BVB in Hoffenheim ohne Gästefans: Spielplan-Trick und Ethik-Rüffel
Borussia Dortmund
Mit dem neuen Bundesliga-Spielplan umgeht die Liga eine Blocksperre für den BVB in Hoffenheim. Die Ethik-Kommission des DFB findet klare Worte zum Konflikt.

BVB-Fans protestieren gegen den DFB. (Archiv) © Kirchner-Media
Am vierten Spieltag der kommenden Saison, zwischen dem 16. und 19. Oktober, wären dann schon zwei von drei Spielen Blocksperre als Strafe abgeleistet. Die hatte das DFB-Sportgericht den Borussen in einem Urteil zur Bewährung nach Ärger im Stadion im November 2018 auferlegt, diese Bewährung aber nach erneuten Beleidigungen gegenüber TSG-Mäzen Dietmar Hopp im Dezember 2019 widerrufen.
BVB-Fans dürfen nicht nach Hoffenheim reisen
„Der Widerruf der Bewährungsstrafe bedeutet, dass Dortmund alle Pflichtspiele in Hoffenheim in der nächsten und der übernächsten Saison unter Ausschluss seiner Anhänger zu bestreiten hat. Zudem muss der BVB die Hoffenheimer für die durch die Zuschauerausschlüsse im Gastbereich bedingten Mindereinnahmen entschädigen“, hieß es im Urteil vom Februar.
Nachdem sich die Klubs der Deutschen Fußball-Liga Anfang der Woche darauf verständigt haben, wegen der Coronakrise in den ersten Wochen oder Monaten der neuen Saison unter anderem auf Gästefans zu verzichten, verfehlt die ausgesprochene Kollektivstrafe ihre Wirkung.
BVB-Fans sollen nicht noch zusätzlich bestraft werden
Dahinter steckt keine Panne seitens der DFL oder des DFB, sondern das interne Ziel, den in der abgelaufenen Saison ausufernden Protest gegen Hopp und gegen die Kollektivstrafe durch das DFB-Sportgericht abzumildern. Klubs und Fans sollen aufgrund der in vielerlei Hinsicht schwierigen Situation im Sonderspielbetrieb nicht noch zusätzlich bestraft und gegängelt werden.
Gesetzt den Fall, dass in der Saison 2021/22 wieder ein regulärer Spielbetrieb durchgeführt werden kann, käme es dann nur noch zu einem einzigen BVB-Auswärtsspiel in Hoffenheim mit Blocksperre für die Gästefans.
Fanproteste aus Dortmund: DFB-Ethikkommission nimmt Stellung
Zu den Fanprotesten aus Dortmund und anderen Lagern, bei denen im Februar sogar ein Abbruch der Partie TSG Hoffenheim gegen FC Bayern München im Raum stand, hat sich auch die Ethikkommission des DFB mit einer Stellungnahme geäußert.
„Die Ethik-Kommission ist sich bewusst, dass die Proteste einen ernst zu nehmenden und langjährigen Hintergrund haben“, schreibt das Gremium und nennt explizit die nach Jahren wieder ausgesprochene Kollektivstrafe und den Konflikt um Dietmar Hopp. Sich durch Provokationen Gehör zu verschaffen, sei gutes Recht der Fans und durch Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit gedeckt, die selbstverständlich auch im Stadion gelten. Diese können ein „spielerischer Teil“ einer insgesamt friedlichen Fankultur sein.
Transparente oder Schmähgesänge gehören zu einer „vielfältigen Fankultur“
Wo die Grenze nicht nur des guten Geschmacks, sondern auch dessen, was Einzelpersonen aushalten müssten, genau verliefe, könne man nur im Einzelfall bestimmen, schreibt die Ethikkommission. Transparente oder Schmähgesänge, die auf die gegnerische Mannschaft abzielen, gehörten zu einer „vielfältigen Fankultur, die dem Fußballspiel ihren Charakter gibt“. Aber eben nur bis zu einem gewissen Punkt: „Die Grenze ist mit Sicherheit überschritten, wenn der Achtungsanspruch, die Würde eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen verletzt und gezielten Angriffen ausgesetzt werden. Solche Angriffe sind auch nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und können deshalb nicht hingenommen werden.“
Wer eine einseitige Schelte der aktiven Fanszene erwartet, wird überrascht, die Kommission versteht die allgegenwärtigen Bedenken gegen eine ausufernde Kommerzialisierung im Sport. Die Ratgeber weisen explizit darauf hin, „auch die Sorge vieler Fans vor einer immer stärker werdenden Ausrichtung des Fußballs am Interesse einer wirtschaftlichen Verwertbarkeit“ müsse ernst genommen werden.
Eine gewaltfreie Fan- und Fußballkultur müsse das Ziel aller sein
Der Vorschlag zur Güte lautet (einmal mehr): den Dialog suchen. Nur im gegenseitigen und konstruktiven Austausch ließe sich wieder ein Konsens darüber finden, „was im Umgang miteinander noch statthaft ist“. Eine gewaltfreie Fan- und Fußballkultur müsse das Ziel aller sein. Dazu hebt die Ethik-Kommission noch einen mahnenden Finger: „Alleine mit repressiven Maßnahmen wird sich ein solcher Konsens aber nicht herstellen lassen.“
Zur DFB-Ethikkommission gehören aktuell als Vorsitzender der Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann sowie der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, Managerin Irene Kummert, Korruptionsexpertin Birgit Galley und der Jurist Bernd Knobloch.