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Hilfe fürs Mathe-Abi: Zwei Ahauser rechnen Klausuren auf Youtube vor
Abi in NRW
Josef Naber und Johannes Mensing studieren Mathematik auf Lehramt. Allen Abiturienten, die bangen Blickes auf die schriftliche Mathe-Prüfung am 22. Mai schauen, helfen sie auf Youtube.
Freitag, 22. Mai 2020. So mancher Abiturient schaut bangen Blickes auf den Kalender, je näher das Datum rückt. Denn an diesem Tag steht in Nordrhein-Westfalen die schriftliche Abiturprüfung im Fach Mathematik an.
Allen Verzweifelten bieten Josef Naber und Johannes Mensing aus Ahaus Rat und Hilfe an. Die beiden rechnen im Internet alte Abiturklausuren vor. Zu sehen sind die Videos auf ihrem Youtube-Kanal „MatheMind“.
Eigentlich würde für Josef Naber (21 Jahre alt) und Johannes Mensing (20 Jahre alt) im April das vierte Semester beginnen. Eigentlich. Doch durch die Corona-Krise wird auch der Studienplan der beiden jungen Männer gehörig durcheinander geworfen.
Studium an der Uni Münster
„In der Uni läuft zurzeit nicht viel“, sagt Josef Naber. Das mag momentan sogar noch ein wenig untertrieben sein. Normalerweise studieren die beiden an der Uni Münster Mathematik und Sozialwissenschaften auf Lehramt. Beide machten 2017 ihr Abitur an der Canisiusschule in Ahaus. Beide hatten Mathematik natürlich als Leistungskurs.
„Jetzt, in der Corona-Krise, haben wir uns überlegt, einen Beitrag zu leisten“, erklären die beiden ihr Engagement. Dabei war die Idee schon älter. Gestartet ist das Duo vor etwa einem Jahr, allerdings auf einer anderen Plattform und weniger mit Blick auf das Abitur 2020. „Wir haben auf einer Instagram-Seite Matherätsel veröffentlicht“, berichtet Josef Naber. Täglich sei ein Rätsel hochgeladen worden.
Nun also Youtube: Die beiden Ahauser haben bislang neun Videos auf dem Kanal „MatheMind“ hochgeladen. Zu sehen sind beispielsweise drei- bis vierminütige Lernvideos, in denen mathematische Aufgabenstellungen kurz erklärt werden.
Mal geht es um das Bestimmen von Nullstellen durch Substitution, Auflösen und Ausklammern oder pq-Formel, mal um Extremstellen (Hoch- und Tiefpunkt). Die beiden Studenten stehen an einer Wandtafel und rechnen die Aufgaben vor.

Aktuell 71 Abonnenten zählt der Youtube-Kanal "MatheMind" von Josef Naber und Johannes Mensing. © Privat
Ebenfalls auf ihrem Kanal haben sie den Zusammenschnitt zweier Livestreams veröffentlicht, in denen sie Aufgaben aus dem Mathe-Abitur 2017 in NRW lösen. Bei den gut 60-minütigen Livestreams werden in den ersten 30 Minuten Aufgaben vorgerechnet, im zweiten Teil können Fragen per Chat gestellt werden. „Wir antworten sofort“, erklärt Johannes Mensing. Der Livestream ist immer montags und donnerstags von 17 bis 18 Uhr auf ihrem Youtube-Kanal zu sehen.
Studenten wollen Schülern helfen
Mit ihren Videos wollen sie aktuell die kurz vor dem Abi stehenden Schüler in Mathematik fit machen. „Gerade jetzt, wo sich in den vergangenen Wochen jeder Schüler nur zu Hause mit Mathe befassen konnte, wollen wir helfen“, sagt Josef Naber.
Ihr Vorteil: Die beiden schütteln sich alles, was mit Mathe fürs Abi zu tun hat, aus dem Ärmel. Johannes Mensing holte im Fach Mathematik in der Abiturprüfung 14 Punkte, bei Josef Naber waren es 13 Punkte.
Lieblingsfach in der Schule
„Mathe hat mir schon in der Grundschule Spaß gemacht. Es ist mir immer leicht gefallen“, schaut Josef Naber auf den Beginn seiner Rechenkünste zurück. Vielleicht sei es ihm auch in die Wiege gelegt worden, vermutet er. „Mein Vater ist in Sachen Mathematik auch gut aufgelegt.“ Mathe sei in der gesamten Schulzeit immer sein Lieblingsfach gewesen, sagt Josef Naber. Es soll ihn auch im Berufsleben weiter begleiten.
Auch Johannes Mensing hatte schon in der Grundschule Spaß an Mathe, vor allem am Wettrechnen, dem Vergleich mit anderen. „In der Oberstufe hatten wir einen jungen und begeisternden Mathelehrer, der hat die Begeisterung für das Fach bei mir nochmal verstärkt.“
Um die Oberstufe soll es auch in weiteren Videos gehen, die das Duo noch drehen will. „Es kommen ganz sicher noch mehr dazu“, sagt Josef Naber. „Ich glaube, wir können in Videos die Themen so erklären, dass sie jeder versteht“, ergänzt Johannes Mensing. Sollte es dann doch zu kompliziert werden, „dann können wir die Themen in Videos auch splitten“, erklärt Josef Naber.
Produzieren wollen die beiden angehenden Lehrer ihre Videos auch über das aktuelle Schuljahr hinaus – neben dem Studium. Josef Naber: „Wir möchten im Fach Mathematik thematisch die gesamte Oberstufe abdecken. Dafür sind ungefähr 200 Videos zu produzieren.“

Die beiden Ahauser Josef Naber (l.) und Johannes Mensing (r.) studieren an der Uni Münster Mathematik und Sozialwissenschaften auf Lehramt. © Privat
Die neun schon auf dem Kanal zu sehenden Videos entstanden innerhalb der vergangenen 14 Tage. Das Ziel der beiden Studenten: Sie wollen pro Woche etwa zwei bis drei Videos auf ihrem Youtube-Kanal hochladen. Mit Blick auf den Prüfungstermin am 22. Mai sagt Josef Naber: „Bis dahin können wir noch einige Videos produzieren und vielen Leuten in Sachen Mathe helfen.“
Mathe-Buch geplant
Nicht nur das, nebenbei arbeiten sie auch an einer Webseite – natürlich geht es um Mathematik. Eventuell wollen sie im Internet Lernzettel als PDF-Datei anbieten. „Vielleicht bringen wir auch ein Mathe-Buch heraus“, blickt Johannes Mensing in die nähere Zukunft. Das sei auch ihre Ursprungsidee gewesen, berichtet der 20-Jährige: „Unser Wissen in Buchform bringen, wir erklären Mathe in junger Sprache.“
Ihr Buch-Idee haben die beiden aber vorerst verworfen. „Wir haben festgestellt, dass wir mit den Videos viel besser helfen können.“ Aktuell gibt es für ihren Youtube-Kanal „MatheMind“ 71 Abonnenten. „Da sind wir im Aufbau“, sagt Josef Naber. Johannes Mensing ist sicher, dass es noch deutlich mehr werden.
Der Freundeskreis der beiden hat das „Vorrechnen“ im Internet zunächst ein wenig belächelt. „Mittlerweile finden es die meisten Freunde und die Familie cool“, berichtet Josef Naber. „Jetzt geben sie uns auch schon Tipps und machen Verbesserungsvorschläge für die Präsentation.“
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
