Bei einer Ratssitzung wird zum Teil heftig debattiert. Für Ratsmitglieder gilt die 3G-Regel. Das will eine Grünen-Politikerin nicht akzeptieren. © Stadt Castrop-Rauxel

Stadtrat

3G-Rebellinnen fordern Bürgermeister heraus und kassieren Rücktrittsforderung

Zwei Frauen proben den Corona-Aufstand: Sie wollen den Bürgermeister mit einem Ultimatum dazu bringen, ohne 3G-Nachweis Politik machen zu dürfen. Der lehnt ab, bekommt Rückendeckung.

Castrop-Rauxel

, 10.11.2021 / Lesedauer: 3 min

Notburga Henke fiel im Dezember 2020 auf, als sie bei einer Sitzung des Castrop-Rauxeler Stadtrates keine Maske trug. Es war die Hoch-Zeit der dritten Welle, es war noch niemand geimpft und keiner wusste, wie sich die Pandemie im ersten Corona-Winter entwickeln würde. Der Lockdown, der kurz darauf folgte, war scharf. Nur Henke trug keine Maske.

Nun fällt die Grünen-Ratsfrau wieder aus der Reihe. Mit ihrer guten Bekannten Leonore Schröder, die den Verein „Rettet die Alte Eiche“ ab und zu im Umweltausschuss vertritt, hat sie einen Rechtsanwalt engagiert, der im Querdenker-Milieu als einer der prominentesten Aktivisten der Querdenker-Szene („Nordkurier“) und ehemals enger Vertrauter von Querdenker-Gründer Michael Ballweg („Tagesspiegel“) gilt. Er hat nun ein scharfes Ultimatum an Rajko Kravanja formuliert.

Darin, es datiert vom 3.11., wird der Bürgermeister ultimativ aufgefordert, eine Zusage zu geben, dass beide Frauen auch ohne 3G-Nachweis Zugang zu Sitzungen der politischen Gremien, Ausschüsse und der Ratssitzung im November teilnehmen dürfen. Die Frist: der 11.11. Danach werde man gerichtlich gegen die 3G-Anordnung vorgehen.

Grundsatz ist Konsens unter den Fraktionen

Nach dieser Regelung, die der Ältestenrat der Stadt Castrop-Rauxel im September gemeinschaftlich befürwortete und der am Montagabend (8.11.) auch alle acht* Ratsfraktionen ein weiteres Mal zustimmten, sind nur Gäste im Plenum zugelassen, die einen 3G-Nachweis führen: genesen, vollständig geimpft oder frisch getestet. Diesen Grundsatz fechten Schröder und Henke nun juristisch an.

Die Grünen-Politikerin Notburga Henke ließ sich im September testen, bevor sie an einer Ratssitzung teilnahm. Nun fordert sie aber, vertreten von einem Rechtsanwalt, Zutritt ohne Nachweis zu erhalten. © Archiv

Henke berief sich in einem Interview mit unserer Redaktion am Dienstag darauf, dass nur dann der Gleichheits-Grundsatz aus dem Grundgesetz eingehalten werde. Ihre Argumentation: „Ich sage nicht, dass ein Corona-Test mir schadet. Es geht darum, dass wir im Grundgesetz verankert haben, dass alle Menschen gleich sind. Ich muss mein Mandat ausüben können, ohne mich einem Test unterziehen zu müssen.“

Der Stadtverwaltung und den anderen Politikern im Rat geht es um etwas anderes: Die 3G-Regel soll Ansteckungen und eine Ausbreitung der Pandemie eindämmen. „Die Regelungen werden immer enger: Politiker fordern die 2G-Regel, einige sogar die 1G-Regel – wie weit soll das denn noch gehen?“, so Henke.

Die Reaktionen darauf sind am Montagabend und am Dienstag weitgehend einmütig: Bürgermeister Kravanja dankt den Fraktionen, dass sie geschlossen hinter ihm stehen. Die Pressestelle verkündet gegen Mittag in einer Pressemitteilung, dass man dem Oberverwaltungsgericht mit seiner Einschätzung folge. „Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte der Ratsmitglieder“ liege nicht vor.

Die Beschränkung des Zugangs diene dem legitimen Zweck des Infektionsschutzes. „Eine kurzzeitige Beeinträchtigung, die durch einen Schnelltest hervorgerufen werde, griffe nur geringfügig in die körperliche Unversehrtheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein“, heißt es in der Urteilsbegründung von Ende September.

„Völliges Unverständnis“

Es gebe „völliges Unverständnis über das Vorgehen der anwaltlich vertretenden Personen“, heißt es in der Pressemitteilung, die im Nachgang von zahlreichen Politikern kommentiert wurde. Sie forderten den Rücktritt von Notburga Henke, von den Grünen einen Ausschluss aus der Fraktion. Bernd Goerke (SPD) wolle sie künftig nicht mehr grüßen, sondern meiden. Andere drohten an, Sitzungen mit Beteiligung der beiden Frauen zu verlassen, sollten sie nicht getestet sein.

Ob es dazu kommen wird, ist unwahrscheinlich - auch wenn Notburga Henke mit dem Anwalt vor Gericht ziehen wird, wenn der Bürgermeister das Ultimatum nicht erfüllen sollte. Das werde er nicht, sagte er, und stellte am Dienstag ganz klar: Man werde bei 3G bleiben.

*In einer ersten Version dieses Artikels schrieben wir von sieben Fraktionen. Seit der letzten Kommunalwahl sind es acht.

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