Taktik und System: So will Marco Rose beim BVB spielen lassen

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Taktik und System: So will Marco Rose beim BVB spielen lassen

rnBorussia Dortmund

Mit BVB-Trainer Marco Rose beginnt in Dortmund eine neue Zeitrechnung. Auch taktisch. Der 44-Jährige möchte den vielzitierten Rose-Fußball beim BVB etablieren. Aber wie sieht der eigentlich aus?

Dortmund

, 15.07.2021, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Am Rande des Trainingsplatzes schiebt BVB-Trainer Marco Rose die roten und gelben Magneten auf der Taktiktafel in Position. Rot in eine 4-3-2-1-Formation, Gelb in ein 4-3-3. Ein erster Hinweis auf das System, das Rose in Dortmund spielen lassen möchte? Vielleicht. Viel mehr ist die Tafel aber ein Indiz dafür, dass die taktische Ausrichtung und das noch zu findende System in den kommenden Wochen die zentralen Elemente sein werden.

Michael Zorc wünscht sich modernen und offensiven BVB-Fußball

Schließlich war es vor allem die sehr attraktive Art und Weise wie Rose in Salzburg und bei Borussia Mönchengladbach hat Fußball spielen lassen, die die BVB-Verantwortlichen dazu veranlasst hat, den 44-Jährigen aus seinem Vertrag in Gladbach herauszukaufen. „Marco steht für einen modernen, attackierenden, offensiven Fußball, der sehr gut zu Borussia Dortmund passt. Sein Spiel ist gekennzeichnet durch gute, kreative Lösungen im Ballbesitz“, sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz mit Marco Rose.

Von modern, attackierend und offensiv war der BVB vor allem in der Ära unter Lucien Favre oft weit entfernt. Nicht selten agierten die Dortmunder zögerlich, waren eher auf lange Ballbesitzphasen bedacht. Unter Edin Terzic, der die vergangene Saison mit der Qualifikation für die Champions League und dem Gewinn des DFB-Pokals bravourös zu Ende brachte, waren besonders in den letzten Partien glücklicherweise wieder BVB-typische Spielelemente zu erkennen.

BVB-Trainer Marco Rose will Formation an Spieler anpassen

An die möchte auch der neue Trainer anknüpfen. Wobei Marco Rose auch gleich klarstellt: „Es gibt keinen Rose-Fußball.“ Fußball könne man grundsätzlich nicht neu erfinden. „Jeder Trainer steht natürlich für eine bestimmte Art und Weise. Aber die gibt die Mannschaft dann punktuell immer mit vor. Wir sind gerade dabei, uns gemeinsam Dinge zu erarbeiten. Ich habe schon das Gefühl, dass die Mannschaft große Lust darauf hat, sehr aktiven Fußball zu spielen, schnellen Fußball, Fußball, den man gerne schaut. Und das versuchen wir uns nun Stück für Stück zu erarbeiten.“ Es hänge natürlich davon ab, welche Spieler man im Kader habe. Daran werde sich dann auch das System orientieren.

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Denn anders als Lucien Favre, der eher starr an seinem System festgehalten und die Spieler in die entsprechenden Rollen gezwängt hat, richtet Marco Rose die Formation deutlich flexibler an den Spielern und vor allem ihren Stärken aus. Ein Fakt, der Akteuren wie Julian Brandt, Thorgan Hazard oder auch Raphael Guerreiro, die in den bisherigen Systemen noch nicht ganz ihren Platz gefunden haben, sehr in die Karten spielen dürfte.

Passt das Lieblingssystem von Marco Rose zum BVB?

In seiner Zeit bei RB Salzburg etablierte Rose ein klassisches 4-4-2 mit Raute im Mittelfeld. Ein System, mit dem er in Österreich extrem erfolgreich war und das bis heute als sein Lieblingssystem gilt – das er in Gladbach aber kaum hat spielen lassen. Dort agierte er regelmäßig in einem 4-2-3-1, phasenweise in einem offensiven 4-3-3, aber auch des Öfteren mit Dreierkette und zwei Stürmern.

Ähnliche Variabilität peilt der neue BVB-Trainer auch in Dortmund an. „Wir wollen flexibel sein und alles spielen können. Dreierkette und Viererkette wollen wir beherrschen, auch die Raute ist ein interessantes System.“ Allerdings sei die Grundordnung prinzipiell gar nicht entscheidend. Das betonte auch der neue BVB-Co-Trainer René Maric, der mit Rose und Zickler schon zusammen in Gladbach gearbeitet hat. „In der Spieldynamik kann man je nach Situation aus verschiedenen Grundordnungen die gleiche Staffelung kreieren, es unterscheiden sich dann nur die Abstände und Abläufe, um dorthin zu kommen.“

Rose-Fußball beim BVB: Hohes Pressing, schnelle Abschlüsse

Die Gegner von Borussia Dortmund und auch die eigenen Spieler dürfen sich, ganz unabhängig von der Grundformation, wohl auf hohes Pressing einstellen. Sowohl in Salzburg als auch in Mönchengladbach hat Marco Rose seine Mannschaften schon am gegnerischen Sechzehner anlaufen lassen, um nach Ballgewinn sofort die Tiefe zu suchen und möglichst viele Abschlüsse zu generieren.

BVB-Coach Marco Rose steht für offensiven Fußball.

BVB-Coach Marco Rose steht für offensiven Fußball. © imago images/HMB-Media

„Aktiv vorwärts verteidigen“, nannte Rose diese Art von Fußball, die in Dortmund schnell Erinnerungen an den Vollgas-Fußball unter Jürgen Klopp wach werden lassen. Im Spielstil von Marco Rose spielen vor allem die Außenverteidiger eine wichtige Rolle, die sehr hoch stehen und mannorientiert nachschieben. Gelingt das erfolgreich, ist der Ball in vielen Fällen drin. Geht das schief, auch – dann allerdings im eigenen Kasten.

Das war in ersten Ansätzen auch schon im ersten Test gegen den Regionalligisten FC Gießen zu sehen. Sowohl in der Flexibilität des Systems, Rose startete mit einem 4-3-3, stellte aber schon nach rund 25 Minuten auf ein 4-2-3-1 um, als auch im taktischen Verhalten. Die beiden Außenverteidiger Nico Schulz und Felix Passlack interpretierten ihre Rolle sehr offensiv, standen im Aufbau oft auf einer Höhe mit der Mittelfeldreihe und zogen sich auch nach Ballverlust nicht zurück, sondern schalteten zusammen mit den Offensivkräften sofort ins Pressing um

BVB-Vollgas-Fußball mit defensiver Stabilität

Bekam die erste Pressingreihe allerdings keinen Zugriff oder wurde sie mit zwei, drei Pässen überspielt, gerieten die tiefstehenden Innenverteidiger und Mahmoud Dahoud als Absicherung vor der Abwehr das ein oder andere Mal in Unterzahl. Gegen einen Regionalligisten konnten diese Unachtsamkeiten mit Schnelligkeit und Physis wieder wettgemacht werden. In der Bundesliga oder gar der Champions League könnte das schmerzhafter werden. Auf die Balance zwischen Vollgas-Fußball und einer stabilen Defensivarbeit wird es ankommen.

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Dennoch: Dieser vielzitierte Rose-Fußball. Er könnte gut nach Dortmund passen. Bis alle BVB-Spieler ihn aber komplett verinnerlicht haben, wird Marco Rose wohl noch einige Magnete auf der Taktiktafel von links nach rechts schieben müssen.

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