NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU, r.) diskutierte mit Daniel Janning (Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Borken) und Ruth Marx (MEM Maschinenbau) über die Zukunft im Handwerk. In der Halle von Landmaschinen Greving in Wüllen hörten rund 80 Menschen zu – vor allem CDU-Mitglieder.

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NRW-Minister Laumann warnt in Ahaus vor einer Zukunft ohne Handwerk

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Eigentlich sollte es ein Wahlkampf für Heike Wermer werden. Doch die war krank. Auch so zeigte NRW-Minister Karl-Josef Laumann klare Kante: für die Ausbildung, praktische Berufe und die Jugend.

Ahaus

, 21.04.2022, 18:45 Uhr / Lesedauer: 3 min

Quasi-Heimspiel für Karl-Josef Laumann (CDU): Der NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, selbst ehemaliger Maschinenschlosser, hat am Mittwochabend bei Landmaschinen Greving in Sabstätte zwischen Maishäckslern und Traktoren über die Zukunft im Handwerk gesprochen.

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Auf eine Frage reagierte er dabei richtig gallig: Einer der Zuhörer schimpfte darüber, dass Jugendliche heute kein Interesse mehr an echter Arbeit hätten. „Die kennen sich mit Computern und Smartphones aus, wollen aber am Donnerstag schon Wochenende haben und legen keine Hand mehr an“, polterte er.

Jugend ist heute nicht schlechter als vor Jahren

„Das Lied mache ich nicht mit“, hielt Laumann betont ruhig dagegen. Die Jugend sei heute nicht schlechter als vor Jahren. Aber: „Überstunden sind heute nicht mehr so ‚in‘ wie sie mal waren.“ Auch weil mehr Frauen als früher arbeiten würden und die Menschen insgesamt Familien- und Berufsleben anders unter einen Hut bringen würden als früher. Daran müssten sich die Betriebe gewöhnen. Das würden die meisten auch schaffen.

Rund 80 Zuhörer wollten sich die Diskussion zwischen Karl-Josef Laumann, Ruth Marx und Daniel Janning nicht entgehen lassen. Die eigentliche Hauptperson des Termins, CDU-Landtagskandidatin Heike Wermer, hatte sich kurzfristig entschuldigen lassen: Sie befindet sich in Quarantäne.

Rund 80 Zuhörer wollten sich die Diskussion zwischen Karl-Josef Laumann, Ruth Marx und Daniel Janning nicht entgehen lassen. Die eigentliche Hauptperson des Termins, CDU-Landtagskandidatin Heike Wermer, hatte sich kurzfristig entschuldigen lassen: Sie befindet sich in Quarantäne. © Stephan Rape

Knapp 90 Minuten war es da schon um die Zukunft des Handwerks im Allgemeinen, den Fachkräftemangel, Bildungschancen und die Folgen von Corona- sowie Ukrainekrise für die Wirtschaft gegangen. Mit auf dem Podium: Daniel Janning, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Borken, und Ruth Marx von MEM Maschinenbau aus Ottenstein.

Scheitert Energiewende an fehlenden Handwerkern?

Der Minister zeichnete ein düsteres Bild: „Ich sehe es schon kommen, die Energiewende scheitert daran, dass wir nicht genug Handwerker haben, die die Photovoltaikmodule auf den Dächern montieren können oder die Gebäude besser dämmen“, sagte er unter dem Applaus der Zuhörer. Es sei Geld genug da, es fließe nur nicht ab, weil die Planungen nicht umgesetzt werden können. Ähnlich wie bei der Digitalisierung. Der Arbeitskräftemangel sei das größte Problem und begrenze das mögliche Wachstum. Eine Zukunftsfrage für das ganze Land.

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Dabei sei Handwerk doch eben so viel mehr als Löcher in eine Wand zu stemmen. Die Verhältnisse würden einfach nicht stimmen: „Ich bin Jahrgang 1957. Von meinem Geburtsjahrgang haben elf Prozent der Kinder Abitur gemacht. Heute sind es 50 Prozent“, erklärte er. Der Staat habe Universitäten und Fachhochschulen riesig ausgebaut. Und nun gebe es das Problem, die jungen Leute für einen praktischen Beruf zu begeistern.

Mehr Abiturienten für praktische Berufe begeistern

Dabei sei die Debatte, es würden zu viele junge Leute Abitur machen, nicht zu gewinnen. „Aber wie gewinnen wir die Abiturienten für eine praktische Ausbildung?“, fragte er. Man müsse zeigen, dass das Handwerk mehr sei als Löcher zu stemmen. Es gebe eben auch geistig fordernde Berufe, voll digitalisiert, hochmodern und zukunftssicher, in denen man gutes Geld verdienen könne.

Sein Ziel sei, dass alle jungen Leute ein Praktikum in einem Betrieb machen sollen, bevor sie sich für eine berufliche Laufbahn entscheiden. Es gebe selbst in NRW mittlerweile viele Jugendliche, die noch nie einen Betrieb von innen gesehen hätten. Am wichtigsten sei dann, dass derjenige in den Betrieben, der sich um Auszubildende oder Praktikanten kümmere, für den Beruf brennen müsse. Damit schon beim ersten Kontakt zwischen Jugendlichen und Beruf der Funke überspringe.

Für Karl-Josef Laumann (2.v.l.) war der Auftritt zwischen den Landmaschinen gleich ein doppeltes Heimspiel: Der ehemalige Maschinenschlosser fühlte sich bei Greving sichtlich wohl. Gleichzeitig saßen im Publikum fast ausschließlich CDU-Mitglieder.

Für Karl-Josef Laumann (2.v.l.) war der Auftritt zwischen den Landmaschinen gleich ein doppeltes Heimspiel: Der ehemalige Maschinenschlosser fühlte sich bei Greving sichtlich wohl. Gleichzeitig saßen im Publikum fast ausschließlich CDU-Mitglieder. © Stephan Rape

Aber so wichtig und richtig eine praktische Ausbildung sei, sie müsse geschützt werden. „Heute sagen viele, duale Ausbildung ist ganz wichtig, aber mein Kind geht studieren“, erklärte er. „Wir müssen aufpassen, dass uns die duale Ausbildung nicht abhandenkommt, wie uns das mit der Hauptschule passiert ist“, sagte er.

Nicht nur Arbeitskräfte, sondern auch das Material fehlt

Christoph Bruns, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, hakte nach: Es gehe ja nicht nur um den Personalmangel. Das Handwerk leide ja auch unter den Lieferengpässen: „Ein Betrieb hat die Auftragsbücher voll, kann sie aber nicht abarbeiten, weil simple Schrauben fehlen. Was will die Politik da tun?“, fragte er.

„Wie sollen wir das denn machen?“, fragte Karl-Josef Laumann zurück. Mehr noch: „Da kommen noch ganz andere Dinge auf uns zu.“ Er wisse von Aufsichtsräten verschiedener Stadtwerke, dass sich der Gaspreis in den kommenden Wochen verdoppeln werde. „Wir werden erhebliche Probleme bekommen“, sagte er. Das riesige Problem sei, dass Deutschland sich an vielen Stellen abhängig gemacht habe von Staaten, die nicht zuverlässig seien.

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Das müsse nach und nach wieder zurückgedreht werden. „Bei Landwirtschaft und Lebensmitteln merken wir Deutschen seit langem zum ersten Mal wieder, dass es gut ist, dass wir eine eigene Landwirtschaft haben, die unser Land versorgen kann“, machte er deutlich. Und genauso müsse die deutsche Wirtschaft lernen, bei vielen Dingen nicht auf den letzten Viertel-Cent zu achten: „Wir müssen in den demokratischen Staaten in Europa eine Unabhängigkeit in gewissen Sachen haben.“

Eine Menge Ziele hatte Karl-Josef Laumann so ausgerufen. Wege zur Lösung der Probleme lieferte er noch nicht.

Heike Wermer konnte nicht teilnehmen

Ursprünglich war der Abend als Wahlkampf-Termin für Heike Wermer gedacht: Die CDU-Landtagsabgeordnete will bei den Wahlen im Mai für den Wahlkreis Borken II wieder in den Landtag einziehen. Am Mittwochabend hatte sich die 33-Jährige allerdings kurzfristig entschuldigen müssen: Sie hat sich mit dem Coronavirus infiziert und befindet sich noch in Quarantäne. Sie ließ allerdings Grüße ausrichten. Im Publikum hätte sie ohnehin wohl nur wenige neue Wähler überzeugt: Vor allem CDU-Mitglieder hatten im Publikum Platz genommen.