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4000 Mundschutz-Masken: Firmenchef aus Sachsen hilft der alten Heimat
Coronavirus
Dirk Ladenberger ist gebürtiger Südlohner und heute Geschäftsführer eines großen Textilunternehmens in Sachsen. Als er vom Mundschutz-Engpass des Caritasverbandes Ahaus-Vreden hörte, handelte er.
Dirk Ladenberger hat seine alte Heimat nicht vergessen – zum Glück für den Caritasverband Ahaus-Vreden. Am Wochenende las der 51-jährige gebürtige Südlohner und spätere Stadtlohner im Internet den Bericht der Münsterland Zeitung über die Engpässe bei der Mundschutz-Versorgung des Caritasverbandes. Der Verband wartet dringend auf Lieferungen von Tausenden Mundschutz-Masken.
Bestellt hatte die Caritas Ahaus-Vreden 30.000 Masken – geliefert wurden ihr 188. Dirk Ladenberger, Geschäftsführer des Textilunternehmens Damino in Sachsen und seit Kurzem Produzent von Mundschutz-Masken, nahm über Facebook Kontakt zur Münsterland Zeitung auf.
Unsere Redaktion leitete noch am Sonntag ein Hilfsangebot des Geschäftsführers weiter.Ergebnis: Am Dienstag ging der Caritas an ihr Lager am Henricus-Stift in Südlohn eine Lieferung über 4000 Schutzmasken zu. „Im Henricus-Stift lebte meine Mutter bis zu ihrem Tod 2018. So schließen sich manchmal die Kreise“, erzählt der 51-Jährige am Dienstag in einem Telefonat mit unserer Redaktion.
Wurzeln in Stadtlohn
Dirk Ladenberger wohnt und arbeitet zwar seit gut 16 Jahren in Sachsen, ist aber noch alle zwei bis drei Monate im Westmünsterland. Seine Kinder leben hier, er besucht regelmäßig Verwandte und Bekannte in Stadtlohn. Dirk Ladenberger war früher Sportobmann bei der DJK Eintracht Stadtlohn.
Bis 2004 war Dirk Ladenberger in Stadtlohn bei der Firma Nobilis tätig. Durch betriebliche Umstrukturierungen kam er dann zum konzernzugehörigen Betrieb Damino in Großschönau in Sachsen. Seit 2013 ist er Geschäftsführer des Unternehmens in der Oberlausitz.

Der Großteil der Damino-Belegschaft in Größschonau ist in Kurzarbeit. Mit 17 Beschäftigten wird die Mundschutz-Produktion gestemmt. © Damino
Damino gehört zur Daun-Gruppe. In Großschönau wird in großem Stil Bett- und Tischwäsche gefertigt. „Wir sind weltweit tätig“, erklärt Dirk Ladenberger. Beliefert werden Hotels, Airlines und Reedereien. In Großschönau sind 140 Mitarbeiter beschäftigt, in einem Werk in Tschechien 200 Mitarbeiter und bei einer Tübinger Tochterfirma zwölf Mitarbeiter.
Seit einigen Wochen hat Damino die Produktion auf Atemschutzmasken umgestellt. Die Näherinnen produzieren waschbaren Mundschutz aus Stoff.
Dirk Ladenberger berichtet von einem Krisengespräch des Textilverbandes mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am 12. März im Düsseldorfer Landtag. Es sei darum gegangen, dem Ministerium wiederverwendbare Masken vorzustellen. „Schon damals sickerte durch, dass es eine Unterversorgung geben wird.“ Das berichtete ein Damino-Mitarbeiter, der an dem Treffen teilnahm, dem Geschäftsführer.
Größere Konzerne hätten die Lage hingegen anders bewertet und von einer genügenden Menge an Schutzmasken gesprochen. „Aber eine Woche später ist das wie eine Lawine auf uns zugekommen“, sagt Dirk Ladenberger.
Anfragen von Ministerien
Der Geschäftsführer ließ anfangs mehrere Tausend Stoffmasken zunächst ohne speziellen Auftrag nähen. Zu den ersten Kunden zählten Feuerwehren, Sicherheitsdienste und Einzelhandelsunternehmen.
Dann kamen Anfragen vom sächsischen Innenministerium, von der Polizei in Sachsen, aus Bayern, Hamburg und auch aus Ministerien in Nordrhein-Westfalen. Der Geschäftsführer ließ die Produktion von waschbaren Mundschutz-Masken hochfahren.
Aus anfangs 25.000 Stück pro Woche sind aktuell 75.000 Masken geworden. Trotzdem reicht die Menge bei Weitem nicht aus, um alle Wünsche erfüllen zu können. Das Telefon in der Firmenzentrale steht nicht mehr still.
Anfragen kommen von Kliniken, Seniorenheimen, Arztpraxen und Pflegediensten aus ganz Deutschland. Ginge es nach den gewünschten Bestellmengen, müsste Damino jede Woche rund 500.000 Masken ausliefern.

Täglich erhält das Unternehmen in Sachsen Lieferanfragen nach diesem Mundschutz. © Damino
Dabei sind von den 140 Beschäftigten derzeit 90 Mitarbeiter in Kurzarbeit. „Alle, die nähen können, produzieren derweil Masken“, erklärt Dirk Ladenberger. Das sind 17 Frauen. Sie schneiden am Stammsitz die Stoffe zu, ziehen die Nähte und verpacken die fertigen Masken.
Genäht wird zudem im Werk in Tschechien und im Lohnauftrag in einer Partnernäherei in der Nähe von Bocholt. Von dort bekam der Caritasverband auch die 4000 Mundschutz-Masken. „Unser dortiger Gebietsleiter wohnt in Gescher. Den habe ich kurzerhand am Dienstag losgeschickt, um die Masken zu übergeben.“
„Das war extrem vorbildlich“
Matthias Wittland, Vorstand für das Ressort „Pflege“ beim Caritasverband Ahaus-Vreden, ist denn auch voll des Lobes über Dirk Ladenbergers Engagement. „Wir sind froh, dass in der heutigen Zeit jemand zuverlässig zu seinem Wort steht und liefert“, sagt er am Dienstag im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das war extrem vorbildlich.“
Sollten die anderen von der Caritas beauftragten Firmen bis zum Wochenende nicht liefern, werde der Caritasverband bei Damino nachordern. Die 4000 aus Sachsen gelieferten Masken wurden schon am Dienstagnachmittag als Teil einer Grundausstattung an die Mitarbeiter in der Pflege verteilt. „Wir haben sämtliche unserer Dienstorte beliefert“, erläutert Matthias Wittland.
Das Caritas-Vorstandsmitglied berichtet, dass Firmen aktuell teils „skurrile Angebote“ in Sachen Mundschutz unterbreiten würden. Geschäftsführer Dirk Ladenberger hat kein Verständnis für Firmen, die Mundschutz aktuell zu Mondpreisen verkaufen. „Zwölf Euro für einen vielleicht etwas schicker genähten Mundschutz aus Stoff mit Gummiband, das ist Wucher.“
Preis um die drei Euro pro Mundschutz
Damino verkauft den Mundschutz für einen Preis um die drei Euro. „Der Mundschutz kann immer wieder ausgekocht werden, das ist nachhaltig.“ Große Gewinne erwirtschafte das Unternehmen mit den drei Euro pro verkauftem Mundschutz nicht. „Allein der Einkaufspreis für Gummiband ist seit Beginn der Corona-Krise um 400 Prozent gestiegen.“
Damino sei daran gelegen, die Grundversorgung sicherzustellen und den Mundschutz zu einem fairen Preis zu verkaufen, erklärt der Geschäftsführer. „Deshalb bestellen auch Ministerien bei uns.“ Der Bedarf auf Bundesebene sei enorm. „Aber das meine alte Heimat nichts bekommt, das geht ja gar nicht.“
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
