Licht und Schatten: BVB-Auftritt im Supercup zeigt die Problemstellen

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Licht und Schatten: BVB-Auftritt im Supercup zeigt die Problemstellen

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Der BVB zieht sich beim Supercup in München achtbar aus der Affäre. Lucien Favre nimmt einige positive Erkenntnisse mit, es offenbaren sich aber auch Problemstellen. Dirk Krampe kommentiert.

Dortmund

, 01.10.2020, 10:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Welche Bedeutung dem deutschen Supercup von den beiden Kontrahenten zugemessen wurde, war nicht nur nach dem Abpfiff zu sehen. Die einen freuten sich da doch eher mit gebremstem Schaum, die anderen waren schnell verschwunden und lange nicht so enttäuscht, als wenn sie ein Punktspiel an gleicher Stelle verloren hätten. Die besonderen Umstände sorgten für einen Termin für diese Partie, der weder den Bayern noch den Dortmundern so richtig schmeckte.

BVB-Trainer Lucien Favre schont in München wichtige Stammspieler

Der doch eher zu vernachlässigende Stellenwert offenbarte sich aber auch an anderer Stelle. Lucien Favre zeigte sich nicht gewillt, durch dieses Spiel eine Überbelastung oder Folgeverletzung seiner Spieler in den kommenden Wochen zu riskieren, wenn die Englischen Wochen zur Regel werden und die Wichtigkeit der Spiele deutlich höher anzusiedeln ist. Er ließ wichtige Stammspieler (Witsel, Guerreiro) komplett auf der Bank, besetzte gleich sechs Positionen neu und nahm beim Stand von 2:2 den Stürmer heraus, der immer ein Unruheherd und immer für ein Tor gut ist. Das sagte einiges aus.

Man konnte den Dortmunder Coach verstehen. An den Bayern war gut zu erkennen, welche Probleme die Taktung und Terminierung vielleicht noch hervorrufen wird. Die Mannschaft wirkte zunehmend müde im Verlauf nach kurzer Sommervorbereitung und zerstückeltem Urlaub, und angesichts eines nun folgenden Mammut-Oktobers mit sieben Pflichtspielen binnen 27 Tagen plus der Belastung für die Nationalspieler galt es, mit den Kräften hauszuhalten. Auch auf Seiten der Borussia war man bemüht, nicht allzu viele Körner in München zu lassen. „Die Niederlage in Augsburg hat mehr weh getan als die heute“, gestand Julian Brandt, und er blickte gleich auch auf den kommenden Samstag. Dort findet hoffentlich die Wiedergutmachung für das 0:2 statt, gegen den SC Freiburg zählen die 90 Minuten mehr.

Wichtige BVB-Spielpraxis für Marco Reus und Mahmoud Dahoud

Dennoch war es natürlich kein reiner Betriebsausflug, vor allem angesichts der vorherigen Resultate in München war es wichtig, dass sich der BVB am Mittwochabend deutlich griffiger und wehrhafter präsentierte - auch wenn man den Münchnern zugestehen muss, dass sie vor allem nach der 2:0-Führung sicher nicht den letzten Tropfen Benzin aus sich herauspressten.

Doch nimmt Borussia Dortmund durchaus einiges mit aus diesem 2:3 - neben einigen positiven Erkenntnissen gibt es allerdings auch nicht so schöne. Dass Spieler wie Marco Reus oder Mahmoud Dahoud wichtige Praxisminuten sammeln konnten, dürfte sich im langen Herbst auszahlen. Die Abwehr bestand weitgehend eine harte Belastungsprobe, Thomas Delaney zeigte bis zu 80. Minute eine blitzsaubere Leistung, die nur durch seinen Ballverlust vor dem 2:3 getrübt wurde.

Julian Brandt auf der Suche nach der Leichtigkeit beim BVB

Es gibt aber durchaus auch noch Problemstellen. Julian Brandts Selbstvertrauen muss dringend wachsen, damit er seine Leichtigkeit wieder auf den Platz bringen kann. Ihn braucht Borussia Dortmund in stärkerer Form. Thomas Meunier steckt unübersehbar noch im Anpassungsprozess, er muss System und Anforderungen noch besser verinnerlichen und wirkt momentan eher noch wie eine biedere Kopie von Achraf Hakimi. Und wenn ein Jadon Sancho fehlt, ist das BVB-Spiel über außen nur halb so viel wert. Das stand allerdings immer außer Frage.

Wo Borussia Dortmund wirklich steht, wo auch die Bayern stehen nach unzähligen Belastungen und Titelgewinnen, die ja vielleicht auch ein wenig satt machen, das wird man aber wohl erst in gut fünf Wochen sehen, wenn die Münchner zum Punktspiel im Signal Iduna Park antreten. Dann wird die Intensität noch einmal deutlich höher sein, dann wird es auch weniger freundschaftlich zugehen auf dem Platz - und die Zweikämpfe werden giftiger geführt werden. Und ein Erling Haaland wird dann sicher nicht nach 65 Minuten duschen dürfen.