch ein Schachtbauwerk für die Revision eingebaut. Sechs bis acht Monate wird es noch dauern, bis hier an der Stelle fast nichts mehr zu sehen ist. Im Sommer 2023 soll alles fertig sein.

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Noch fehlen 350 Meter unter der B235 hindurch und unter der Emschertalbahn bis zur Rennbahn. Wegen der Bahn wird es nochmal spannend, sagt Friedrich. Dort sei ein 24-Stunden-Betrieb notwendig, und eine Überwachung der Bahngleise.

Vermessungstrupp muss immer wieder genauen Verlauf prüfen

Der Bauleiter beschreibt, wie die Röhren vorangetrieben werden. Vorne ist ein Schneidschuh. „Jeder kennt eine medizinische Spritze, die vorne leicht angeschrägt ist. So etwa sieht die Schneidmaschine aus“, sagt er und lacht: „Nur größer.“ Wer ans andere Ende des Stadtgartens geht, kann die Maschine hinter dem Bauzaun sehen. Und wer hineinschaut, sieht einen Sitz und kann sich mit etwas Phantasie vorstellen, wie der Arbeitsalltag dort aussieht.

Der Arbeitsplatz am Schneidschuh. Von dieser Maschine aus wird der Boden für die Rohre ausgeschnitten und abtransportiert.

Der Arbeitsplatz am Schneidschuh. Von dieser Maschine aus wird der Boden für die Rohre ausgeschnitten und abtransportiert. © Ronny von Wangenheim

Die Maschine, so erzählt es der Bauleiter, wird in den Boden geschoben, durch die Schneide wird der Boden geschnitten und fällt dann ins Rohr. Ganz vorne an der Spitze baggert ein Mitarbeiter der beauftragten Firma mit einer Zughacke den Boden auf ein Förderband. Von dort geht es in eine Lore, die über ein Stahlseil bis zum Schacht gezogen wird.

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Das Gefälle, so informiert Michael Friedrich weiter, liegt zwischen 2 und 18 Millimetern auf ein Meter. Und das auf der gesamten Strecke. Gesteuert wird am Schneidschuh. Alle 40, 50, 70 Meter müsse deshalb ein Vermessungstrupp in die Rohre gehen, um zu sehen, dass die Maschine richtig justiert ist. „Je länger die Strecke wird, desto anstrengender. Da ist man schon mal einen ganzen Tag mit Messen beschäftigt.“

Bürgerversammlung der SPD Obercastrop dreht sich um Gondelteich

Gemeinsam mit EUV-Vorstand Michael Werner geht es wieder rauf. Dort warten 25 Bürger, die der Einladung der SPD Obercastrop zu Ortstermin und Bürgerversammlung gefolgt sind. Michael Friedrich und Michael Werner erläutern auch hier die größte ökologische Umbaumaßnahme des EUV. SPD-Fraktionsvorsitzender Daniel Molloisch war vorher ebenfalls in die Baugrube gestiegen.

Daniel Molloisch hatte für die SPD Obercastrop Bürger an die Baustelle eingeladen. Vorher ging er auch in eine der Betonröhren.

Daniel Molloisch hatte für die SPD Obercastrop Bürger an die Baustelle eingeladen. Vorher ging er auch in eine der Betonröhren. © Ronny von Wangenheim

Direkt neben ihr ist eine zweite Baugrube, die nichts mit dem Bach-Umbau zu tun hat. Hier wird eine Hochwasserentlastung eingebaut für den Fall, dass der Obercastroper Bach bei einem Starkregen den Gondelteich überlasten würde. Demnächst wird das Hochwasser dann in einen Kanal abgeleitet.

Die SPD Obercastrop lud Bürger an die Baustelle des Umbaus Landwehrbach im Stadtgarten ein.

Die SPD Obercastrop lud Bürger an die Baustelle im Stadtgarten ein. Hier ist der unterirdische Vortrieb für den Umbau des Landwehrbaches angekommen. © Ronny von Wangenheim

Und was passiert mit dem Gondelteich? Michael Werner bestätigt, dass der Teich ausgebaggert werden soll. Das Erd-Material könne woanders eingesetzt werden. Ein Teil soll im Goldschmiedingpark eingesetzt werden, berichtet Michael Friedrich.

Infotafeln könnten über das größte Bauprojekt des EUV informieren

Könnte es eine auch Fontäne geben? Darüber wird bei der Bürgerversammlung diskutiert, die anschließend noch im Brauhaus Rütershoff weitergeführt wird. Sie wäre nicht nur attraktiv, sondern könnte den Teich auch mit Sauerstoff versorgen. Das käme den Fischen zugute, fasst Daniel Molloisch zusammen. Wegen des ökologischen Nutzens könne es vielleicht gelingen, Sponsoren zu finden.

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Noch eine Idee wird entwickelt: Wenn das Projekt fertig ist und im Stadtgarten bis auf die Eingänge zum Revisionsschacht nichts mehr davon zu sehen ist, könnte die Maßnahme nachträglich auf Infotafeln erläutert werden, berichtet Daniel Molloisch aus der Diskussion. Verbunden werden könnte das mit Informationen über den Stadtgarten. Der besteht in diesem Jahr immerhin seit genau 90 Jahren.