
Das Trinkwasser sehen Stadtwerke und Nabu durch eine weitere Wohnbebauung im Wasserschutzgebiet Ortwick in Gefahr. Erster Beigeordneter Hans-Georg sieht aber keine Versäumnisse der Verwaltung im laufenden Verfahren zum neuen B-Plan Nr. 37. © Redaktion
Sorge um Wasserversorgung für Ahaus: Kritik von Naturschutz und Stadtwerken
B-Plan Wüllen Nord
Es geht um einen Bebauungsplan, um Trinkwasser und eine kritische Stellungnahme. Die habe in der Vorlage für den Fachausschuss gefehlt, bemängelt der Nabu. Die Stadt Ahaus hält dagegen.
Zum Bebauungsplan „Nr. 37 Wüllen Nord, Abschnitt 2“ hatten sich die Stadtwerke Ahaus am 28. Mai 2021 im Rahmen des Bauleitplanverfahrens als beteiligte Behörde geäußert. In der Vorlage für die Sitzung des Ausschusses für „Planen und Bauen“ am 7. Dezember 2021, der sich mit dem B-PLan Nr. 37 befasst, taucht sie allerdings nicht auf.
Für den Nabu nicht nachvollziehbar, dass diese den Ausschussmitglieder nicht vorlag, sie sie bei ihrer „Entscheidung über das weitere Vorgehen damit auch nicht mit einbeziehen“ konnten. In einer ersten Reaktion sprach Nabu-Projektleiterin Chriss Hintemann sogar von einer fehlenden „Abwägung“ und einem „grob fahrlässigen“ Verhalten der Stadt Ahaus, hat das aber inzwischen etwas relativiert.
Trinkwasserförderung ist ausgereizt
Inhaltlich teilt der Nabu aber die Bedenken der Stadtwerke bezüglich der Trinkwasserversorgung für das bislang landwirtschaftlich genutzte 9,9 Hektar große Plangebiet, das sich in der Wasserschutzzone II des Wasserschutzgebietes Ortwich befindet.
Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: „Mittlerweile seit Jahrzehnten wird von Seiten der Stadtwerke Ahaus GmbH darauf hingewiesen, dass eine zunehmende Versiegelung durch Umwandlung landwirtschaftlicher Nutzflächen in Wohnbau- oder Industrie- und Gewerbegebiete innerhalb des Wasserschutzgebiets Ortwick zu einer Verringerung der Grundwasserneubildung und damit des für die Trinkwassergewinnung zur Verfügung stehenden Grundwasserdargebots führt.“
Schon 2013 hatten die Stadtwerke in ihrer Stellungnahme zum B-PLan-Vorentwurf Nr. 37 darauf hingewiesen, dass „innerhalb des Einzugsgebietes keine Grundwasserreserven mehr vorhanden sind, das Grundwasserdargebot ausgeschöpft“ sei. Und: „Die weitere Ausweisung von Wohnbauflächen innerhalb des Einzugsgebietes der Wassergewinnungsanlage Ortwick wird daher die Kürzung der bewilligten Fördermenge zur Folge haben.“
Allein in den letzten vier Jahren aber habe sich die Auslastung der bewilligten Fördermenge erhöht: von 80 auf 90 Prozent. Hinzu kämen noch Tages-Spitzenwerte.
Nabu: Versiegelung begünstigt Überschwemmungen
Der Nabu setzt diese Kritik auch in einem Schreiben an Bürgermeisterin Karola Voß fort: „Es darf nur so viel Grund- bzw. Trinkwasser entnommen werden wie nachkommt.“
Durch Klimawandel, damit einhergehende Dürresommer und weitere Versiegelungen im Wasserschutzgebiet sei diese Vorgabe aber nicht mehr zu gewährleisten: „Durch die zunehmende Versiegelungsfläche wird Regenwasser direkt in die Kanalisation geleitet und versickert nicht im Boden, es entsteht keine Grundwasserneubildung“. Bei den zunehmenden Starkregenereignissen könne das auch zu Überschwemmungen führen.
Der Nabu zielt aber auch noch kritisch in eine andere Richtung: Die im Regionalplan festgesetzte „Regel“, dass „ausgewiesene Siedlungsbereiche nur in Anspruch genommen werden dürfen, wenn dies dem nachweisbaren Bedarf in Anlehnung an die künftige Bevölkerungsentwicklung und der geordneten räumlichen Entwicklung der Kommunen entspricht“ werde in dem Fall nicht befolgt. Der Entwurf lasse „jeden nachvollziehbaren Nachweis eines Bedarfs vermissen“.
Stadt Ahaus sieht keine Versäumnisse
Muss also nach Einschätzung des Naturschutzbunds befürchtet werden, dass die Ahauser Mandatsträger unwissend oder zumindest blauäugig über den Bebauungsplan Nr. 37, Abschnitt 2 entscheiden? Hans-Georg Althoff, Erster Beigeordneter der Stadt, sagt nein: „Der Verwaltung können Versäumnisse bei der Durchführung des laufenden B-Plan Verfahrens nicht vorgehalten werden, auch sind der Politik keine Unterlagen vorenthalten worden.“
Während des Verfahrens seien vorläufige Abwägungen jederzeit möglich, gesetzlich aber nicht vorgeschrieben. Wörtlich: „Vor diesem Hintergrund hat sich der Ausschuss für Stadtentwicklung, Planen und Bauen am 7.12.2021 ausschließlich mit den bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Bedenken befasst, die die Grundzüge der Planung berühren. Zu diesen Bedenken zählt die
Überplanung der Kopfbaumreihe im östlichen Teil des Plangebiets und die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft sowie möglichen Planungsvarianten“.
Schlussabwägung kommt noch
Alle anderen Belange, auch die Belange der Trinkwasserversorgung, seien Gegenstand der Schlussabwägung, so Hans-Georg Althoff. Der Satzungsbeschluss einschließlich der Schlussabwägung ist für die zweite Jahreshälfte 2022 vorgesehen.
Nach Austausch mit der Stadt Ahaus hat sich Nabu-Vertreterin Hintemann davon überzeugt, dass kein rechtlicher Fehler im Planungsablauf vorlag. Aber: „Es stellt sich allerdings die Frage, was dagegen gesprochen hat, dem Bauausschuss sämtliche Stellungnahmen zur Verfügung zu stellen, damit dieser mit entscheiden kann, welche Aspekte relevant für die Weiterplanung sind und welche nicht.“
In der Angelegenheit hat sie sich jetzt auch an die Ratsfraktionen gewandt.
Seit über 30 Jahren dem Medienhaus treu verbunden geblieben, zunächst in Steinfurt und jetzt in Ahaus. Hegt eine Leidenschaft für gute Geschichten, Menschen und ihre Schicksale.
