Der langersehnte Moment für Willi Rempe: Der Wüllener leidet an der Lungenkrankheit COPD und hat in den vergangenen Monaten sehr zurückgezogen gelebt. Durch die Impfung erhofft er sich mehr Sicherheit und bald einen so normalen Alltag wie möglich.

© Anne Winter-Weckenbrock

Mit Video: Die ersten Patienten bekommen Corona-Impfung beim Hausarzt

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Die Corona-Impfungen in den Hausarzt-Praxen ist auch in Ahaus gestartet. Beim Besuch in der Praxis im Kreishaus traf die Redaktion auf erfreute Patienten und einen Arzt, der ein Lob übrig hat.

Ahaus

, 07.04.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Dr. Akin Yilmaz sitzt an diesem Mittwochvormittag am Schreibtisch und führt Listen: Welche Patienten soll er nächste Woche zum Impfen in die Praxis einbestellen? Zum Start der Impfungen in den Hausarztpraxen ist der Impfstoff nur in geringen Mengen geliefert worden. Der Mediziner schüttelt leicht den Kopf: „Ich habe die Bürde, 48 Patienten auszusuchen“.

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Zu 12 Uhr hat er die ersten Patienten einbestellt. Die Aufklärungsgespräche hat er schon am Dienstag geführt, das will er auch weiterhin so machen, „im Idealfall“. Die ersten Patienten, die in der Praxis im Kreishaus zum Impftermin geladen sind, sind über 70 Jahre alt und haben Vorerkrankungen oder aber sind unter 70 und haben deutliche Vorerkrankungen, erläutert Akin Yilmaz-Neuhaus die Kriterien, nach denen er die „Impfliste“ führt.

Am Dienstag um kurz nach 14 Uhr ist der Impfstoff geliefert worden. Acht Flaschen mit dem Impfstoff von Biontech-Pfizer sind angekommen. Dienstag konnte noch nicht mit dem Impfen gestartet werden, „zu Quartalsbeginn und am Dienstag nach Ostern...“ zählt der Arzt neben dem Liefertermin weitere Gegenargumente auf. Aber die Aufklärungsgespräche konnte er führen und alles für den Start vorbereiten.

Akin Yilmaz-Neuhaus zeigt die Impfdosen, die er für diese Woche erhalten hat. Bei exakter Temperatur wird der Biontech-Phizer-Impfstoff kühl gehalten - bis Freitag muss er verimpft sein.

Akin Yilmaz-Neuhaus zeigt die Impfdosen, die er für diese Woche erhalten hat. Bei exakter Temperatur wird der Biontech-Phizer-Impfstoff kühl gehalten - bis Freitag muss er verimpft sein. © Anne Winter-Weckenbrock

Die in einem Styroporbett gelagerten Fläschchen kamen sofort in den Kühlschrank der Praxis. Akin Yilmaz-Neuhaus zeigt sein Smartphone: 5,7 Grad wird als Temperatur angezeigt, der Kühlschrank wird digital gesteuert. Immer, nicht nur wegen des empfindlichen Impfstoffs, betont der Mediziner. Darüber liegen, in Tüten verpackt, die von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) angelieferten Sets für die einzelnen Impfungen.

Es sind bestimmte Spritzen, die zum Einsatz kommen: „Das sind Null-Totraumspritzen“, erklärt Akin Yilmaz-Neuhaus. Das bedeutet: Man kann sehr genau dosieren, und es bleiben keine Reste. „Eine gute Spritze, eine gute Technik und eine ruhige Hand“ zählt der Arzt auf, was wichtig ist beim vorsichtigen Aufziehen der Spritze.

Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus zeigt eine "normale" Spritze und die grüne Null-Totraumspritze: Diese wird von der Kassenärtzlichen Vereinigung fürs Impfen geliefert - damit kann man sehr genau dosieren und nichts bleibt übrig. Schließlich soll der Impfstoff restlos genutzt werden.

Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus zeigt eine "normale" Spritze und die grüne Null-Totraumspritze: Diese wird von der Kassenärtzlichen Vereinigung fürs Impfen geliefert - damit kann man sehr genau dosieren und nichts bleibt übrig. Schließlich soll der Impfstoff restlos genutzt werden. © Anne Winter-Weckenbrock

Akin Yilmaz-Neuhaus will aus dem zurzeit nur in geringen Mengen verfügbaren Impfstoff das rausholen, was eben möglich ist. Und folgt deswegen einer Empfehlung eines Medizinerverbandes: Er will sieben Dosen statt wie empfohlen sechs aus einem Fläschchen Biontech-Pfizer gewinnen. „Das ist möglich. Sechs sind erlaubt, sieben nicht verboten“, sagt der Mediziner. Rechnerisch passt das – und mit Hilfe des gekonnten und vorsichtigen Mischens und Aufziehens des Stoffs sieht er da eine gute Möglichkeit, mehr Menschen mit Impfstoff zu versehen.

Freude bei Ehepaar Rempe: Dienstag Anruf – Mittwoch Impfung

Es ist kurz vor 12 Uhr, das Ehepaar Rempe kommt in die Praxis. Ihre Impfpässe haben die beiden Wüllener griffbereit in der Hand. Die Vorfreude ist den beiden trotz Mund-Nasen-Schutz anzusehen. „Wir haben gestern Nachmittag den Anruf bekommen und uns sehr gefreut“, erzählt Waltraud Rempe. Ihr Mann leidet an der Lungenkrankheit COPD.

Waltraud und Willi Rempe sind am Dienstag zur Impfung in die Praxis im Kreishaus geladen worden. Das Ehepaar aus Wüllen ist sehr froh über die Impfung, auch wenn doch ein bisschen Aufregung herrscht vor dem "Piks". Ihre Impfpässe haben sei griffbereit dabei.

Waltraud und Willi Rempe sind am Dienstag zur Impfung in die Praxis im Kreishaus geladen worden. Das Ehepaar aus Wüllen ist sehr froh über die Impfung, auch wenn doch ein bisschen Aufregung herrscht vor dem "Piks". Ihre Impfpässe haben sei griffbereit dabei. © Anne Winter-Weckenbrock

Die vergangenen Monate verliefen sehr kontaktarm: „Wir sind nirgendwo gewesen, nirgends hingegangen“, sagt der Wüllener. Die Angst, sich anzustecken – beide sind froh, wenn diese bald der Vergangenheit angehören könnte. Die eigene Impfung ist ein wichtiger Schritt dahin. „Wir haben keine Zweifel, sondern vollstes Vertrauen in unseren Arzt“, betont Willi Rempe.

Eines der acht Flaschen mit Biontech-Pfizer-Impfstoff hält Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus hier in der Hand. Sieben Impfdosen will er daraus gewinnen.

Eines der acht Flaschen mit Biontech-Pfizer-Impfstoff hält Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus hier in der Hand. Sieben Impfdosen will er daraus gewinnen. © Anne Winter-Weckenbrock

Ein Zimmer weiter macht Helen Kamphues ihren Arm frei und Arzthelferin Sabine Verweyen greift zur Spritze. Die 69-Jährige leidet an Krebs und Lungenhochdruck und ist zudem herzkrank. Sie ist die erste, die in der Praxis im Kreishaus gegen Corona geimpft wird. Darüber ist sie sehr froh. „Wenn die Sorge schon mal weg ist...“ sagt sie. Sie müsse sich viel in Arztpraxen und Krankenhäusern aufhalten, da sei sie jetzt schon etwas beruhigter.

Dass der Alltag in absehbarer Zeit wieder normaler werden kann

Dann sind die Rempes an der Reihe. Die Stimmung ist trotz leichter Nervosität bei den beiden Patienten gelöst. Der soeben gemachte Coronatest ist negativ, also gibt es jetzt den „Piks“, von dem sich alle versprechen, dass der Alltag schon in absehbarer Zeit wieder etwas normaler werden kann, wie Waltraud Rempe sagt.

In sechs Wochen geht es mit der Zweitimpfung weiter.

Dr. Sebastian Lauber führt bei Wille Rempe einen Coronatest durch. Wäre dieser positiv ausgefallen, wäre eine Impfung nicht möglich gewesen - und jemand anders wäre an der Reihe gewesen

Dr. Sebastian Lauber führt bei Wille Rempe einen Coronatest durch. Wäre dieser positiv ausgefallen, wäre eine Impfung nicht möglich gewesen - und jemand anders wäre an der Reihe gewesen. © Anne Winter-Weckenbrock

Der nahen Zukunft sieht Akin Yilmaz-Neuhaus noch mit gemischten Gefühlen entgegen: „Das wird eine logistische Herausforderung.“ Denn dann – so hoffen alle – ist so viel Impfstoff da, dass auch in den Praxen mehr geimpft werden kann. Die Praxis im Kreishaus habe den Vorteil, dass dort mehrere Ärzte beschäftigt seien. „So nebenbei kann das nicht laufen mit dem Impfen“, sagt Yilmaz-Neuhaus, „wir haben ja auch noch den normalen Betrieb“.

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Ein, zwei Ärzte werden sich in der Startphase stundenweise dem Impfen und der Vorbereitung widmen. „Das ist eine komplexe Angelegenheit, und man kann nicht vorarbeiten“, verweist der Mediziner auf den Umstand, dass der Impfstoff eine gewisse Temperatur nicht überschreiten darf. Das Impfen mit Biontech-Pfizer an sich ist ihm nicht neu, in Pflegeheimen war er schon damit im Einsatz.

Lob: „Lieferung ist logistisch eine großartige Leistung“

„Mit Glück erfahre ich morgen, wie viel Impfstoff ich am nächsten Montag geliefert bekomme“, sagt Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus. Das mache es schwierig zu planen. Ordern musste er schon Dienstag vor 12 Uhr. Dennoch: „Die Lieferung ist logistisch eine großartige Leistung“, lobt der Mediziner. Bei aller Kritik, dass aktuell noch nicht ausreichend Impfstoff vorhanden ist, sei es wichtig, positiv herauszustellen, was die KV und die Apotheken da im Moment leisteten.

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