Bäckerei Vieting geschlossen Mittwoch beschloss der Chef: Es geht nicht mehr

Bäckerei Vieting schließt: Mittwoch entschied der Chef: Es geht nicht mehr
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Die alteingesessene Handwerksbäckerei Vieting hat geschlossen. Am Samstag (28.1.) war der letzte Verkaufstag an der Ickerner Straße. Der Bäckermeister Mitja Wolf (33) verkündete seinen zehn Mitarbeitern das Ende am Donnerstag. Er selbst fasste die Entscheidung am Mittwoch.

Als Grund gab er am Freitagmorgen gegenüber unserer Redaktion die Preise auf dem Einkaufsmarkt an: „Es rentiert sich nicht mehr. Es kommen täglich per E-Mail Preiserhöhungen rein“, sagte Mitja Wolf am Telefon. Er könnte die Preise im Einkauf für Rohstoffe wie Mehl, Butter, Zucker und Co. nicht mehr an die Kunden weitergeben.

Von der Schließung betroffen ist der Bäckermeister selbst, mit ihm vier angestellte Bäcker und vier Beschäftigte im Verkauf sowie zwei Liefer-Fahrer. Unter den Mitarbeitern herrschte nach Aussage des Bäckermeisters Mitja Wolf Verständnis für die Entscheidung, aber es gab auch Missstimmung: Wie kann man diesen Schritt so kurzfristig mitteilen? Wir haben sie an ihrem vorletzten Arbeitstag in der Backstube besucht. Eine Auszubildende hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine neue Stelle gefunden.

Die Beschäftigungsverträge wolle Wolf jetzt kündigen, ebenso wie den Mietvertrag. Er selbst machte deutlich, dass er einfach nicht mehr könne: „Endlich mal ausschlafen“, sagte er gegenüber unserer Redaktion, das sei nun möglich.

Bäckereien kämpfen seit Monaten mit der Energiekrise: In der Bäckerei Vieting in Ickern blieb vergangenen Herbst als Protest an einem Tag das Licht aus. Nun ist komplett Schluss.
Bäckereien kämpfen seit Monaten mit der Energiekrise: In der Bäckerei Vieting in Ickern blieb vergangenen Herbst als Protest an einem Tag das Licht aus. Nun ist komplett Schluss. © Tobias Weckenbrock

Fest steht, dass die gesamte Belegschaft inklusive Bäckermeister tieftraurig sind. Das verschärfte sich noch, als in der Nacht zu Samstag zum letzten Mal gebacken wurde in der Backstube hinter dem Geschäftslokal. Danach öffnete Vieting noch ein letztes Mal. Am Samstagnachmittag gingen die Lichter für immer aus.

Das Gespräch zu den anderen beiden Handwerksbäckern Auffenberg und Kortmann habe Wolf jetzt nicht mehr gesucht. Ob man gemeinsam etwas hätte drehen können, ist aber auch vollkommen offen. Im Herbst vergangenen Jahres hatten die drei Bäcker aus Ickern noch gemeinsam auf ihre Probleme aufmerksam gemacht: „Licht aus“ hieß die Aktion, bei der sie sich beteiligten – wenn sich nichts ändert, geht bei uns das Licht aus, sollte das heißen. Von der Vieting-Schließung zeigten sich auch Isabel und Alexander Auffenberg – also die direkte Bäckerei-Konkurrenz – bestürzt. Auch der Vorsitzende des Stadtteilvereins Mein Ickern, Marc Frese, äußerte in einem Gastkommentar sein Bedauern.

Rohstoffpreise sind explodiert

Die Handwerksbäcker sind besonders betroffen von der Energiekrise und der Preissteigerung vor allem in ihren Bereichen: Sie kaufen Mehl, Öl, Butter, Zucker und andere Rohstoffe ein und veredeln sie zu Backwaren. Die Preise sind nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine förmlich explodiert. Dazu gekommen doppelt bis dreifach so hohe Energiepreise. Die Öfen zu betreiben, hat sich extrem verteuert.

Diese Steigerungen wirkten sich auf die Verkaufspreise aus. Aber ein einfaches Brötchen für mehr als 40 Cent zu verkaufen, ist kaum möglich. Der Wettbewerb mit den Discountern und Großbäckereien, die in viel größeren Stückzahlen und in Billiglohnländern produzieren, ist so nicht zu bestreiten.

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