
© Stefan Grothues
Freistellungen: Baugenehmigungen bremsen Bauwillige in Ahaus nicht aus
Wohnungsbau
Trotz Materialengpässen hat das Baugewerbe alle Hände voll zu tun. Und auch die Baugenehmigungsbehörden. Müssen Bauwillige eigentlich lange auf eine Baugenehmigung warten? Wir haben nachgefragt.
Rund ein Dutzend Baukräne ragen zurzeit im Baugebiet Hoher Kamp West, Abschnitt 2, in den Himmel. Auf den Baustellen ist das Treiben zwischen den Jahren etwas ruhiger als gewöhnlich. Offenbar legen auch viele Handwerker zum Jahresende eine kleine Pause ein.
Ansonsten hat der Bausektor nach wie vor Hochkonjunktur in Ahaus. Über 200 Wohnhäuser, zumeist Einfamilienhäuser, wurden in den Jahren 2020 und 2021 genehmigt. Im Jahresvergleich fällt aber auf: Obwohl Ahaus als Wohnsitz gefragt ist, ist in diesem Jahr weniger gebaut worden als im vergangenen.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Das Bauland in Ahaus ist knapp. Und wer ein Baugrundstück ergattert hat, den bremsen möglicherweise die stark gestiegenen Baupreise.
Zahl der Baugenehmigungen in Ahaus war 2021 rückläufig
Die Stadt Ahaus nennt auf Anfrage im Jahresvergleich folgende Zahlen: 2020 wurden 112 Einfamilienhäuser genehmigt. 2021 waren es nur 39. Ähnlich sieht die Entwicklung bei den Zweifamilien- und Doppelhäusern aus. Im vergangenen Jahr wurden 45 genehmigt, in diesem Jahr 23.
Ahaus verfügt wie auch die anderen größeren Städte des Kreises, Bocholt, Borken und Gronau, über eine eigene Untere Bauaufsichtsbehörde. Für die verbleibenden 13 kreisangehörigen Kommunen im Kreis Borken sind in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 2. November 2021 insgesamt 1047 Bauanträge für Wohnbauvorhaben (Neubau, Umbau oder Nutzungsänderung) eingegangen. Ferner sind in diesem Zeitraum für 722 Wohnbauvorhaben Freistellungsanzeigen aus den 13 kleineren Kommunen eingereicht worden.
44 Mehrfamilienhäuser in zwei Jahren beantragt
Bei den Mehrfamilienhäusern ist die Zahl der beantragten Baugenehmigungen in Ahaus im Jahresvergleich konstant: 2020 wurden dem Bauamt der Stadt Ahaus Baupläne für 22 Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 110 Wohneinheiten vorgelegt. Vier Anträge wurden abgelehnt.
2021 waren es ebenfalls 22 Anträge, dieses Mal für 119 Wohneinheiten. Fünf Anträge wurden abgelehnt.

Jeweils 22 Bau- oder Freistellungsanträge für Mehrfamilienhäuser in Ahaus wurden in den Jahren 2020 und 2021 gestellt. © Stefan Grothues
Was waren die Gründe für die Ablehnung von Bauanträgen? Stefan Hilbring von der Pressestelle der Stadt Ahaus erklärt, dass in diesen Fällen die Bauvorlagen unvollständig gewesen seien. Oder es habe Verstöße gegen Bebauungspläne gegeben, die auch durch Befreiungen oder Ausnahmen nicht überwunden werden konnten.
Freistellungsverfahren innerhalb eines Monats möglich
Die meisten Baugenehmigungen im Einfamilien- und Doppelhausbau werden im Zuge eines Freistellungsverfahrens erteilt. Stefan Hilbring: „Das Freistellungsverfahren nach Paragraf 63 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen hat sich in der Praxis bewährt.“
Die Verantwortung für die Einhaltung des Bebauungsplans wird im Freistellungsverfahren dem Entwurfsverfasser mit übertragen. Der Vorteil für die Bauwilligen ist Zeitgewinn.
Stefan Hilbring: „Durch klare Vorgaben in den Bebauungsplänen bleibt die erforderliche Prüfung der Antragsunterlagen überschaubar und ist innerhalb eines Monats möglich.“
Und wie lange dauert es in der Praxis? „Hierüber werden keine Statistiken geführt. Allerdings erfolgt in der Masse der Freistellungsverfahren eine Mitteilung innerhalb von drei Wochen“, so Stefan Hilbring. Der Fachbereich Bauordnung der Stadt Ahaus zählt 5,12 Planstellen. Eine Planstelle ist zurzeit nicht besetzt.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bearbeiten neben Neubauprojekten auch andere Antragsarten, Nichtwohnungsbau und wiederkehrende Prüfungen. Eine Aufstockung der Stellen ist nicht geplant.
Kreis Borken: Genehmigungsdauer zwischen 3 und 205 Tagen
Und wie lange dauerte es vom Bauantrag bis zur Erteilung der Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren und dann bis zur Zustellung des Baufreigabescheins? „Sofern die Unterlagen in den einfachen Baugenehmigungsverfahren vollständig vorliegen, wurde innerhalb einer Frist von sechs Wochen entschieden“, sagt Stefan Hilbring.
Und wie schnell ist der Kreis Borken? Die durchschnittliche Laufzeit vom Bauantragseingang bis zur Erteilung der Baugenehmigung hat sich für Wohnbauvorhaben zwischen 2013 und 2021 von 69 Kalendertagen auf 79 Kalendertage erhöht, sagt Kreispressesprecher Karlheinz Gördes.
Er betont aber: „Die durchschnittliche Laufzeit von der Vollständigkeit der Bauvorlagen bis zur Erteilung der Baugenehmigung konnte zwischen 2013 und 2021 von 34 auf 31 Kalendertage verkürzt werden.“
Die längste Bearbeitungszeit beim Kreis Borken hat in einem Ausnahmefall bei einem Wohnbauvorhaben 205 Kalendertage nach Einreichung der vollständigen Bauvorlagen betragen, weil noch eine Stellungnahme von einer Fachbehörde einzuholen war.
Manchmal, so Karlheinz Gördes, gehe es aber auch ganz besonders schnell: „Die kürzeste Laufzeit für den Neubau eines Zweifamilienwohnhauses mit Garage und Carport vom Eingang bis zur Erteilung der Baugenehmigung hat drei Kalendertage betragen.“