
© Rupert Joemann
Landtagswahl: Direktkandidaten liefern sich Schlagabtausch in Wahlarena
Podiumsdiskussion
Klar Stellung bezogen haben die fünf Landtags-Direktkandidaten des Wahlkreises 77 während der Wahlarena der Münsterland Zeitung. Moderator Stephan Rape rückte regionale Themen in den Mittelpunkt.
Es dauert am Montag nicht lange, bis die unterschiedlichen Standpunkte deutlich werden. Beim Thema erneuerbare Energien fordert Jens Steiner (Grüne) ein Abrücken von der 1000-Meter-Abstandsregelung zur Wohnbebauung. „Bei uns geht viel mehr im Westmünsterland“, ist Steiner überzeugt. Er wirft der Landtagsabgeordneten Heike Wermer (CDU), die aus Krankheitsgründen nur per Video zugeschaltet ist, vor, gegen die Abschaffung gestimmt zu haben.
Die begründet ihr Nein damit, dass die Regelungen verändert werden müssten. Zu oft hätten bisher private oder gar auswärtige Investoren die Windparks gebaut. Es müsse eine größere Bürgerbeteiligung geben. „Dann bleibt die Wertschöpfung hier vor Ort.“ Als positives Beispiel nennt sie die Energiegenossenschaft Ahaus, Heek, Legden (AHL). Wermer warnt, den Schwarzen Peter den Gemeinden zuschieben zu wollen.
Steiners Kritik sieht auch Sergej Kernebeck (FDP) als ungerechtfertigt an. Er verweist darauf, dass Nordrhein-Westfalen bei der Windenergie auf Platz eins im bundesweiten Vergleich stehe. Baden-Württemberg mit einem grünen Ministerpräsidenten liege dagegen hinten.
Sozialer Wohnungsbau ist ein Kernthema
Beim Thema Wohnungsmangel macht Moderator und MLZ-Redakteur Stephan Rape deutlich, dass es beispielsweise in Ahaus gar keine Flächen mehr gebe. „Wessum ist das letzte große zusammenhängende Baugebiet.“ Und sozialen Wohnungsbau gebe es in der Stadt so gut wie gar nicht. Für die 52 in Alstätte entstehenden Grundstücke gebe es 349 Bewerber.
Sergej Kernebeck spricht sich für einen Freibetrag und einen niedrigeren Steuersatz bei der Grunderwerbssteuer aus. Grundsätzlich, so der FDP-Kandidat, „sollten die Menschen selbst entscheiden, wie sie wohnen wollen“.

MLZ-Redakteur Stephan Rape moderierte die live gesendete Podiumsdiskussion. © Rupert Joemann
„Jedes Jahr fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung als neue entstehen“, sagt Nils Feldhaus von den Linken. Der Markt habe überhaupt kein Interesse an niedrigen Mieten. Er sieht eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft als Möglichkeit, dem entgegenzuwirken. Wichtig sei, dass öffentliche oder genossenschaftliche Mittel eingesetzt würden.
Norbert Ricking (SPD) stellt für die Stadt Gronau fest, dass trotz der deutlichen Zunahme an Wohnungen in den vergangenen zehn Jahren die Mieten nicht günstiger geworden seien. Schon die Grundstücke seien teuer. Es gebe zwar Projekte in der Region, wie in Heek das von der Kommune finanziell unterstützte Jung-kauft-Alt-Programm, „aber das reicht nicht“.
Heike Wermer (CDU) führt an, dass auch die Landwirtschaft Fläche brauche. In der Vergangenheit sei „am Landesentwicklungsplan schon an Stellschrauben gedreht“ worden, um die Möglichkeiten der Kommunen zu verbessern. Sergej Kernebeck (FDP) gibt sich optimistisch, „auch Wohnraum ohne neue Flächen zu versiegeln“ zur Verfügung stellen zu können. So könnten alte Industriebrachen umgewandelt werden.
Auch Jens Steiner (Grüne) setzt auf neue Ideen. Eine Möglichkeit ist für ihn, mehr in die Höhe zu bauen. Oder wie zum Beispiel in Legden, wo mehr Ältere in den Ort zögen und die frei werdenden Häuser von Familien genutzt werden. Steiner kann sich aber auch vorstellen, dass die Gemeinden interkommunal auch in diesem Bereich mehr zusammenarbeiten.
Thema Krankenhaus-Situation wird kontrovers diskutiert
Mehr zusammenarbeiten ist auch das Stichwort beim Thema Krankenhäuser. „Der Mensch gerät aus dem Blick“, findet Norbert Ricking (SPD). Aus seiner Sicht müsste die Erstversorgung, Chirurgie und Innere Medizin als Erstversorgung vor Ort bleiben. Er machte auf die schlechte Versorgung im Nordteil des Kreises Borken in der Psychotherapie, aber auch bei den Kinderärzten in Gronau aufmerksam. Für den Sozialdemokraten ist die Grundversorgung ein Grundrecht.

Stellten ihre politischen Positionen vor (v.l.): Norbert Ricking, Nils Feldhaus und Heike Wermer. © Rupert Joemann
Sergej Kernebeck (FDP) sieht keinen Grund für eine Schwarzmalerei. Der Liberale glaubt, dass durch das Zusammenlegen von Einheiten sowohl die medizinische Qualität als auch die Personalsituation davon profitierten.
Ausreichend Personal zu finden, ist für Norbert Ricking (SPD) auch im Bereich der Schulen „eine ganz große Aufgabe für das Land“. Er spielt damit auf das ab 2026 geltende Recht der Eltern auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule an. Die Kosten seien für die Kommunen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
„Ich habe Zweifel, dass genug Geld bei den Kommunen ankommt“, nimmt der das Land mit in die Pflicht. Heike Wermer verweist auf die Kitaplatz-Ausbau-Garantie des Landes. Sie ist überzeugt, es gebe „gute Zwischenlösungen“ und nennt den Einsatz von Tageseltern beziehungsweise das Aufstellen von Containern als Beispiele.
Personalausstattung in Kitas und Schulen ist Herausforderung
Keine Zwischenlösung, sondern etwas Neues fordert Nils Feldhaus (Linke) von der Schulpolitik. Seiner Überzeugung nach könnten in einer gemeinsamen Schule Kinder besser gefördert werden, unter anderem weil mehr Angebote machbar seien. „Nordrhein-Westfalen hat die größten Klassen und die wenigsten Lehrer pro Schüler.“ In einer Schule ohne Noten sei eine individuelle Förderung ohne Druck denkbar. Es könne nach Interesse gefördert werden, „nicht nach Lehrplan“, so Feldhaus.

Diskutierten mit den politischen Gegnern: Jens Steiner (l.) und Sergej Kernebeck (r.). © Rupert Joemann
Für Heike Wermer (CDU) hat jede Schulform ihre Berechtigung. In der auslaufenden Legislaturperiode habe es (leider) keine Mehrheit gegeben, die Sekundarschule und die Gesamtschule gleichberechtigt zu stellen.
„Alle vier Jahre würfeln wir und machen was Neues“, ärgert sich Jens Steiner (Grüne) über die wechselhafte Schulpolitik. Gleichzeitig lobt er die Kommunen in der Region, die ihre Schulen gut unterhalten. In anderen Landesteilen seien sie baufällig.
Die Sprache als Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe sieht Sergej Kernebeck (FDP) als entscheidend an. Der Liberale kam selbst als Siebenjähriger nach Deutschland, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Die Sprachvermittlung „muss frühkindlich beginnen“.
Die Sprache ist für Nils Feldhaus (Linke) jedoch nicht allein ausschlaggebend, wenn es um Chancengleichheit geht. „Kinder aus ökonomisch schwächeren Familien haben geringere Bildungschancen“, so Feldhaus, auch weil sie sich keine Nachhilfe leisten oder die Eltern fragen könnten.
Nahverkehr muss auf dem Land attraktiver werden
Beim Thema Verkehr wird für Jens Steiner (Grüne) „zu oft vom Auto aus gedacht“. Auf dem Land sei das Auto natürlich das Verkehrsmittel, es gehe aber darum, „dass wir den Zweit- oder Drittwagen loswerden“. Dazu müsse es ein besseres Angebot an Car-Sharing, Radwegen und ÖPNV geben.
Heike Wermer sieht die Region beim ÖPNV gut vorangekommen. In Gronau gebe es das G-Mobil. „Das gilt es weiter auszubauen.“ Die Christdemokratin weiß aber auch, dass es noch ein paar Jahre brauche, „bis sich das in den Köpfen festsetzt“, dass das Auto an zweiter Stelle komme.
„Wir brauchen einen Mix“, sagt Norbert Ricking (CDU). Als negatives Beispiel nennt er den Stunden-Takt der Bahn zwischen Gronau und Enschede sowie Dortmund und Ahaus. Auch seien die Preise zu hoch. „Es muss günstiger sein als der Privatwagen.“ Zudem dürfe das Ticket für Azubis nicht teurer als für Studenten sein. Er fordert aber auch Grundsätzliches: „Das Land wird in Düsseldorf total vernachlässigt.“ Das müsse sich ändern.
Lieber ASC Schöppingen als Schalke 04. Für den Vereinssportler sind Menschen nicht nur Themen, sondern liebenswerte Persönlichkeiten, die mit Herz bei der Sache sind. Der direkte Kontakt ist ihm wichtig. Das Landleben erfüllt ihn, beruflich und persönlich.
