
Johannes Lügering, Leiter der Ahauser Tafel, bleibt wie das gesamte Team der Tafel trotz der angespannten Lage optimistisch. © Stephan Rape
Zahl der Bedürftigen verdoppelt: Luft für Ahauser Tafel wird dünner
Spendenbitte
Die Luft für die Ahauser Tafel wird dünner. Binnen weniger Monate hat sich die Zahl der Kunden fast verdoppelt. Zudem belasten hohe Energie- und Spritpreise den Betrieb. Jetzt ist die Hilfe aller gefragt.
Die Luft für die Ahauser Tafel wird dünner. Enorm gestiegene Energie- und Dieselpreise, immer mehr Kunden, die das Angebot in Anspruch nehmen müssen, und ein rückläufiges Spendenaufkommen verstärken sich gegenseitig. Mehr denn je ist die Tafel auf Spenden angewiesen. Möglichkeiten dafür gibt es viele.
Eines stellt Johannes Lügering, Leiter der Ahauser Tafel, im Gespräch mit der Redaktion sofort klar: „Wir wollen und werden hier bei uns keine Bedürftigen abweisen.“ Stattdessen werde das Wenige dann eben auf ein paar mehr Köpfe verteilt.
Kundenzahl hat sich fast verdoppelt
Hört man ihm aufmerksam zu, wie er über die aktuelle Lage der Ahauser Tafel und deren Entwicklung in den zurückliegen Monaten spricht, merkt man, wie sehr ihm und seinem Team um Manuela Uschok und den 90 Ehrenamtlichen die Arbeit am Herzen liegt. Und damit auch die Sorgen.
Früher, so der Tafel-Leiter, seien es 420 Kunden gewesen. Anfang April 2022 sei man bereits stramm auf die 500 zugesteuert. Jetzt liege die Zahl bei 750. In wenigen Monaten hat sich die Zahl der Bedürftigen nahezu verdoppelt.

Die Ahauser Tafel ist mehr denn je auf (Lebensmittel-)Spenden angewiesen. © Foto SKF Ahaus Vreden
Längst seien zu den Kunden auch Geringverdiener und die unteren Einkommensschichten dazugestoßen. Einfach, weil die stark gestiegenen Lebensmittelpreise und Energiekosten die Menschen in die finanzielle Enge trieben.
Um dem Ansturm überhaupt noch gewachsen zu sein, hat die Ahauser Tafel bereits reagiert. Seit August wird nicht mehr wöchentlich der „kleine Einkaufsladen“ im SkF geöffnet, sondern nur noch alle zwei Wochen.
Schon jetzt an den Herbst/Winter denken
„Wir müssen schon jetzt an das denken, was in Herbst und Winter kommen wird“, erklärt Lügering. Es sei anzunehmen, dass dann auch Menschen zur Tafel kommen würden, die sich das heute noch nicht vorstellen könnten.
Dabei, das betont Johannes Lügering, gebe es viele Firmen/Betriebe und Gönner in der Stadt, die die Tafel „richtig klasse“ unterstützen würden. Doch angesichts der stark gestiegenen Zahl der Kunden sei auch das nicht mehr ausreichend. Die Tafel sei dringend auf weitere Spenden angewiesen.
Das können Sachspenden, ein Tankgutschein für die Fahrzeuge, haltbare Lebensmittel oder aber eine Euro-Spende sein. „Jede noch so kleine Spende hilft uns, diese akute Notlage besser zu meistern“, unterstreicht Lügering.
Was die Lage für die Tafel nicht besser macht, ist, dass noch keine (neue) Abschlagsforderung für den Strom eingetrudelt ist. „Da kommt also wohl noch etwas auf uns zu“, so der Leiter. Und Spielraum hat die Tafel keinen. Das Kühlhaus muss 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche laufen.
Unkostenbeitrag wird nicht erhöht
Jetzt könnte man ja auf die Idee kommen, den Unkostenbeitrag für das Abholen der Lebensmittel (Erwachsene: 1,50 Euro / Kinder: 0,50 Euro und pro Familie maximal 5 Euro) zu erhöhen, um den finanziellen Engpass zu lindern.
Aber nicht mit Johannes Lügering. „Bevor wir das machen, muss viel passieren. Eher gehe ich bei den Firmen in Ahaus Klinken putzen.“ Dabei schwingt in seinen Worten absolute Überzeugung mit. Denen, die ohnehin wenig haben, könne man ja nicht noch „mehr“ abnehmen.

Obst und Gemüse werden bei der Tafel knapper, da die Supermärkte und Discounter besser kalkulieren und so weniger übrigbleibt. © picture alliance/dpa
Dass es überhaupt einen Unkostenbeitrag gibt, ist darin begründet, dass so dem geläufigen Spruch – „Was nichts kostet, ist auch nichts“ – entgegengesteuert wird. An der Tafel werden schließlich gute Lebensmittel ausgegeben.
Wobei an der Obst- und Gemüsefront die Lage nicht mehr ganz optimal ist. „Es wird schwieriger“, so Lügering. Und so paradox es klingt, auf der einen Seite ist das gut. Die Supermärkte kalkulieren besser, müssen weniger Obst und Gemüse aussortieren.
Solidarität wird gelebt
Auf der anderen Seite bleibt so weniger für die Tafel übrig. Kritisieren will Lügering das nicht. Ganz im Gegenteil. Er formuliert es so: „Wir nehmen gerne das, was übrigbleibt und verteilen es.“ Egal, wie wenig es auch sei.
Erfreulich: Die anfängliche Sorge der Tafel-Mitarbeiter, dass der veränderte Rhythmus der Ausgabe – alle zwei Wochen statt jede Woche – auf Unmut bei den Kunden stoßen könnte, habe sich nicht bestätigt. „Wir haben uns keine blutigen Nasen geholt. Die Kunden haben sehr verständnisvoll reagiert.“
Auch dass die Zahl der Kunden immer weiter steige und so jeder Einzelne vielleicht mal weniger bekomme, habe nicht für Stress gesorgt, wie Johannes Lügering berichtet. Der Solidaritätsgedanke werde auch unter den Tafel-Kunden gelebt. Ein Lichtblick in Zeiten großer Ungewissheit.
Doch verrückt machen lässt sich bei der Tafel ohnehin niemand. „Das würde uns ja auch nicht vorwärtsbringen“, so der Tafel-Leiter. Wichtig sei, auf die sich verschärfende Lage aufmerksam zu machen. Nicht mehr und nicht weniger.
- Wer bei der Tafel Spenden abgeben möchte, kann dies unter der Woche von 9 bis 12 Uhr machen oder an einem individuell vereinbarten Termin (Telefon: 02561 9523-0).
- Der Tafelbetrieb ist auch auf Geldspenden angewiesen. Das Spendenkonto hat der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) online veröffentlicht: www.skf-ahaus-vreden.de
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
