
© Bernd Lauter
Energie aus der Erde: Theo Schwarte interessieren Energiepreise kaum
Autarkes Wohnen
Die Strom- und Gaskosten steigen! Der Ahauser Theo Schwarte (73) kann darüber nur milde lächeln: Die Energie für sein Mehrfamilienhaus kommt direkt aus dem Boden.
Für viele Verbraucher die Energiekosten im laufe des Jahres massiv steigen: Die Stadtwerke Ahaus hatten gegenüber unserer Redaktion vor Kurzem von durchschnittlichen Mehrkosten von über 500 Euro für den jährlichen Strom- und Gasverbrauch einer vierköpfigen Familie gesprochen. Höhere Bezugskosten, die CO2-Abgaben und Lieferengpässe bei Erdgas sind die Gründe.
Theo Schwarte sieht die Preisentwicklung gelassen. Der 73-jährige Diplom-Ingenieur aus Ahaus hat schon vor zehn Jahren auf ein ganz anderes Pferd gesetzt: Auf Wärmepumpen, Solarenergie und Sonden, die tief in den Boden reichen. Sein Mehrfamilienhaus am Hofkamp könne er so fast autark beheizen.
Das nach Süden ausgerichtete Dach des Hauses – und des Nachbarhauses, das baugleich errichtet wurde – ist mit Solarthermie- und Photovoltaikplatten ausgelegt. „Damit wird selbst im Winter Strom und warmes Wasser erzeugt“, erklärt Theo Schwarte.
Sonden unter dem Haus reichen in 100 Meter Tiefe
Zusätzlich verbergen sich im Keller eine Wärmepumpe und unter dem Haus fünf 100 Meter lange Sonden: In ihnen zirkuliert eine Salzlösung. Weil die Erdtemperatur in so großer Tiefe höher ist, als an der Oberfläche gelingt die Energiegewinnung: Auch wenn die Differenz nur wenige Grad beträgt, reicht das aus, um Wasser für den Heizkreislauf ausreichend aufzuwärmen und so Energie zu gewinnen.

Das Mehrfamilienhaus von Theo Schwarte und das praktisch baugleiche Nachbargebäude am Hofkamp wurden 2010 gebaut und bezogen. Schon beim Bau plante Theo Schwarte mit regenerativer Energie. © Bernd Lauter
„Für heißes Wasser in Dusche oder Küche reicht das natürlich nicht“, ergänzt Theo Schwarte. Das müsse schon zusätzlich aufgeheizt werden. Mit einem sparsamen Elektroboiler, der wiederum vom Strom der PV-Anlagen auf dem Dach gespeist wird. „Für 100 Quadratmeter Wohnfläche komme ich so auf 50 Euro Heizkosten im Monat“, erklärt er.
Höhere Investition macht sich schnell bezahlt
Natürlich sei die Technologie am Anfang etwas teurer. „Das Gebäude hier war eine Gesamtinvestition von rund 1,5 Millionen Euro“, sagt er. Die Technik für Wärmepumpen, Sonden und Kollektoren auf dem Dach hätten im schlimmsten Falle 30.000 Euro mehr gekostet, als herkömmliche Heiztechnik.
Mittelfristig ein Gewinn: „Die Wärmepumpe ist einmal eine höhere Investition, aber die Sonne schickt mir keine Rechnung“, sagt er lächelnd. Das höhere Invest mache sich für alle Parteien positiv bemerkbar. Vor allem bei dem aktuell niedrigen Zinsniveau.
Im vergangenen Sommer etwa war das Haus an der Hofmate Ziel für eine Gruppe von Fachjournalisten und Branchenvertreter des Bundesverbands Wärmepumpen. Sie machten sich ein Bild von der Verknüpfung der einzelnen Technologien. Und schienen begeistert zu sein.
Fehlende PV-Anlagen sind ein Verlust für die Stadt
Auch so wirbt Theo Schwarte eindringlich für diese Technologie: Es sei die beste Art, ein Haus zu beheizen. Und er geht noch einen Schritt weiter: „Jeder Sonnenstrahl, der nicht eingefangen und in Energie umgewandelt wird, geht der Stadt als Kaufkraft verloren“, erklärt er.

Die Planung von Theo Schwarte stößt auch Jahre nach dem Bau noch auf großes Interesse: Im vergangenen Sommer etwa besuchten der Bundesverband Wärmepumpen und Bürgermeisterin Karola Voß die Gebäude am Hofkamp. © Bernd Lauter
Ein Standpunkt, der in der Stadtplanung und Architektur viel zu wenig beachtet werde. „Wenn die Architekten doch nur wüssten, wo Süden ist“, sagt er tadelnd.
Auch die Stadt habe in der Vergangenheit viele Entwicklungen verschlafen. Auch wenn jetzt langsam nachgearbeitet werde: „Auf den meisten städtischen Gebäuden fehlen Photovoltaikanlagen. Das wurde ganz einfach verpennt“, schimpft er.
Noch eine andere Entwicklung sieht er durchaus kritisch: Holzpellet-Heizungen. Die würden aktuell vermehrt eingebaut. Auch weil sie subventioniert würden. „Langfristig ist das aber eine Sackgasse“, sagt er. Wegen der Feinstaubbelastung.
Denn ihm gehe es nicht nur um den finanziellen Vorteil: „Wer regenerative Energien schafft, hat am Ende die Nase vorn.“ Ein Standpunkt, den er schon seit Jahren vertrete.
Nicht nur, weil er sich gegen das Brennelementezwischenlager engagiert, sondern aus innerster Überzeugung und tiefem Glauben: „Das Buch ‚Der ökologische Jesus‘ von Franz Alt hat mich dazu gebracht“, sagt er.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
