Kagawa bleibt Derby-Spezialist - Castros gebrauchter Tag
BVB-Einzelkritik
Klassischer Fall von zu früh gefreut: BVB-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang jubelte im Derby gegen Schalke schon mit Superhelden-Maske, dann kamen die Königsblauen zurück - und hätten sogar fast noch gewonnen. Wie sich "Auba" und seine Teamkollegen im Detail schlugen, lesen Sie in unserer Einzelkritik.
Shinji Kagawa (l.) präsentierte sich erneut als Derby-Spezialist.
Roman Bürki: 57 Minuten lang war es ein sehr ruhiges Derby für den Schweizer Torhüter im Dortmunder Kasten. Das Geschehen spielte sich meist vor seinem Strafraum ab, ernsthaft eingreifen musste er fast eine Stunde lang nicht. Aber dann: Nach einem Kopfball von Benedikt Höwedes hatten die Schalker schon den Torschrei auf den Lippen. Bürki jedoch zeigte einen starken Reflex und verhinderte so den Ausgleich. Vorerst. Denn bei Thilo Kehrers Schuss in die kurze Ecke war der Schweizer dann trotz seiner starken Reflexe machtlos (77.). Note: 2,5
Lukasz Piszczek: Der langjährige Borusse hat in dieser Saison einen Lauf. Er spielt eigentlich beständig auf hohem Niveau, traf zuletzt für den BVB und die Nationalmannschaft Polens und steht kurz vor einer Vertragsverlängerung. Im Derby jedoch lief es nicht sonderlich rund für den rechten Verteidiger in der Dreierkette. Er leistete sich einige Patzer, die man so nicht von ihm kennt. Note: 3,5
Sokratis: Normalerweise ist der BVB-Abwehrchef für seinen Gegenspieler kaum zu überwinden. Humorlos und kraftvoll stellt er seinen Körper rein und zieht dabei häufig Fouls gegen sich. Im ebenso kraftvollen Guido Burgstaller hat er im Derby allerdings einen ebenbürtigen Gegner gefunden. Das Duell war körperlich und eng von der ersten bis zur letzten Minute. Mit leichten Vorteilen für den Schalker. Überflüssigerweise handelte sich Sokratis dann auch noch Gelb ein - und fehlt somit am Dienstag gegen Hamburg gesperrt. Note: 3,5
Marc Bartra: Beim Derby in der Hinrunde saß der Spanier nur auf der Bank, weil er damals noch mit Anpassungsproblemen zu kämpfen hatte. Die sind inzwischen passé, Bartra ist seit Wochen eine Bank und spielte dabei meist wie der furchtlose Löwe, den er seit kurzem auf dem Oberarm trägt. Das war auch gegen Schalke nicht anders. Er war der mit Abstand beste der drei BVB-Verteidiger. Doch er hatte auch viel Glück, als Schiedsrichter Felix Zwayer sein Handspiel im Strafraum nicht als elfmeterwürdig bewertete (90.+1) - eine äußerst streitbare Entscheidung. Note: 2,5
Felix Passlack: Geboren in Bottrop, als Schalke-Fan aufgewachsen, zum BVB bekehrt: Die Biographie des Youngsters bietet einige Episoden und Brüche, die ihn zum perfekten Derby-Akteur machen. Sein Trainer Thomas Tuchel dürfte ihn allerdings vor allem deshalb aufgestellt haben, weil er so den Ausfall von Erik Durm ausgleichen konnte. Passlack versuchte, sich auf die Basics zu beschränken, kämpfte aber zu Beginn mit seinen Nerven. Einen Vorwurf kann man dem 18-Jährigen deshalb nicht machen - es war sein erstes Profispiel seit dem 4. Februar. Note: 4,0
Julian Weigl: Ungewöhnlich wenig ging über Dortmunds Sechser. Nur 30 Ballkontakte sammelte er vor der Pause, nach dem Wechsel waren es sogar noch etwas weniger. So war seine Passquote zwar gewohnt gut, sie fiel aber nicht ins Gewicht, weil er insgesamt so wenig am Ball war. Weigl blieb somit auffällig unauffällig. Note: 4,0
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Bildergalerie
Bundesliga, 26. Spieltag: FC Schalke 04 - BVB 1:1 (0:0)
Bilder des 172. Revierderbys zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund.
Gonzalo Castro: Als langjähriger Leverkusener hat der Mittelfeldspieler schon so manches rheinische Derby gegen den 1. FC Köln erlebt. Doch so ein Revierduell ist offenbar noch etwas anderes. Auch wenn es nicht seine Premiere war, Castro wirkte nervös und setzte so manchen Pass zu lang an. Das wiederum trieb Thomas Tuchel fast in die Verzweiflung. Seine schwache Leistung perfekt machte Castro durch sein zaghaftes Einsteigen gegen Goretzka vor dem Ausgleich (77.) und sein verlorenes Duell gegen den Schalker Chef wenig später. Ein gebrauchter Tag. Note: 4,5
Marcel Schmelzer: Kaum jemand weiß heute noch, dass Marcel Schmelzer einst in Magdeburg geboren wurde. Der Kapitän gilt vielmehr als echter Borusse - und dementsprechend als jemand, dem man im Vorfeld nicht erklären muss, wie wichtig so ein Derby ist. Schmelzer ging dann auch mit starkem Einsatz voran und sammelte Meter um Meter auf seiner linken Seite. Dann verletzte sich Schmelzer und musste hilflos mitansehen, wie sich sein kurzzeitig in Unterzahl spielendes Team noch den unnötigen Ausgleich fing (77.). Note: 3,0
Ousmane Dembele: Der Grat zwischen Genie und Wahnsinn ist bekanntlich ein schmaler - und der junge Franzose wandelt beständig hin und her. Auf der einen Seite führen seine leichten Ballverluste oft zu Nervenzusammenbrüchen bei den ängstlicheren BVB-Fans. Auf der anderen Seite glänzt er aber auch häufig mit seiner fußballerischen Extraklasse. Dem Rang des Derbyhelden war er am Samstag jedenfalls schon sehr nahe nach seinem brillanten Pass auf Shinji Kagawa vor dem 1:0 (54.). Danach traf er noch einmal den Pfosten (74.) und wesentlich häufiger die falschen Entscheidungen. Die Quittung gabs in der 77. Minute, als Schalke ausgleichen konnte. Note: 4,0
Shinji Kagawa: Der quirlige Regisseur des BVB leidet in dieser Spielzeit darunter, dass es den Regie-Posten auf dem Feld eigentlich nicht mehr gibt. Doch weil der Japaner ein Derby-Spezialist ist und auf Schalke einst seine Geburtsstunde zum schwarzgelben Liebling erlebte, ließ ihn Thomas Tuchel von der Leine. Mit Erfolg: Kagawa legte Aubameyang das 1:0 auf (54.) und war auch sonst einer der besten Borussen - wie sein feiner Pass auf Aubameyang kurze Zeit später unterstrich (58.). Note: 2,0
Pierre-Emerick Aubameyang: Zu Beginn der Woche hatte Dortmunds Topstürmer lange mit Thomas Tuchel geplaudert. Der Inhalt des Gesprächs war streng geheim. Doch es gibt seit Samstag eine Vermutung: Möglicherweise hat Aubameyang seinen Trainer um Erlaubnis gefragt, nach einem Tor im Derby wieder eine Superhelden-Maske aufziehen zu dürfen. Genau das tat er nämlich nach seinem herrlich herausgespielten Treffer zum 1:0 (54.). Danach war er allerdings dermaßen euphorisiert, dass er aus Übermut zur Abwechslung auch mal einen Assist sammeln wollte - und in bester Schussposition viel zu lässig querlegte (58.). Die Chance war passé, die spätere Punkteteilung daher auch sein "Verdienst". Note: 4,0