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Starker Kicker, guter Typ: Der BVB ist auf der Suche nach dem Super-Sechser
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund wird seinen Kader zur kommenden Saison auf wichtigen Positionen umbauen – unter anderem im defensiven Mittelfeld. Der BVB ist auf der Suche nach dem Super-Sechser.
Millionen Menschen hoffen Woche für Woche auf einen Sechser im Lotto, die Wahrscheinlichkeit auf einen Treffer bei 6 aus 49 liegt bei 1:15 Millionen. Keine aussichtsreiche Quote für Glücksspieler. Da hat es Sebastian Kehl leichter. Borussia Dortmunds künftiger Sportdirektor muss aus einer viel geringeren Zahl an Möglichkeiten den richtigen Sechser für den BVB finden und verpflichten. Das Anforderungsprofil an den defensiven Mittelfeldspieler, nach dem er fahndet, ist allerdings dermaßen komplex, dass es im Gegensatz zum Lotto nicht zu viele, sondern eher sehr wenige Optionen gibt. Und die Kandidaten müssen auch noch verfügbar und finanzierbar sein. Dortmund sucht den Super-Sechser.
BVB-Trainer Marco Rose hat verschiedene Mixturen ausprobiert
Im auf engen Raum verdichteten modernen Fußball benötigt es für diese zentrale Position ein breites Portfolio an Fähigkeiten. Der Sechser muss das Mittelfeld organisieren, die Abstände der Mannschafsteile im Blick haben, Kommandos geben und das Spiel lesen können, das eigene Spiel aufbauen und das des Gegners stören können. Dazu braucht es neben den strategischen Kompetenzen ein solides Tempo, eine hohe Grundaggressivität, Zweikampfstärke am Boden und in der Luft sowie eine sehr gute Laufstärke. Im Idealfall kommt noch Erfahrung hinzu, im Fall von Borussia Dortmund wären eine gewisse Drecksau-Mentalität und Identifikationspotenzial wünschenswert.
Borussia Dortmund hat alle diese Qualitäten im Kader – nur leider auf eine Handvoll Spieler verteilt. Trainer Marco Rose hat diverse Mixturen ausprobiert, mal einen und mal zwei Spieler im Zentrum aufgestellt. Der idealtypische Sechser oder die bestmögliche Kombination hat sich dabei nicht herauskristallisiert für den attackierenden, sprintintensiven Fußball mit Gegenpressing und vielen Umschaltmomenten.
Axel Witsel wird Borussia Dortmund im Sommer verlassen
Axel Witsel wird den BVB im Sommer verlassen, mindestens eine Planstelle wird in diesem Bereich also frei, damit inbegriffen ein üppiger Anteil am Gehaltsetat. Emre Can hat mehr Einsätze in der Abwehr verbucht, Mahmoud Dahoud vor allem als alleiniger Sechser in seinem breiten Spektrum an Fähigkeiten noch Lücken im Defensivzweikampf, in der Absicherung und vor allem als Stratege. Als Bedrohung für den gegnerischen Strafraum erlebt man beide so gut wie nie. Jude Bellingham, Julian Brandt oder Giovanni Reyna sind alle offensiver orientiert und mindestens als Achter, wenn nicht noch offensiver besser aufgehoben.
Bisher tauchen wenige Namen und Gerüchte zu dieser Schlüsselposition im BVB-Umfeld auf. Florian Grillitsch (26) von der TSG Hoffenheim ist nach Informationen der Ruhr Nachrichten nicht der gesuchte Mann, der ablösefreie Österreicher sucht sein Glück in Südeuropa. Auch beim 1. FC Köln soll der künftige Super-Sechser angeblich nicht angestellt sein. Ein naheliegender Gedanke: Rose plädiert, wie in Mönchengladbach bei Stefan Lainer oder Hannes Wolf, für einen Kandidaten, den er aus seiner Vergangenheit heraus sehr präzise einschätzen kann.
Schlager und Laimer könnten mögliche BVB-Kandidaten sein
Xaver Schlager (24) vom VfL Wolfsburg, den der Trainer aus vielen gemeinsamen Jahren beim FC Salzburg bestens kennt, könnte so ein Kandidat sein. Der Österreicher, auf nahezu allen Mittelfeldpositionen hochwertig einsetzbar, wäre bei einem Jahr verbleibender Vertragslaufzeit (Marktwert: 28 Millionen Euro) kaum günstig zu haben. Rose lobte den Mittelfeldmann vom nächsten Gegner VfL Wolfsburg als „Spielertypen, den jede Mannschaft gut gebrauchen kann“. Schlager sei ein hervorragender Fußballer, verfüge über einen ausgezeichneten linken Fuß und sei mit und gegen den Ball strategisch versiert. Der heute 24-Jährige war Kapitän der U19 von RB Salzburg, mit der Rose 2017 die Youth League gewann.

Zwei mögliche BVB-Kandidaten: Wolfsburgs Xaver Schlager (l.) und Leipzigs Konrad Laimer (M.). © imago / motivio
Ebenfalls mit RB-DNA ausgestattet – und Rose aus Salzburger Zeiten zumindest bekannt – ist Leipzigs Konrad Laimer (24, Vertrag bis 2023), der vor Wochenfrist ein Topspiel gegen den BVB machte. Klassische tiefe Sechser sind allerdings beide nicht. Aus dem deutschen Nachwuchs-Reservoir dürfte der Sprung für Anton Stach (23, Mainz 05) womöglich noch zu groß sein. Senkrechtstarter Vitaly Janelt (23, FC Brentford) hat seinen Vertrag beim englischen Erstligisten gerade bis 2026 verlängert.
Borussia Dortmund auf der Suche nach dem perfekten Sechser
Beim Blick ins Ausland, wo die Borussen-Bosse selbstverständlich auch hinschauen, taucht eine Vielzahl weiterer Kandidaten auf, jung oder erfahren, vom Perspektivspieler bis zu unbezahlbaren Profis. Die grundlegenden Fragen: Müsste ein künftiger Führungsspieler auch Deutsch sprechen? Und Frage zwei: Wie viel von den wahrlich nicht endlosen finanziellen Mittel sollen für den richtigen Sechser ausgegeben werden?
Fußball ist manchmal Glücksspiel. Aber immer noch kalkulierbarer als Lotto.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
