
© Montage: Martin Klose
„Schädliche Neigungen“: Ahauser Intensivtäter (19) bleibt länger in Haft
Gerichtsprozess
Ein extrem dissoziales und aggressives Verhalten sowie etliche Vorstrafen „zeichnen“ einen 19-jährigen Ahauser aus. Jetzt wurde seine Haftstrafe wegen zweier Taten aus 2019 ausgedehnt.
Zwei Justizvollzugsbeamte führen den 19-jährigen Ahauser in den Verhandlungsaal am Landgericht Münster. Direkt aus dem Jugendknast in Herford wurde der Mann zur Berufungsverhandlung gefahren. Im Publikum sitzen Familienangehörige. Ihnen zwinkert er zu.
Ansonsten nimmt er die nachfolgenden Minuten der Verhandlung fast regungslos zur Kenntnis. Seine Hände sind in den Hosentaschen vergraben. Auf Nachfragen der Richterin oder des Staatsanwaltes antwortet er im gebrochenem Deutsch. Vollständige Sätze? Zumeist Fehlanzeige.
Taten ereigneten sich 2019
Und um was geht es? Um gemeinschädliche Sachbeschädigung im Schlosspark und um eine Körperverletzung Nahe der Ahauser Kirmes. Beide Taten ereigneten sich 2019. Jeweils war der 19-Jährige mittendrin oder alleiniger Täter.
Ende Mai 2019 randalierte der seinerzeit noch 17-Jährige mit „Bekannten“ im Ahauser Schlosspark. Die Männer zerstörten Laternen und rissen Mülleimer aus den Halterungen. Die Stadt musste die Schäden ausbessern.

Der 19-Jährige Ahauser wurde aus dem Jugendknast in Herford zur Verhandlung am Landgericht Münster gebracht. © Till Goerke
Anfang September 2019 trat der Mann einem Jungen mit Wucht gegen die Schulter, da er annahm, dieser habe ihn beleidigt. Randnotiz: Dem war mitnichten so, wie das Amtsgericht Ahaus in erster Instanz feststellte.
Taten, die laut des geladenen Jugendgerichtshelfers symptomatisch für das „extrem dissoziale und aggressive“ Verhalten des Ahauser seien. Er könne sein Verhalten nur schwer kontrollieren und sehe nicht ein, dass wegen der zwei genannten Taten „so ein Aufstand gemacht werde“.
Ahauser hat etliche Vorstrafen
Schaut man auf die Vorstrafen des 19-Jährigen, die Richterin verlas diese minutenlang, wird klar: Es handelt sich um einen Intensivtäter. Nicht ohne Grund stellte die Richterin klar, dass der Mann „starke, schädliche Neigungen“ habe.
Wegen zahlreicher Straftaten verbüßte der Ahauser bereits 1 Jahr und 6 Monate Jugendhaft in Herford. Ein Monat steht noch aus. Jetzt aber werden darüber hinaus noch weitere Folgen. Doch der Reihe nach.

Nach dem Besuch der Ahauser Kirmes 2019 trat der Intensivtäter einem Jungen unbegründet gegen die Schulter, da er glaubte, dieser habe ihn beleidigt. © Stephan Rape
Die erste Strafkammer am Landgericht Münster führte die noch laufende Haftstrafe und die verhängte und noch offene Strafe des Ahauser Amtsgerichtes von einem Jahr und 6 Monaten für die Sachbeschädigung und Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe zusammen.
Wichtig: In der durch den Ahauser eingelegten Berufung ging es nicht um die Schuldfrage. Es ging nur um die Höhe der noch zu erfolgenden Strafe für die zwei Taten aus 2019.
Bewährung kommt nicht infrage
Und da hätte es der Verteidiger gerne für seinen Mandanten gesehen, wenn zu dem noch verbleibenden Haftmonat nur drei weitere Monate auf Bewährung hinzugekommen wären. Der Staatsanwalt stimmte der Gesamthöhe, also einem Jahr und 10 Monaten zu. Allerdings ohne Bewährung.
Am Ende überschritt das Gericht diese Forderungen im Urteil. „Weil Sie in der Vergangenheit eindrucksvoll gezeigt haben, dass starke, schädliche Neigungen vorliegen“, so die Richterin zum Ahauser.

Auf dem Spielplatz im Schlosspark trat der heute 19-jährige Ahauser mit „Bekannten" Mülleimer aus den Halterungen und zerstörte Laternen. Das nennt sich gemeinschädliche Sachbeschädigung. © Stephan Rape
Das Gericht erhöhte die Strafe auf 24 Monate, sprich auf zwei Jahre ohne Bewährung. Damit muss der 19-Jährige weitere sechs Monate Haft in der JVA Herford absitzen. Wie es danach weitergeht, ist offen.
Ein Schulabschluss hat der Mann nicht, er stammt laut Gericht aus sehr schwierigen Familienverhältnissen – das Jugendamt Ahaus kenne die Familie bestens – und ist laut durchgeführtem Intelligenztests „eingeschränkt“.
Immerhin: Ein Berufswunsch äußerte der Ahauser auf Nachfrage des Gerichtes. Er wolle Gebäudereiniger werden. Auf die Frage warum, kam nur die Antwort: „Interessiert mich halt. Hab ich im Fernsehen gesehen.“
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
