Emily Specht will, dass die Schüler mit einbezogen werden in die Entscheidung der Politiker.

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Abitur während Corona: Emily Specht (18) fühlt sich im Stich gelassen

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Das Land hat entschieden: Abiturprüfungen finden statt. Emily Specht besucht das Ernst-Barlach-Gymnasium in Castrop-Rauxel. Sie und ihre Mitschüler sind von dem Beschluss nicht begeistert.

Castrop

, 17.04.2020, 16:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Landesregierung NRW hat beschlossen, dass das Abitur auch in diesem Jahr auf der Grundlage von Prüfungen stattfinden soll. Insgesamt soll die Prüfungsphase um drei Wochen verschoben werden. Ab Montag sollen die Abiturienten wieder zur Schule gehen dürfen, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten, die am 12. Mai starten.

Emily Specht ist Schülerin am Ernst-Barlach-Gymnasium in Castrop-Rauxel und hat sich in den vergangenen Monaten auf ihr Abitur vorbereitet. Für sie und ihre Mitschüler war die Situation durch Corona nicht leicht einzuschätzen und ist es bis heute nicht.

Die Ungewissheit stellte Schüler und Lehrer vor Herausforderungen

„Uns wurde gesagt: Die Schulen schließen, wir dürfen gehen und müssen auch erstmal nicht wiederkommen. Das hat uns total traurig gemacht. Auch wenn die Maßnahme absolut notwendig war, gab es einfach irgendwie keinen richtigen Abschluss unserer Schulzeit“, erzählt die Abiturientin.

Die ersten Gedanken waren an Mottowoche und Abiball gerichtet, aber schließlich auch an die Klausuren. Schüler und Lehrer tappten lange in Ungewissheit. Emily erzählt, an ihrer Schule habe man sich wirklich Mühe gegeben, digital Aufgaben zu schicken und über die Plattform moodle den Unterricht zu handhaben. „Ich war überrascht, wie gut das teilweise geklappt hat.“

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Sie selbst lerne viel autodidaktisch, daher habe ihr das Lernen allein zu Hause an sich auch keine großen Schwierigkeiten bereitet, erklärt die 18-Jährige. Aber bei manchen Mitschülern sähe die Situation anders aus. „Manche brauchen einfach den Austausch mit dem Lehrer und die Unterrichtsstruktur, das ist einfach so. Ich kann auch nur froh sein, dass in meinen Kursen der ganze Stoff schon durch war.“

Die Abiturprüfungen finden drei Wochen später als gedacht statt und mitten in der Corona-Zeit. Viele Abiturienten finden das nicht gut.

Die Abiturprüfungen finden drei Wochen später als gedacht statt und mitten in der Corona-Zeit. Viele Abiturienten finden das nicht gut. © picture alliance/dpa

Aber auch alleine zu Hause lernen war für sie nicht so einfach wie vorher. Bis zuletzt wussten die Schüler nicht, wie es mit ihren Abschlussprüfungen weitergeht und fühlten sich übergangen.

Nachdem verkündet wurde, das die Prüfungen stattfinden, beschlossen Emily und ihre Freunde, Stellung zu nehmen. „Wir wollen nochmal zu einer Diskussion anregen, in die wir mit einbezogen werden“, sagt die Abiturientin.

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In wenigen Stunden gründete sie mit drei Freunden eine Gruppe in sozialen Netzwerken, in wenigen Stunden hatte sie schon über 200 Mitglieder. Stellvertretend schrieb Emily mit ihren drei Freunden einen Brief, in dem sie erklären, warum sie den Beschluss zur Abitursituation nicht gerechtfertigt finden.

„Wir können uns alle nur schwer auf das Lernen konzentrieren. Ständig kommen auch neue Infos und Regelungen. Wenn man das jetzt so durchzieht wegen der Vergleichbarkeit, dann ist das auch hinfällig. Die Umstände jetzt sind einfach anders als im letzten Jahr, das ist dann auch nicht mehr fair“, erklärt die Schülerin.

Schüler schlagen Alternativen zu Prüfungen vor

Emily selbst tendiert mittlerweile eher zum Durchschnittsabitur. „Das ist natürlich doof für alle, die sich noch verbessern könnten, aber es ist doch wahrscheinlicher, dass sich Schüler bei der aktuellen Situation verschlechtern. Und Noten sind auch irgendwie zweitrangig geworden.“

Sie und ihre Mitschüler haben eher Sorge, dass die Ansteckungsgefahr in der Schule jetzt noch zu hoch sei und sich das Virus daraufhin wieder weiter ausbreite. Darum ist sie skeptisch, wenn es jetzt wieder in die Schule gehen soll, zur Vorbereitung oder auch zu den Prüfungen an sich.

Schüler fühlen sich allein gelassen

Man müsse aus der Situation jetzt lernen: „Bei der Digitalisierung hängt Deutschland hinterher. Ein Abitur mit Online-Prüfungen wie an Fernuniversitäten geht nicht. Aber man könnte statt Klausuren Facharbeiten in den jeweiligen Fächern schreiben lassen, die bereiten einen auch auf das Arbeiten an der Uni vor.“

Für Emily steht fest: Die Schüler fühlen sich von der großen Politik total alleine gelassen.

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