So ist die Lage beim BVB vor dem Augsburg-Spiel
Verhärtete Fronten
Nur aus der Ferne war am Donnerstag ein Blick auf Borussia Dortmunds Trainingseinheit möglich. Trainer Thomas Tuchel hatte eine geheime Einheit angesetzt - das ist üblich und war nicht der besonderen Situation geschuldet. Am Samstag beim FC Augsburg steht wieder Fußball auf dem Programm. Das beherrschende Thema aber war zuletzt das gestörte Verhältnis Tuchels zur BVB-Vereinsführung. Unsere Fragen und Antworten.

Thomas Tuchel während des BVB-Geheimtrainings am Donnerstag.
Wie kam es zu Hans-Joachim Watzkes Interview?
Ursprünglich war dieses Interview für den Tag nach dem Champions-League-Hinspiel gegen Monaco terminiert. Nach dem Anschlag auf den BVB wurde das Gespräch auf die Woche vor dem Hoffenheim-Spiel verschoben. Wie üblich in der Fußball-Bundesliga wurden alle verschriftlichten Aussagen des BVB-Geschäftsführers der Presseabteilung anschließend zur Autorisierung vorgelegt.
Welche Motive könnten hinter Watzkes Handeln stehen?
In den Wochen nach dem Anschlag hat Tuchel in der Öffentlichkeit deutlich an Profil gewonnen. Er hat mit seinen Aussagen und mit seinem Handling der Ausnahmesituation einen glänzenden Eindruck hinterlassen und die Mannschaft sportlich nahezu unbeschadet durch die schwierige Lage geführt. Das Ausscheiden aus der Champions League ändert an dieser Bewertung nichts.
Tuchel hat mit seiner deutlichen Kritik in Richtung UEFA wegen der schnellen Neuansetzung jedoch indirekt auch seinen eigenen Boss attackiert. Watzke beriet am Abend des Anschlags noch im Stadion mit BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball und der UEFA über die Neuansetzung.
Mit seinen Aussagen wollte Watzke zum einen klarstellen, dass Tuchel in den Entscheidungsprozess der Neuansetzung sehr wohl mit eingebunden war und auch von der Vereinsführung jedem Spieler freigestellt war zu spielen - anders als von Tuchel formuliert. Natürlich ist Dortmunds Geschäftsführer auch ein Alphatier. Watzke wurde nach dem Anschlag in die Rolle des Buhmanns gedrängt - das wird ihm nicht gefallen haben.
Ist der Anschlag der einzige Streitpunkt zwischen den Parteien?
Nein. Dem Trainer, dessen sportliche Qualifikationen auch intern außer Frage stehen, wird vor allem seine schroffe Menschenführung vorgeworfen. Der Umgang mit verletzten Spielern oder der Fall des Chefscouts Sven Mislintat, der das Trainingsgelände nicht mehr betreten darf, hat für Irritationen gesorgt und Tuchel mittlerweile im Verein isoliert.
Dass Spieler und Angestellte nur hinter vorgehaltener Hand ihren Unmut äußern, ist nachvollziehbar. Sie müssten um ihren Kader- bzw. Arbeitsplatz fürchten. Auch für die Art, wie Tuchel nach dem verlorenen Pokalfinale und nach dem 1:2 in Frankfurt beißende Kritik äußerte, gab es intern keine Rückendeckung. Großes Thema ist auch, dass intern eindeutig besprochene Dinge vom Trainer oder dessen Medienberater ganz anders nach außen kommuniziert wurden.
Dass sich jetzt Präsident Rauball so öffentlichkeitswirksam hinter Watzke gestellt hat, ist kein Zufall. Und bei den jüngsten Vertragsverlängerungen mit Nuri Sahin und Roman Weidenfeller ignorierte die Vereinsführung die Skepsis des Trainers.
Ist der Streit noch zu kitten?
Die Fronten sind verhärtet, kaum vorstellbar, dass man sich noch zusammenrauft. Eine Trennung im Sommer ist wahrscheinlich. Auch wenn Sportdirektor Michael Zorc in einem dpa-Interview "volle Konzentration und Ruhe im Karton" verordnet hat, betonte er doch, dass in dem Analyse-Gespräch mit dem Trainer neben der sportlichen Bilanz auch "Dinge wie Strategie, Vertrauen und Kommunikation" bei der Bewertung eine gewichtige Rolle spielen werden.